Seewölfe Paket 21. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 21
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954397808



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reden wir überhaupt miteinander? Wenn Sie mich für einen Lügner halten, brauchen Sie mich ja gar nicht erst zu vernehmen, oder?“

      Unbeirrt sagte Cubera: „Don Juan steht im Range eines Generalkapitäns, außerdem ist er Sonderagent der spanischen Krone. Wie können Sie im Ernst behaupten, daß ein solcher Mann ein Verbrecher oder Geistesgestörter ist?“

      „Ich berufe mich nur auf die Tatsachen.“

      „Es ist auch allgemein bekannt, daß sich Don Juan bravourös geschlagen hat, als die Horde eines gewissen Catalina über Havanna hergefallen ist.“ Fast süffisant fügte Cubera hinzu: „Einen solchen Mann kann ich mir schlecht als Frauenmörder vorstellen, als Lustmörder und Sittenstrolch schon gar nicht.“

      Don Antonio blickte ihn an und wünschte sich, etwas Gift zur Verfügung zu haben, das er ihm heimlich in den Portwein streuen konnte. Aber dummerweise hatte er seine sämtlichen Vorräte in Havanna zurückgelassen. Außerdem trank der Capitán gewiß keinen Portwein, und er hätte bei einem so plötzlichen Ausbruch von Gastfreundschaft auch sofort Verdacht geschöpft.

      „Mit der Mordlust, über die eigenen Schiffe herzufallen, scheint auch etwas nicht zu stimmen“, fuhr Cubera fort. „Denn es verwundert mich wirklich sehr, daß bei dieser Mordlust stets nur in die Ruderanlagen geschossen wird, wobei noch kein einziger Mann getötet worden ist.“

      „Das sind alles nur Zufälle“, sagte der Dicke. „Beim nächstenmal schon kann es ein Massaker geben. Don Juan ist zu allem fähig. Aber, ach, Sie nehmen mir das ja doch nicht ab.“

      Cubera musterte ihn verächtlich von oben bis unten. „Nach meiner Ansicht deuten diese Angriffe vielmehr darauf hin, daß mit allen Mitteln versucht wird, möglichst viele Schiffe des Verbandes außer Gefecht zu setzen und auf diese Weise zur Umkehr zu zwingen.“

      „So?“ Don Antonio horchte auf. Was sagte der Mann da? Natürlich – Don Juan de Alcazar wollte, aus welchen Gründen auch immer, das Unternehmen sabotieren. War das für ihn, Don Antonio, nicht ein Vorteil? Er konnte seine Taktik darauf einstellen. Sofort nahm er die einmalige Chance wahr. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht“, erklärte er mit lauernder Miene. „Aber ich schätze, Sie haben wirklich recht, Señor. Ich meine – wenn ich so richtig darüber nachdenke, muß ich Ihre Theorie sogar unterstützen. Nur bin ich bislang nicht darauf gekommen.“

      „So ein Pech“, sagte Cubera. „Sie hätten mich sonst schon eher auf die Absichten des Don Juan hinweisen können.“

      „Ich wußte ja nicht, daß er uns folgt. Aber Sie entsinnen sich, daß auch ich genau das im Sinn gehabt habe – daß der Verband umkehrt. Sehen Sie, es scheint also gar nicht so falsch und abwegig zu sein, das, Unternehmen abzubrechen.“

      „Ich kann mich sehr gut an jedes einzelne Ihrer Worte erinnern“, sagte Don Garcia Cubera sarkastisch. „Aber Sie kennen mich immer noch nicht richtig. Gerade das werde ich nicht tun. Wir segeln auf dem bisherigen Kurs weiter.“

      „Vielleicht kostet das unser aller Leben.“ Don Antonio spürte bei dem Gedanken an die bevorstehende Schlacht wieder die Angst in sich aufflackern, die stärker war als die Gier nach Gold und Silber. Natürlich würde dieser Fanatiker Cubera mit seinem Flaggschiff auch in erster Linie kämpfen und sich nicht zurückhalten, wie Don Antonio es getan hätte, wenn der Verband seinem Kommando unterstanden hätte. Es wurde also höchst brenzlig, und das Risiko, nie mehr nach Havanna zurückzukehren, war hoch.

      „Ich fühle mich herausgefordert“, sagte Cubera. „Und als spanischer Seeoffizier bin ich gewohnt, eine einmal angefangene Angriffsoperation auch durchzuschlagen. Letztlich geht es ja auch um einen Gegner, der Spanien seit Jahren unermeßlichen Schaden zugefügt hat. Eine Umkehr ist völlig undiskutabel.“

      „Aber – versuchen Sie doch, vernünftig zu denken!“ stieß Don Antonio flehend hervor.

      „Das tue ich. Sie haben das Unternehmen gewollt und in Gang gesetzt. Und jetzt werden Sie dabeisein, wenn wir es durchführen.“ Mit diesen Worten vollführte er eine kühle Verbeugung und verließ die Kammer, in der man die Angst riechen konnte. Voller Abscheu verzog er den Mund, als er draußen war und den Gang zum Querschott entlangschritt. Mehr denn je war er davon überzeugt, daß es richtig war, durchzuhalten und bis zur äußersten Konsequenz zu gehen. Für Don Antonio de Quintanilla würde es im übrigen die Lektion seines Lebens sein. Er hatte sie verdient.

      Don Juan de Alcazar stand mit seiner Schebecke um diese Zeit bereits wieder auf der Luvseite des Verbandes, also nördlich von ihm und aufgrund der nächtlichen Lichtverhältnisse im dunklen Sektor, der das Schiff hervorragend tarnte.

      Der Verband hingegen war klar zu erkennen. Schweigend beobachteten die Männer der Schebecke, was geschah. Es war ihrer Aufmerksamkeit nicht entgangen, daß die eine von ihnen angegriffene Kriegskaravelle nach einer gewissen Zeit – offenbar unter Notruder – mit Kurs auf die Küste im Süden davongekrochen war, während das Achterschiff des anderen Opfers hell erleuchtet war.

      „Sie arbeiten daran, den Ruderschaden zu beheben“, sagte Don Juan. „Gut so. Das gibt wieder eine Verzögerung.“

      „Der ganze Verband liegt vor Treibanker“, sagte Arne von Manteuffel. „Aber natürlich trifft der Verbandsführer jetzt auch einige Sicherheitsvorkehrungen, um die Schiffe abzuschirmen.“

      Ramón Vigil bestätigte dies durch ein Kopfnicken. Fast unausgesetzt hatte er durch sein Spektiv geblickt und zu verfolgen versucht, was sich an Bord der spanischen Schiffe tat.

      „Sie haben die Jollen ausgesetzt und um den Verband verteilt“, sagte er.

      „Also Wachboote, die auf und ab patrouillieren“, sagte José Buarcos. „Außerdem dürfte damit zu rechnen sein, daß sie auch an Bord der Schiffe auf der Hut sind.“

      Don Juan lächelte. „Unzählige Augenpaare beobachten die See ringsum, und man lauert darauf, daß der Angreifer sich noch einmal heranwagt. Richtig, Arne?“

      „Völlig richtig. Aber den Gefallen tun wir ihnen nicht.“

      „Überlegen wir es uns“, sagte Don Juan. „Wir könnten auch auf Teufel komm raus noch einmal an sie herangehen, wobei der Einsatz natürlich relativ hoch sein könnte.“

      „Die Spanier sind jetzt höllisch auf der Hut und haben aus ihren Fehlern gelernt“, sagte Arne. „Das Risiko ist für uns zu groß. Wir sollten uns lieber im Hintergrund halten, finde ich. Wenn wir sie jetzt attackieren, gibt es auf unserer Seite Todesopfer. Dann werden wir kampfunfähig, denn wir sind eine zu kleine Crew. Wir haben keinerlei Reserven, das dürfen wir nicht vergessen.“

      „Ja, dem stimme ich zu“, sagte auch Don Juan. „Man soll es nicht übertreiben und den Bogen nicht überspannen.“

      „Erfolg haben wir nur, wenn wir den Gegner überraschend angreifen“, sagte Arne. „Genau das ist jetzt nicht mehr der Fall.“

      „Aber wir können sie auch nicht ungeschoren lassen“, sagte Vigil. „Was wir bis jetzt erreicht haben, genügt noch nicht.“

      „Natürlich nicht“, pflichtete Arne ihm bei. „Aber es empfiehlt sich, die Taktik zu ändern. Überhaupt sollten wir den Gegner über unsere nächsten Züge im Ungewissen lassen. Ich meine das so: Versetzen wir uns mal in ihre Lage. Sie sind zweimal in der Nacht überfallen worden. Beide Male scheint es sich um denselben Gegner gehandelt zu haben, und die Methode des Angriffs war auch dieselbe. Daraus folgern sie mit Scharfsinn und Logik, daß es auch einen dritten und vierten Überfall geben könnte. Sie erwarten ihn – und werden nervös, weil er nicht erfolgt.“

      „Ich könnte mir aber vorstellen, daß ein Mann wie Don Garcia Cubera etwas weiter blickt“, meinte Don Juan.

      „Auch er kann sich der allgemein herrschenden Spannung nicht entziehen“, sagte Arne. „Und ich weiß, daß die zunehmende Ungewißheit stark an den Nerven zehrt. Folglich haben wir eine unsichtbare, aber dennoch gute Waffe in Händen, die wir nur richtig bedienen müssen.“

      „Du meinst, wir klopfen die Spanier weich, und es kostet uns trotzdem nicht den