Название | Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) |
---|---|
Автор произведения | Andreas Brandhorst |
Жанр | Языкознание |
Серия | Perry Rhodan-Taschenbuch |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783845331966 |
»Ganz schön finster, eure Nächte hier, so ohne Mond«, sagt Shon.
Ich hab' keine Ahnung, wovon er spricht, ist 'ne stinknormale Nacht. Also halt' ich den Mund und schau mich um. Kann einem ganz schön hitzig werden, so von oben. Normalerweise stapft man durchs Eis, wenn man 'ne Katakombe sucht.
Shon kapiert, dass ich meine Ruhe brauch', und fängt an, in seinem Notizbuch zu kritzeln. Ich schau' mir das Eis an. Ich brauch' Altes. Der Trick bei 'ner Katakombe ist, altes Eis zu finden. Ist so hart, das Zeugs, dass du mit dem Fingernagel nicht mal 'nen Kratzer reinkriegst, aber dafür hat man ja Strahler. Als Flakie. Die Robben haben ihre Krallen. Kratzen damit das Eis auf und holen sich ihr Futter. So Pflanzenzeugs, eingefroren von ganz früher, als Flake noch kein Schneeball gewesen ist. Deshalb müssen sie auch immer rumwandern, suchen immer neues altes Eis.
DOLSON: Wie kommen die Robben an dieses alte Eis heran? Es muss doch tief vergraben sein?
YUN: [Nickt.] Altes Eis ist normalerweise ganz unten, unter dem neueren. Logisch. Bloß, manchmal steigt es hoch. Keine Ahnung, warum. Es gibt Flakies, die sagen, das Eis würde leben und sich eben herumwälzen wie 'ne Robbe, wenn's ihr zu gut geht. Ich nicht. Ich mein', ein Schneeball rollt' den Hang runter und wird größer, und trotzdem lebt er nicht. Shon hat natürlich seine eigene Erklärung gehabt. Erzählte was von »Druckausgleich« und »tektonischen Bewegungen als Auslöser«. Hat eben jeder seinen Glauben.
Na ja, auf jeden Fall sieht altes Eis anders aus. Glänzt nicht und ist so grau wie auf eurem Monsterkahn hier die Wände. Blöd nur, dass meistens 'ne Schicht Schnee drüber liegt und einem die Sicht versaut. Braucht so 'ne Art sechsten Sinn, altes Eis zu finden. Haben wir Vierten und sonst keiner. Warum? Gute Frage. Geschenk von den Oxtornern, die uns gemacht haben, schätz' ich. Ich werd's meinen kleinen Flakies jedenfalls mitgeben, wenn ich mal welche machen sollt'.
Okay, also irgendwann macht mein sechster Sinn »Ping!«, und wir landen. Shon hat sich wieder gefangen und guckt ganz neugierig aus seinem dicken Thermoanzug, als wir aussteigen. »War doch gar nicht so schwierig«, sagt er und klopft mir auf die Schulter.
Das mit dem Schulterklopfen hat er immer öfters gemacht. Anfangs wollt' ich ihm jedes Mal eine dafür reinhauen. Unter Flakies hält man Abstand, wie es sich gehört. Man fasst sich entweder ganz oder gar nicht an, wenn du verstehst, was ich mein', Spezialist. Aber nach 'ner Weile ... wurd' fast süchtig nach dieser Schulterklopferei. Hat was.
»Wart's ab«, sag' ich und stapf' los. Plötzlich bin ich mir gar nicht mehr so sicher, dass das eine gute Idee ist. Nicht jeder Flakie ist so gutmütig wie ich. Wenn so einer Shon sieht ...
Egal, ist sowieso schon zu spät gewesen.
Es geht also abwärts. So 'ne Katakombe macht von außen nicht viel her. Ein schwarzes Loch im Eis eben. Kannst du dir vielleicht vorstellen, Spezialist. Shon hat mir erzählt, dass ihr im Weltraum auch Schwarze Löcher habt. Du marschierst ein paar Minuten steil abwärts, so lange, bis hinter dir kein Licht mehr zu sehen ist, dann stehst du vor dem Robbenschild. Der Tunnel wird so eng, dass nur noch 'ne Röhre übrig ist. Gerade breit genug, dass du durchkriechen kannst.
»Aha«, macht Shon, als ich's ihm erkläre, »und die Robben etwa nicht?«
Schulterklopfen hin oder her, Shon ist, wenn's drauf ankommt, doch nur ein Terraner. Wer kann sonst so doofe Fragen stellen? Ich mach' den Anfang und kriech' durch die Röhre. Gar nicht so einfach, weil das Ding leicht aufwärts geht. Ist natürlich Absicht, damit die Robben nicht wie'n Pfeil aus der Röhre flitzen. Als Shon endlich – wie blöd kann man sich anstellen? – rauskrabbelt, zeig' ich ihm, was mit Killerrobben geschieht, die sich für extra clever halten und durch die Röhre kriechen. Über dem Ende der Röhre hängt der Fänger. Shon wird bleich, als er sich ihn anguckt. »Sehe ich das richtig?«, sagt er. »Eine Minipositronik, die jemand aus irgendeinem alten Haushaltsgerät ausgebaut hat, ein Bewegungsmelder und ein Strahler?«
Ich nicke. »Colde Sache. Brät die Robbe schon mal an.«
»Und was passiert ... hm ... bei einer Fehlfunktion?«
»Musst du dir keinen Kopf drüber machen. Einfach mit ausgestreckten Armen aus der Röhre kriechen und winken, dann gibt's keine Verwechslungen ... ups! Dachte, ich hätt's dir gesagt.«
Shon kippt beinahe aus den Latschen. Wenn's drauf ankommt, ist er eben doch nur ein Terraner. Kapiert jeden dritten Witz, max.
Ich nehm' ihn am Arm, damit er nicht hinfällt und sich was antut. »Komm, lass uns nachsehen, ob wer zu Hause ist!«
Die Wohnkammer ist leer. Ich ruf' ein paar Mal »Vier hier!«, ohne dass sich was rührt. Schade, wäre schneller gegangen, aber auf der anderen Seite hat Shon so 'nen leichteren Einstieg. Ich zieh' ihn weiter in die Schlafkammer. Der Gang mit den Kojen ist lang, ringelt sich ein paar Mal. Muss 'ne alte Katakombe sein. Katakomben sind wie Tringburgen, was das angeht. Stehen da wie 'ne Eins für Jahre oder Jahrzehnte, und dann plötzlich krachen sie zusammen. Das Eis verschluckt sie, sagen die Leute, die dran glauben, dass das Eis lebt. Ist 'n ziemlich lahmes Viech, wenn du mich fragst, wenn's Jahre braucht, um zu merken, dass wer in seinem Hintern rumbohrt.
Bloß, die Tringburgen sind verlassen, wenn es sie kostet, die Katakomben ... manchmal ist keiner drin, manchmal ein paar Dutzend Leute. Ist wie immer im Leben. Darfst eben nie zur falschen Zeit am falschen Fleck sein. Sonst rutscht dir deine Hand voll Leben zwischen den Fingern durch.
»He, hier liegt jemand!«, ruft Shon. Er hat meine Hand abgeschüttelt und ist vor mir hergelaufen. Ich geh' zu ihm.
»Ist sie tot?«, fragt er.
Mann, Terraner! Habt diese Riesenglubscher, aber irgendwie hat da wer vergessen, die Drähte zum Hirn zu legen. Liegt 'ne Flakie friedlich in ihrer Koje und träumt vor sich hin, und er denkt gleich, sie hat was mit Frostie.
»Sieht sie denn so aus?«, frag' ich zurück.
»Na ja, sie lächelt, als wäre sie wach. Aber wenn man sie anfasst, ist sie so kalt wie Eis.«
»Das können wir ändern.« Ich schnapp' mir die Frau und schlepp' sie in die Wohnkammer. Dann schnapp' ich mir Shon, und wir schauen uns den Rest der Schlafkammer an. Wir finden noch mal sechs Flakies, vier Typen, zwei Frauen. Ich schlepp' sie alle in die Wohnkammer bis auf einen, dessen Fresse mir nicht gefällt. Sieht so aus wie einer, der erst zuhaut und dann zuhört. Die Welt ist besser dran, wenn Typen wie er pennen, denk' ich mir, und lass ihn liegen.
Ich seh' mich um. In der Vorratskammer hol' ich mir 'n paar Lampen, Treibstoff für 'n Feuer und eine vorgeröstete Killerrobbe, tiefgekühlt vom Eis. Guckt ziemlich überrascht aus dem verkohlten Pelz, das Viech. Hatte sich den Tag, als sie es erwischt hat, wohl anders vorgestellt. So eher was wie: »Ich Jäger, ihr Beute!«. War zu dumpf, um sich vorzustellen, dass man den Spieß umdrehen kann. Na ja, das hat sie jetzt davon. Nicht lang, und es duftet nach Braten. Ist zu viel für die Schläfer. Wenn du langschläfst, kriegst du 'nen Monsterhunger, ohne dass du's merkst. Hunger auf Futter, Hunger auf Haut. Es knirscht, als die Schläfer anfangen, sich zu rühren. Shon guckt besorgt drein. »Mach dir keinen Kopf«, beruhig' ich ihn. »Ist nur die Eisschicht, die sich um sie gelegt hat. Sie platzt ab.« Ich sag' Shon nichts von den Toten. Geht nicht immer gut mit dem Schlafen. Gibt Leute, die wachen nie mehr auf. Meistens Zweite und Dritte, ist aber auch schon Vierten passiert.
Dann wacht die erste Schläferin auf. Ist die Frau, besser das Mädel, das wir zuerst gefunden haben. Süße Schnucke, Spezialist. Ganz tief in den Höhlen liegende Augen, richtig schön winzig. Blitzen nur auf, wenn sie, na ja, scharf ist. Wie