Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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gegen eine Wand geprallt.

      »So sieht es überall aus«, rief Kileen.

      Seealee schüttelte sich, nicht nur vor Kälte.

      Der Boden war glatt, und Seealee hatte größte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Nur allmählich wurde ihr die Gefahr bewusst, auf die sie sich eingelassen hatte. In diesem Schneesturm konnte man kaum zehn Schritte weit sehen; sollte Seealee den Halt verlieren, stürzen und vom Sturm über den glatten Boden weggezerrt werden, würde niemand mehr imstande sein, sie zu finden. Und in diesem Orkan aus Kälte, Wind und Eis hatte sie höchstens eine Überlebensdauer von einer halben Stunde.

      »Nach links!«, schrie Kileen.

      Gehorsam folgte Seealee der Freundin.

      Sie mussten sich jede Handbreit Weg erkämpfen. Ab und zu wirbelte der Sturm irgendeinen härteren Gegenstand vor sich her, dann mussten die beiden Frauen Deckung suchen, wollten sie nicht Gefahr laufen, erschlagen zu werden.

      Trotz des Thermoanzugs begann Seealee immer mehr zu frieren. Vom Nacken her kroch diese Kälte immer tiefer an ihrem Körper herab. Wie ein heimtückischer Feind schlich sie sich durch jede Ritze. Seealee spürte ihre Glieder starr werden. Die Bewegungen kosteten immer mehr Kraft.

      »Noch hundert Meter«, rief Kileen.

      Sie schwankte.

      Jäh wurde sich Seealee darüber klar, dass Kileen sich mit dieser Aufgabe übernommen hatte. Seealee machte zwei Schritte nach vorn. Sie kam gerade noch zurecht, um Kileen aufzufangen, bevor sie umfallen konnte. Kileens Gesicht war nicht mehr zu erkennen – die Züge entstellt von Kälte und Nässe, die Brauen weiß von Reif, die Nase stark gerötet, die Augen halb geschlossen.

      »Vorwärts!«, schrie Seealee mit aller Kraft. »Reiß dich zusammen!«

      Kileen brachte ein schwaches Nicken zustande.

      Seealees Gesicht brannte vor Kälte. Die eisige Luft schien in ihren Lungen zu stechen.

      Seealee schob Kileen vor sich her. Die Fassade vom Amtssitz des Planetars kam in Sicht. Das gelbe Licht aus den Fenstern erschien Seealee wie eine Verheißung.

      Mit letzter Kraft brachte sie es fertig, Kileen bis zur Tür zu bugsieren, dann ließ sie den Körper der Freundin auf den Boden gleiten.

      Sie brauchte nur einmal den Summer zu betätigen, dann wurde die Tür geöffnet. Kräftige Hände halfen Seealee ins Innere.

      Im ersten Augenblick war die Wärme dort fast so schmerzhaft wie die Kälte draußen. Seealee holte tief Luft.

      »Ihr habt Glück gehabt«, stieß Opallo hervor, der sich über Kileen gebeugt hatte. »Hätte ich gewusst, dass der Sturm sich noch steigert, hätte ich sie nie losgeschickt.«

      »Wo ist Dhota?«, fragte Seealee, während sie sich aus dem Anzug schälte. Jemand hielt ihr eine Tasse mit einer heißen Flüssigkeit hin. Seealee griff danach und trank, ohne den Inhalt zu schmecken.

      Opallo deutete mit dem Daumen auf die Decke.

      »Oben, in eurer Wohnung«, sagte er.

      Dhota und Seealee wohnten im Amtssitz des Planetars, in einer geräumigen Wohnung unmittelbar unter dem Dach. Ein Lift beförderte Seealee nach oben.

      In der Wohnung wimmelte es von Daila. Ein großer Teil von Dhotas Mitarbeitern schien sich eingefunden zu haben. Die meisten machten einen angespannten und nervösen Eindruck.

      Seealee wanderte durch die Wohnung bis ins Schlafzimmer. Dhota lag im Bett, wie immer auf der Seite schlafend, das Kopfkissen mit beiden Armen umklammernd und die Beine an den Leib gezogen. Seealee lächelte. Am liebsten hätte sie jetzt ebenfalls ein paar Stunden geschlafen.

      Opallo war Seealee gefolgt.

      »Weck du ihn auf«, bat er.

      Sanft rüttelte Seealee ihren Mann an den Schultern. Dhota knurrte unwillig, dann begann er sich zu strecken und öffnete die Augen. Er sah Seealee und lächelte, dann fiel sein Blick auf Opallo.

      Dhota gehörte zu den Menschen, die unmittelbar nach dem Aufwachen geistig bereits hellwach waren. Auch sein trockener Humor war sofort zur Stelle.

      »Traust du dich jetzt nur mit Begleitschutz ins Schlafzimmer?«

      Seealee erwiderte das Grinsen.

      »Es scheint wichtig zu sein«, sagte sie.

      »Meinetwegen.«

      Dhota überlegte kurz, schob sich dann zwei Kissen in den Rücken und setzte sich auf. Aufzustehen schien ihm nicht einzufallen.

      »Also, was gibt es?«

      Opallo trat ans Fenster und ließ die Vorhänge zur Seite gleiten. Dhotas Augen weiteten sich, als er den Schnee sah. Er murmelte einen Fluch.

      »Seit wann?«, fragte er knapp.

      »Seit eineinhalb Tagen«, erklärte Opallo. »Und das ohne Pause.«

      »Und? Wie sieht die Lage aus?«

      »Unklar.« Wie einige andere auch hatte sich Opallo Dhotas Marotte zu eigen gemacht, Fragen oder Antworten in ein einziges Wort zu kleiden. »Bisher keine Verlustmeldungen – zu einer ganzen Reihe von Leuten bekommen wir allerdings keinen Kontakt.«

      Dhota hatte sich inzwischen dazu entschlossen aufzustehen. Eilig kleidete er sich an. Er wirkte immer noch nicht völlig frisch.

      »Habt ihr die Daten vom Wettersatelliten angefordert?«

      »Keine Erklärung für dieses Phänomen«, erläuterte Opallo. »Wenn etwas an der Meteorologie dran ist, dann müssten wir unter einem strahlenden Hochdruckgebiet liegen und Sonnenschutzmittel kaufen.«

      Dhota ließ die Schultern sinken.

      »Erkläre mir keiner das als Laune der Natur«, sagte er kopfschüttelnd. »Dahinter steckt etwas.«

      »Etwas? Oder jemand?«

      Dhota wölbte die Brauen.

      »Etwas«, antwortete er. »Ich denke an irgendwelche hyperphysikalischen Erscheinungen, Feldströme, fünfdimensionale Verwerfungen um Sytt oder was auch immer. Wenn eine Person hinter diesem Tollhaus steckt, dann müsste doch langsam eine gewisse Absicht hinter diesem lebensgefährlichen Unfug zu entdecken sein.«

      Opallo ließ ein schweres Atmen hören.

      »Vielleicht will man uns von dem Planeten vergraulen?«

      Dhota begann wider Willen zu lachen.

      »Wozu das? Rawanor ist unwichtig. Die Lage ist strategisch nicht ergiebig, Bodenschätze in bemerkenswertem Umfang gibt es auch nicht – was könnte jemanden, der über die Macht verfügt, Erdbeben und Schneestürme heraufzubeschwören, an Rawanor reizen?«

      »Etwas, das wir bis jetzt nicht gefunden haben, weil wir nicht wussten, wonach wir suchen sollten«, vermutete Opallo.

      Dhota hatte sich inzwischen angezogen und verließ den Raum. Er suchte seine Amtsräume auf und ließ sich von der Positronik die Wetterdaten der letzten Tage einspielen.

      Auf den Filmen war deutlich zu erkennen, dass Opallo Recht hatte. Klar zeichnete sich ein Schönwettergebiet ab, das sich der Hauptstadt näherte.

      »Und hier«, Opallo deutete auf den Schirm, »beginnt sich der Schneesturm zusammenzubrauen. Völlig übergangslos, ohne jede Erklärung. Und das ist nicht alles ...«

      Der Monitor zeigte in rascher Folge andere Aufnahmen, entstanden über entfernten Regionen des Planeten.

      »Hier ein Orkan, dort ein Sandsturm. In diesem Gebiet rührt sich kein Lüftchen – das hat es bisher dort noch nie gegeben.«

      Dhota nickte langsam.

      »Fassen wir zusammen – irgend jemand manipuliert den Planeten, anders kann ich mir die Sache nicht erklären. Dann stellen sich drei Fragen: Erstens, wer ist dieser Jemand, zweitens, wie stellt er es an, den Planeten