Perry Rhodan Neo 240: Das neue Plophos. Oliver Plaschka

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Название Perry Rhodan Neo 240: Das neue Plophos
Автор произведения Oliver Plaschka
Жанр Языкознание
Серия Perry Rhodan Neo
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845354408



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abzutauchen, nachdem sie die vorhersehbare Niederlage erlitten hatten. In den Wochen danach hatte Princess bei jedem Klopfen an der Tür damit gerechnet, dass ein Erschießungskommando davorstand ... Doch es war nie gekommen.

      Ein Teil von ihm wartete noch immer darauf.

      Mit zitternden Händen öffnete Princess die unterste Schublade seines Schreibtischs. Sie enthielt die kleinen Wunderdinge, die ihm in der langen Zeit seither über die Runden geholfen hatten: undeklarierte Aradrogen jeder erdenklichen Legalität; der Neurostreamdimmer, dessen Leistung Princess inzwischen so weit hochgesetzt hatte, dass er nach einer halben Stunde Migräne davon bekam; einen Musikchip mit Walgesängen und anderen Naturklängen für seine tägliche Meditation sowie die Flasche plophosischer Bourbon, die er immer häufiger erneuern musste. Fahrig angelte er nach ein paar Pillen und einem altmodischen Gummiband in einer Ecke der Schublade, goss sich einen Bourbon ein, spülte die Pillen damit hinunter und band sich das Gummi um sein linkes Handgelenk. Er brauchte einen klaren Verstand, um dieses Problem zu lösen.

      Princess aktivierte das in den Arbeitstisch integrierte Positronikpult und überflog die Nachrichten. Viel gab es nicht – manche Sender waren einfach tot. Anscheinend war ganz Plophos in einen Dornröschenschlaf gefallen. Princess fragte sich, wer Schuld daran trug. Während er nach Antworten suchte und auf die Wirkung der Pillen wartete, spannte er wieder und wieder das Gummiband und ließ es gegen sein Handgelenk schnellen. Der Schmerz half ihm, sich zu konzentrieren.

      In der Zeit vor Hondros Machtergreifung war Princess Interstellar Logistics eins der wichtigsten plophosischen Speditionsunternehmen gewesen. Zu den besten Zeiten hatte Princess sogar Schmiergelder dafür genommen, seinen Kunden privilegierten Zugang zum Sonnentransmitter des Capellasystems zu verschaffen. Natürlich mit Wissen seiner heimlichen Partner – für den Geheimdienst war es durchaus nützlich, auch über die Schattenseiten des plophosischen Markts im Bilde zu sein ...

      Das Gummiband schnalzte, und Princess überprüfte den Status der für diesen Tag avisierten Lieferungen. Keine einzige war termingerecht eingetroffen.

      Vor anderthalb Jahren hatte Hondro auf Trom die Hauptschaltzentrale des Sonnentransmitters sabotiert, um seine Macht zu beweisen. Eine Weile hatte Princess damit gerechnet, dass die Terranische Union eine Eingreifflotte schicken würde, aber die Opfer einer militärischen Intervention wären wahrscheinlich zu hoch gewesen. Außerdem war Hondro schlau genug, nach diesem Knall erst mal die Füße stillzuhalten. Er richtete kein Massaker an und führte auch keinen Angriffskrieg. Also ließ die Union ihn zähneknirschend gewähren und konzentrierte sich stattdessen darauf, seinen schleichenden Einfluss auf den übrigen Kolonien zurückzudrängen.

      Das Gummiband schnalzte. Princess registrierte es kaum, war versunken in seine Erinnerung.

      Sobald sich die Lage stabilisiert hatte, waren die meisten Plophoser wieder aus Hondros mentalem Würgegriff entlassen worden. Nur die wichtigsten Funktionäre von Militär, Polizei und Verwaltung unterstanden weiterhin Hondros Zwang oder wurden nach und nach gegen Loyalisten ausgetauscht, die sich auf Plophos ebenso rasch fanden wie überall. Auch den Transmitter öffnete Hondro erneut für den Warenverkehr. Die Kolonie war auf Importe angewiesen: Nahrungsmittel, Medikamente, technische Güter – das wusste ihr Obmann ebenso gut wie die TU, die das Leid der Bevölkerung nicht noch mehren wollte und deshalb lieferte.

      Das Gummiband schnalzte, ein heller Laut wie aus sehr weiter Ferne.

      Plophos, die ewige Nummer zwei der terranischen Kolonien nach dem Vorzeigebruder Olymp, wandelte sich trotzdem schnell zum schwarzen Schaf in der Unionsfamilie. Die meisten Angehörigen anderer Welten kehrten Plophos den Rücken, solange sie konnten; selbst Mehandor schlugen lieber einen Bogen um das Capellasystem. Es war ein ähnliches Verhältnis wie das der isolierten Ostblockstaaten des zwanzigsten Jahrhunderts zu den westlichen Nationen. Princess saß mit einem großen Fadenkreuz auf der Stirn seither auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs und versuchte, nicht aufzufallen.

      Ein Schnalzen ... ein Schnalzen ...

      Längst gab es mehr Transportkapazitäten als Kunden. Der Güterverkehr zwischen Capella und den anderen Kolonien war auf das nötige Minimum beschränkt. Ohne Hondros Segen ging gar nichts, und auch ein Schmiergeld öffnete nicht mehr so viele Türen wie einst. Princess' legale Kontakte in der Politik, der Wirtschaft oder bei der GCC hielten gleichfalls den Kopf unten, seine weniger legalen Kontakte hatten schon vor langer Zeit das Weite gesucht. Manchmal musste er sich kritisch fragen, was er noch auf Plophos verloren hatte. Er hatte schon lange nichts Lukratives mehr an Land gezogen – keine Geschäfte, keine Informationen von Wert ... Die Umsätze reichten gerade so zum Überleben, aber was für ein Leben war es, das er da führte? Ein dunkles Leben ...

      Der laute Dauerton einer Hupe riss Stewart Princess aus seinen Gedanken. Einen Augenblick lang saß er irritiert da, den Kopf auf die Hände gestützt, und massierte sich stöhnend die Schläfen. War er eingenickt? Sein Blick fiel auf das linke Handgelenk und die blutigen Striemen, die das Gummiband geschlagen hatte. Er spürte fast keinen Schmerz. Die Medikamente schienen zu wirken.

      Er kämpfte sich auf die Beine und wankte zum Fenster, um den Grund für den Lärm zu erfahren. Unten auf der Straße standen mehrere Bodenfahrzeuge kreuz und quer auf der verstopften Fahrbahn. Princess konnte aus dieser Höhe nicht erkennen, ob die Fahrer ihre Wagen aufgegeben hatten oder am Steuer eingeschlafen waren. Auch das Hupen führte lediglich zu einer kurzen, wütenden Erwiderung da und dort – am Gesamtbild aber änderte es nichts.

      Princess konnte sich nicht länger etwas vormachen: Das Problem war real, es betraf die ganze Stadt, die ganze Kolonie wahrscheinlich, aber kaum jemand außer ihm schien es wahrzunehmen. Er begann, sich ernsthaft Sorgen zu machen.

      Er rief Freya Nikulina an.

      Das lange Schweigen des Komgeräts ließ ihn schon fürchten, dass es ihr noch schlechter ging als ihm, dann endlich nahm sie den Ruf entgegen. Das Kommunikationshologramm zeigte ihr strenges Gesicht, ihre Lockenpracht, die ihr in Princess' Augen etwas aufregend Nordisches verlieh. Tatsächlich musste er sich eingestehen, dass er sehr wenig über ihre Herkunft wusste, nicht mal, ob sie eine gebürtige Plophoserin oder von der Erde eingewandert war wie er selbst.

      »Wie geht es dir?«, fragte er.

      »Müde«, antwortete sie. »Was passiert mit uns? Ich kann mich kaum bewegen.«

      »Ich weiß nicht. Ich weiß«, murmelte er verwirrt. »Mir geht's auch so. Hondro?«

      Wie meistens verstand sie ihn auch ohne viele Worte. »Wieso sollte er das tun? Der ganze Planet steht still.«

      So schlimm? Doch es war klar, dass sie recht hatte. Niemand hatte mehr die Energie, zu arbeiten, Güter zu verladen oder gar ein Raumschiff zu fliegen. Ohne die Aradrogen hätte auch er kaum genug Kraft für dieses Gespräch.

      »Freya, ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist.«

      »Meine Arme und Beine fühlen sich an, als wären sie aus Blei«, murmelte sie. »Am liebsten würde ich eine Woche lang nur schlafen.«

      »Ich will dich sehen.«

      Nikulina nickte. Die Ringe unter ihren Augen waren dunkel und tief, aber so leicht machte sie nicht schlapp. »Ich komme zu dir. Heute Abend«, versprach sie und beendete die Verbindung.

      Na also – ein Hoffnungsschimmer. Allein die Aussicht auf ein Treffen beflügelte Princess. Es gelang ihm, noch ein paar wichtige Aufträge zu stornieren, die ihn andernfalls ein kleines Vermögen an Schadenersatz gekostet hätten, dann war es schon Zeit für den Heimweg. Er musste sehr lange für alles gebraucht haben, oder die Aradrogen hatten sein Zeitgefühl durcheinandergebracht. Bevor er ging, entließ er noch seine Mitarbeiter in den Feierabend, doch sie beachteten ihn kaum.

      Unten auf der Straße war der Verkehr vollends zum Erliegen gekommen. Auch ein paar Unfälle hatten sich ereignet. Vereinzelt staksten Polizisten und Sanitäter müden Schritts durch das Chaos, die meisten Leute jedoch saßen mit leeren Gesichtern in ihren Sitzen, bei offener Tür oder gleich auf der Straße.

      Stewart Princess rief sich ein Robottaxi – die teure Gleitervariante, die normalerweise immer überbucht