Название | SPACE 2021 |
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Автор произведения | Eugen Reichl |
Жанр | Математика |
Серия | SPACE Raumfahrtjahrbücher |
Издательство | Математика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783944819495 |
Die Flotte des Marshall Space Flight Center
So ergab es sich, dass Mitte der 60er Jahre das Marshall Space Flight Center eine ganze Flotte von Transportschiffen betrieb. Das erste war die Palaemon, eine 79 Meter lange Barke, die aus dem Bestand der Navy kam. Bei einem Trip von Huntsville zum Kennedy Space Center legte so eine Barke dabei 3.500 Kilometer zurück und brauchte dafür mehrere Wochen. Von den Docks am Tennessee ging es erst hinüber zum Mississippi, dann bog man südlich von Baton Rouge in den Gulf Intracoastal Waterway zum St. Georg Sound, über den Golf von Mexiko zur San Carlos Bay, danach durch den Okeechobee Waterway quer durch Florida nach Stuart bis zur Atlantikküste, und dann den Florida Intracoastal Waterway hinauf zum Cape Canaveral Barge Canal. Durch die Nutzung der Intracoastal Waterways vermied man weitgehend die offene See. Trotzdem musste man immer noch 450 Kilometer übers Meer fahren. Die Route war aber vorsichtshalber so gelegt, dass die Barken immer höchstens 80 Kilometer zum nächsten Schutzhafen hatten. Sie waren in der Regel mit zwölf Mann Besatzung unterwegs. Fünf Mann für die Schiffsführung, sechs Begleittechniker und eine Person als „Missionschef“ mit der Gesamtverantwortung für den Transport. Die Reisen dieser Schiffe waren legendär. Die Palaemon blieb nicht lange alleine. Mit steigendem Transportbedarf wurde ihr bald die Barken Promise, die Poseidon, die Compromise und die Orion zur Seite gestellt. Was die Transporte der dritten Stufen betraf, schickte man sie zunächst mit Ozeanfrachtern auf ihre weite Reise. Mit der S-II Stufe ging das aber nicht, denn die war zum einen zu groß, um einfach verladen werden zu können und überdies mussten sie besonders vorsichtig behandelt werden. Ende 1963 beschaffte sich daher die NASA zunächst das Docklandungsschiff Point Barrow von der Navy, das zuvor in der Arktis Dienst gemacht hatte. Damit wurden ab 1964 S-IVB und S-II Stufen transportiert. Später kaufte die NASA noch die Taurus, einen weiteren hochseetüchtigen ehemaligen Militärfrachter. Nach ihrer Ankunft in New Orleans kamen weitere 14 Tage auf der Flussbarke dazu. Erst den Mississippi und den Ohio hinauf, und dann in den Tennessee-River bis nach Huntsville. Die erste Strecke ging über 1.396 Kilometer bis Cairo in Illinois und dauerte zehn Tage, wo die Schlepper gewechselt wurden. Dann ging es 76 Kilometer den Ohio hinauf bis Paducah in Kentucky, wo dann auf dem Tennessee-River die verbleibenden 521 Kilometer bis Huntsville absolviert wurden. Für die Kurzstreckentransporte zwischen der Produktionsstätte in Michoud und den Testständen am MTF gab es zwei offene Barken, die Little Lake und die Pearl River. Sie bildeten einen Tür-zu-Tür Transportservice und konnten direkt an die Teststände heranfahren. Dann gab es insgesamt sieben Tankschiffe. Jedes hatte einen Thermoscontainer für 875 Kubikmeter flüssigen Wasserstoff an Bord. Sie waren am MTF stationiert, holten ihre kalte Fracht in New Orleans ab und unterstützten so die Brennläufe der S-II und der S-IV auf den Testständen in Mississippi.
Keine Schiffe – Massiver Nachteil für das Sowjetische Mondprogramm
Ein massiver Nachteil für das sowjetische Mondprogramm war das Fehlen solcher Wasserwege. Besonderes Kopfzerbrechen bereitete die Frage des Transportes der N1-Mondrakete. Der Träger war für die Beförderung als komplette Einheit viel zu groß. Das OKB-1 schlug daher vor, die Komponenten in Samara zu produzieren, die N1 dort zusammenzubauen und zu testen um sie danach wieder komplett auseinanderzunehmen und in Einzelteilen nach Baikonur zu transportieren. Dort sollte sie in einem gewaltigen neuen Montagegebäude, ganz in der Nähe der Startanlage, wieder zusammengebaut werden.
Der Plan fand bei den Entscheidungsträgern in der Regierung zunächst wenig Anklang. Sie scheuten die Kosten für ein massives neues Gebäude in Baikonur, das ausschließlich für die N1 vorgesehen war. In den Jahren 1962 und 1963 liefen deshalb eine Reihe von Studien, wie man die Rakete als Ganzes von Samara aus dorthin transportieren konnte. Darunter waren so exotische Vorschläge wie der Bau eines gewaltigen Luftschiffes, das in der Lage war, 250 Tonnen (das Gewicht der leeren Rakete) zu transportieren. Man dachte auch über eine Art riesigen Aero-Katamaran nach, der aus zwei über einen Steg miteinander verbundenen Luftschiffen bestand, welche die Rakete in die Mitte nahmen und dann damit zum Startort flogen. Weniger exotisch, aber nicht weniger teuer, war die Idee des Baus einer 1.300 Kilometer langen Spezialautobahn von der Wolga bis zum Startplatz.
All diese Pläne wurden schließlich wieder aufgegeben, und man kam schweren Herzens wieder auf den ursprünglichen Ansatz des OKB-1 zurück: den Bau einer riesigen Fertigungshalle am Startplatz. Die dort angelieferten Einzelteile durften dabei lediglich so groß sein, dass man sie auf dem Schienenweg dorthin transportieren konnte. Das stellte sich vor allem bei den Tanks als problematisch heraus. Diese Komponenten wurden (und werden) traditionell schon aus Dichtigkeitsgründen stets als monolithische Strukturen gefertigt. Doch hier ging das nicht. So blieb nichts anderes übrig, als in Samara lediglich die blütenblattfömigen Einzelsegmente zu fertigen, die erst in der Endmontagehalle in Baikonur zusammengeschweißt werden konnten. Dieser komplexe Vorgang des Bauens, des Demontierens, des Transportes in hunderten von Waggons, das Rütteln und Schütteln während der eineinhalbtausend Kilometer langen Fahrt