Ebbas Geschichte. Christina Herrström

Читать онлайн.
Название Ebbas Geschichte
Автор произведения Christina Herrström
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788711336410



Скачать книгу

während er langsam auf einem Kaugummi kaut.

      »Geld?« ruft Philip aus. »Klar haben wir kein Geld. Wir sind doch Kinder! Woher sollen wir denn Geld haben?«

      »Na hör mal, das siehst du wohl ein, daß ihr kein Taxi nehmen könnt, wenn ihr kein Geld habt«, sagt der Taxifahrer und will seine Scheibe wieder hochkurbeln. Philip hält ihn zurück.

      »Sie meinen also, daß dieses kleine Mädchen in der Dunkelheit ganz allein nach Hause gehen soll? Und was werden Sie sagen, wenn ihr etwas zustößt, nur zum Beispiel? Was werden Sie sagen, wenn Sie darüber in der Zeitung lesen? Was bedeutet da schon Geld!« faucht Philip, und es blitzt in seinen Augen.

      »Du kannst sie ja nach Hause begleiten«, sagt der Taxifahrer.

      »Ich! Ich bin schließlich auch noch ein Kind. Soll ich denn ganz allein nach Hause gehen – wo es dann sogar noch dunkler ist? Es ist einfach Ihre Pflicht als Erwachsener, sie nach Hause zu fahren!«

      Für einen Augenblick gerät der Taxifahrer aus seinem Kaurhythmus.

      »Na gut«, murmelt er. »Hüpf rein, Mädchen!«

      Ebba schießt begeistert aus dem Dunkel, aber bevor sie ins Auto schlüpft, küßt sie Philip noch aufs Ohr. Fast riecht sie dort wirklich die Freiheit. Dann wird sie sicher vom Taxi heimgebracht, den Hügel hinunter, durch die Stadt, bis zum Gartentor der Familie Reng.

      »Danke fürs Mitnehmen«, winkt Ebba und läuft ins Haus. Bald werden Philip und sie sich wiedersehen. Sie müssen nur ein bißchen zwischendurch schlafen.

      3

      Am nächsten Morgen herrscht bei der Familie Reng die übliche Hektik. Ebba sitzt in der Küche und zieht sich eilig an, während Mama herumläuft und der Familie die Sachen hinterherräumt. Didrik hält das einzige Badezimmer der Familie besetzt, und Papa tigert ruhelos davor hin und her. Er schaut unaufhörlich auf die Uhr und studiert den Plan, den er an die Badezimmertür geklebt hat.

      »Jetzt verstehe ich langsam nichts mehr!« bricht es irgendwann aus ihm heraus. »Wir waren uns doch einig, daß alle sich nach dem Plan richten. Warum kann sich keiner ein bißchen anstrengen? Genau jetzt sollte Ebba schon aus dem Bad rausgehen und ich rein. Und Didrik sollte sowieso schon lange fertig sein!« Er schaut sich hilflos um.

      »Man kann die Toilettengewohnheiten der Kinder schlecht planen«, ruft Mama, während sie ins Wohnzimmer flitzt, um nach Ebbas Federtasche zu suchen.

      »Meine liebe Lena, in meinem Kursus wird uns gezeigt, daß man alle Probleme des Lebens, die einen stören, ganz einfach dadurch lösen kann, daß man besser plant. Und die morgendliche Badbenutzung ist etwas, das unser ganzes Familienleben durcheinanderbringt. Ich liege inzwischen die halbe Nacht wach und überlege, ob ich es überhaupt auf die Toilette schaffe, bloß weil die Kinder sie immer belagern!«

      »Armer Fredrik«, sagt Mama und tätschelt ihm die Wange, während sie in die Küche rennt, um den Frühstückstisch zu decken.

      »Übrigens habe ich als Hausaufgabe auf, den Bereich meines Privatlebens mit dem größten Durcheinander in Ordnung zu bringen – und das ist zweifellos der Morgen«, fährt Papa fort.

      Jetzt kommt Ebba an. »Didrik, mach auf! Sonst pinkel’ ich mir in die Hose!«

      Papa schüttelt den Kopf. »Hier steht es, klar und deutlich«, sagt er und zeigt auf den Plan, »daß ihr beide jetzt bereits auf dem Weg zur Schule sein solltet.«

      »Didrik, mach auf!« schreit Ebba und hämmert gegen die Tür.

      »Lena?« sagt Papa. »Siehst du, in diesem Augenblick wird es wirklich ganz deutlich, daß das Leben aus Planung besteht.«

      »Das hier beweist eher das Gegenteil, finde ich«, ruft Mama, wobei sie versucht, das Geschirr fertig zu verteilen.

      »Es sind doch so einfache und vernünftige Regeln, die wir im Kursus lernen«, spricht Papa weiter. »Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, nach ihnen zu leben. Ich habe jedenfalls vor, es zu tun! Und ich bin überzeugt davon, daß man alles, was man will, erreichen kann, wenn man sich erst mal darüber klar ist, welche Rolle man im Leben spielen will!«

      Mama schaut ihn prüfend an. »Aber Fredrik, glaubst du denn wirklich, daß der Schlüssel zu den Geheimnissen des Lebens in deinem Mach-mehr-aus-deinem-Leben-Kurs zu finden ist?«

      Papa denkt nach. »Ja.«

      »Wie lange braucht ihr noch?« seufzt Mama. Da klingelt es an der Tür, und sie läuft, um zu öffnen, weil es niemand sonst tut.

      »Das ist offensichtlich eine Zeitverzögerung von ein paar Minuten«, murmelt Papa und notiert es in seinem kleinen Buch.

      Auf der Treppe steht Gunilla. »O nein«, japst Ebba.

      »Ebba, du mußt jetzt los! Es ist schon spät«, mahnt Mama. Sie drückt Ebba die Schultasche in die Arme, schiebt und schubst sie auf die Treppe hinaus. Ebba und Gunilla starren sich an und ziehen von dannen.

      Gunilla wohnt in der gleichen Straße, und Ebba und sie haben früher immer zusammen gespielt. Aber plötzlich wollte Gunilla keine Hütten mehr bauen und nicht mehr hinter Fremden herspionieren. Sie wollte in Damenzeitschriften und Versandhauskatalogen blättern und sich die Schminke ihrer Mutter ausleihen. Ebba dagegen hatte Beine, die sich danach sehnten, laufen zu dürfen, und ihre Hände wollten etwas tun. Eines Tages half sie Philip, einen Karren mit verschiedenen Containerfunden nach Hause zu ziehen. Seit diesem Tag hat Ebba Gunilla vergessen, doch Gunilla hat Ebba nicht vergessen.

      Sie gehen zusammen die Straße hinunter. Ebba schielt auf die Schuhe von Gunilla. Die hat ihre Turnschuhe gegen Schuhe mit Absätzen eingetauscht. Um die Füße herum sieht sie wie eine Dame aus.

      »Weißt du, was ich soll?« fragt Gunilla angeberisch.

      »Nee.«

      »Ich soll zu einer Fete kommen.«

      Ebba ist zu keiner Fete eingeladen. »Aha«, sagt sie so uninteressiert, wie sie nur kann.

      »Bei Katarina!«

      »Du sollst zu Katarina?« Ebba kann ihre Überraschung nicht verbergen.

      »Du bist nicht eingeladen, oder? Ach nee, es sind nur ganz Spezielle, die kommen dürfen.«

      Ebba hat sich nie um Katarina und ihre Clique gekümmert. Sie findet eigentlich, daß die Mädchen albern sind. Nur dadurch, daß Gunilla eingeladen ist, wird sie eifersüchtig. Aber sie will sich das nicht anmerken lassen.

      »Hallo Ebba Ebbselon! Beeil dich!« An der Telefonzelle am Hafen wartet Philip.

      »Ich gehe jetzt mit Philip«, sagt Ebba. Sie läuft schnell von Gunilla weg, zu Philip. Aber sie bemerkt trotzdem noch, daß Gunilla ihn mit Verachtung anguckt.

      »Katarina und ich sind jetzt Freundinnen! Ganz dicke! Wir bleiben heute den ganzen Tag zusammen, und morgen auch!«

      »Super«, sagt Philip.

      »Viel Spaß, Ebba!« sagt Gunilla höhnisch und trippelt auf ihren klappernden Schuhen davon. Philip lacht, und Ebba tut, als wäre Gunilla ihr ganz egal, aber der kalte Blick zu Philip hinüber beunruhigt sie doch.

      »Ta-ram-ta-ta-ta!« trompetet Philip jetzt und öffnet die Tür zur Telefonzelle mit einer stolzen Geste. Dort drinnen steht ein langes, rostiges Blechding. Erwartungsvoll schaut er Ebba an.

      »Wie schön«, sagt sie höflich.

      »Das schenke ich dir.«

      »Danke! Aber was ist das denn?«

      »Ein Regenrohr, das sieht man doch! Perfekt für uns. Wir holen es nach der Schule . . .«

      Genau in dem Augenblick, als sie die Schule erreichen, klingelt es.

      »Sag dem Lehrer, daß ich später komme«, ruft Ebba.

      »Ich hab’s zu Hause nicht mehr zum Klo geschafft!«

      Als