Klaus Kariert. Iris Welling

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Название Klaus Kariert
Автор произведения Iris Welling
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783864766725



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Caro sagte nichts. Sie kniff Augen und Lippen noch mehr zusammen. Meine Mutter sah schon, wie sich vier Buchstaben auf Caros Lippen bildeten: NEIN!

      Stattdessen lächelte die Mac Bleistein honig-zuckerwatten-süß und dann kamen wirklich VIER Buchstaben aus ihrem Mund. „GERN!“

      Sie lächelte, als gäbe es für sie nichts Schöneres auf der Welt, als mich bei ihr wohnen zu lassen. Obwohl ich versucht hatte, bei ihr einzubrechen? Diesen Klaus wollte sie den ganzen Tag um sich haben?

      Meine Mutter traute ihren Ohren nicht. „Sind Sie sicher? Ich rede von Klaus!“ Doch Caros süßes Lächeln klebte weiter in den Mundwinkeln.

      „Ich weiß, von wem Sie reden, liebe Frau. Ja, ich kann ihn gut gebrauchen, äh, ich meine, er wird es gut bei mir haben! Bleiben Sie ruhig ein paar Tage länger!“

      Jetzt klimperte die Mac Bleistein sogar mit den Wimpern – und hier, HIER hätte meine Mutter merken müssen, dass etwas nicht stimmte. Ja, sogar ober-faul war. Aber sie freute sich schon unbändig auf die Reise. Von morgens bis abends keinen Klaus! Kein Gemecker, keine Beschwerden, kein Streit … Hurra! Yippie!

      Die Woche, in der sie losfahren wollten, war sogar in den Sommerferien. Caro-Line Mac Bleistein würde mich nicht morgens aus dem Haus jagen müssen, damit ich wenigsten zur dritten Stunde ankam. Jetzt musste meine Mutter nur noch mich dazu bringen, dass ICH einverstanden war. Kein Problem, denn ich wollte ja dringend in Caros Haus, aber das wusste meine Mutter nicht und hatte sich einen super-schlauen Plan ausgedacht.

      Zu Mittag gab es fettige Hamburger mit fettigen Pommes und viel Ketchup, um mich friedlich zu stimmen. „Stell dir vor, die Mac Bleistein hat uns angeboten, dass du bei ihr wohnen kannst, während Paps und ich diesen neuen Chef besuchen. Was die sich einbildet, die verrückte Alte! Natürlich hab’ ich NEIN gesagt. Natürlich kommst du mit UNS!“

      Sie beobachtete mich. Was, wenn ich jetzt sagen würde ‚Natürlich, liebe Mama, du hast vollkommen recht. Ich fahre mit euch!‘

      Aber nein, ich enttäuschte sie nicht. In Caros Haus zu kommen, war wichtig für mich.

      „ICH will zur Mac Bleistein. Die lässt sonst niemanden ins Haus!“

      Stimmt, das hatte meine Mutter ganz vergessen. Sie runzelte für einen Moment die Stirn. Jetzt zog ich den Kopf ein … was, wenn sie jetzt … ? Doch sie war schon im Fieber! Im Reisefieber!

      Eine Woche später stand ich mit meiner gepackten Sporttasche vor Caros Haustür. Meine Eltern zerrten mit zufriedenem Lächeln zwei riesige Koffer zum Auto. Wozu brauchten sie soviel Gepäck für zwei Tage? Ich winkte ihnen lässig, doch sie stiegen in unseren alten, weißen Mercedes und sausten mit quietschenden Reifen davon. Niemand winkte MIR zum Abschied. Mir kam es vor, als hätten sie Angst, die verrückte Mac Bleistein könnte es sich anders überlegen. Und wie fröhlich sie ausgesehen hatten! Sonst nervten sie mich ständig mit Millionen von Sorgen, die sie sich um mich machten.

      Ich war traurig und stolz zugleich. Ich hatte meine Rüpel-Rolle so toll gespielt, dass sie sich keine Sorgen mehr um mich machten. Plötzlich wusste ich nicht, was mich mehr ängstigte: bei dieser verrückten Caro zu wohnen oder Olaf und seine Rüpel-Bande? Aber ich kann euch jetzt schon sagen: Es kam alles ganz anders als geplant.

       Kapitel 4

       Bei Caro

      Sobald meine Eltern um die nächste Ecke gebraust waren, stand Caro-Line Mac-Bleistein auf der Türschwelle. Ich beschloss, cool zu grinsen, doch bevor ich grinsen konnte, packte sie mich und zerrte mich ins Haus. Sie knallte die Tür zu, drehte den Schlüssel dreimal um und drückte blitzschnell auf die Tasten eines Kästchens neben der Tür. Fünf rote Lämpchen blinkten hektisch.

      „Das ist die Alarmanlage“, erklärte sie mir, „um sie auszuschalten, muss man ein Kennwort eingeben. Glaub’ nur nicht, dass du es knacken kannst. Es ist weder mein Vorname noch mein Geburtsdatum. Und es sind 25 Buchstaben und 11 Ziffern!“

      Ich spitzte die Ohren. Das war ein Fall für Kevin, Olafs Computer-Rüpel. Der war total wild auf Computerspiele. Ich musste ihm unbedingt ein Foto auf sein Handy schicken.

       Für alle, die immer alles genau wissen wollen:

      ‚Handy‘ ist ein englisches Wort und heißt einfach nur ‚praktisch‘.

      In England heißt ein tragbares Telefon ‚mobile phone‘ oder ‚cell phone‘ in Amerika.

      Ich wollte mein Telefon aus der Tasche ziehen, aber Caro beobachtete mich. Also ließ ich es stecken und sah mich um. Die Tapete im Flur war rot-schwarz-kariert und ein grün-gelb-karierter Schirm stand im Schirmständer. Das war nix Besonderes, das konnte man sicher irgendwo kaufen. Nein, für Olaf brauchte ich etwas viel Aufregenderes.

      „Hier geht‘s lang.“ Caro stieß mich zur Treppe, die hinauf in den oberen Stock führte. Dort blieben wir vor einem Gemälde stehen, dass schief an der karierten Wand hing.

      „Das ist mein Neffe Angus“, erklärte Caro, „er lebt in Schottland. Dort bin ich geboren. Er ist der Sohn meiner geliebten Schwester Emily.“

      Dieser Angus musste genauso verrückt sein wie Caro, denn er trug einen Rock. Ein Mann, der einen karierten Rock trug! Diese ganze Familie Mac-Bleistein war total übergeschnappt.

      „Ich habe es so geliebt, mein Schottland“, seufzte Caro leise, „aber das war in einem anderen Leben!“

      Wie bitte? Ich tippte mir hinter Caros Rücken mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. In welchem anderen Leben? Man hatte doch nur eines.

      „Leider ist mein Neffe ein lausiger Wissenschaftler. Viel zu ängstlich. Immer hat er mich gewarnt. Nein, Tante Caro, damit soll man nicht experimentieren. Tu’ dies nicht, tu’ das nicht. Ein richtiger Hasenfuß ist er! Dir kann ich es ja sagen, denn du wirst es niemandem erzählen.“

      Plötzlich kicherte sie. Nicht fröhlich, sondern schrill und spitz. Irgendwie irre. Irre und unheimlich. Klar, würde ICH diesem Angus nie was erzählen! Ich kannte ihn ja überhaupt nicht. Und wie sollte ICH nach Schottland kommen? Caro öffnete eine Tür links neben dem Angus-Gemälde.

      „Hier ist dein Zimmer. Ich werde noch oben in meinem Labor arbeiten. Du hast ja sicher etwas zu tun, mein Lieber!“ Für meine Ohren klang ‚Mein Lieber‘ als hätte sie gesagt, ‚du ungehobelte, freche, kleine Kröte, steh mir nicht länger im Weg herum.‘

      Ich trug meine Sporttasche in das Zimmer. Es war winzig klein, wie eine Abstellkammer. Eine Matratze und eine rot-schwarz-karierte Decke lagen auf dem Boden. Egal, hier drin würde ich nicht oft sein. Wenn ich nur dran dachte, was ich schon alles gesehen hatte: karierte Tischdecken, Teppiche, das Sofa und der Sessel, Lampenschirme, sogar die Tulpen in der Vase. Es würde Tage dauern, alles zu fotografieren.

      „Pack dein Zeug aus, mach Hausaufgaben oder lies was. Um 18 Uhr gibt es Abendessen – und ich weiß schon jetzt, dass ich nicht nach dir suchen muss.“

      Caro kicherte wieder ziemlich irre, warf die Tür zu und drehte den Schlüssel um.

      Eingeschlossen! Sie hatte mich eingeschlossen! Keine Fotos!

      Ich hämmerte gegen die Tür und schrie „Lassen Sie mich sofort raus! Ich rufe meine Eltern an! Entführung! Ich rufe die Polizei!“

      „Halt die Klappe“, kreischte Caro zurück, „steck’ deine Rotznase in deine Bücher. Das wird nicht schaden!“

      Lesen? Ich hatte keine Bücher dabei. Nur mein Telefon, doch was war das? In diesem Zimmer gab es kein Netz. Das Telefon funktionierte nicht – und es gab auch keinen Fernseher! Nur ein Stapel Bücher lag in der Ecke.

      Diese Verrückte hatte mich entführt! Nein, falsch! Meine Eltern hatten mich freiwillig bei ihr abgeliefert!

      Rechts war ein winziges Fenster. Ich rüttelte am Griff. Natürlich verschlossen. Immerhin konnte ich von hier oben