G.F. Barner Staffel 6 – Western. G.F. Barner

Читать онлайн.
Название G.F. Barner Staffel 6 – Western
Автор произведения G.F. Barner
Жанр Языкознание
Серия G.F. Barner Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740975661



Скачать книгу

Frechheit besitzen, auf meinen Bruder loszugehen?«

      An der Ecke steht die Regentonne. Und sie sehen alle, wie Lane in die Tonne fliegt und das Wasser nach allein Seiten wegspritzt. Dann saust Lane­ wieder auf den Vorbau. Er stöhnt und hebt matt den Kopf.

      »Ich bin immer noch da, du Lump«, sagt Ray Thayer über ihm. »Paß auf, Ratte – lauf weg, so weit du kannst, am besten nach drüben zu deinen Verwandten! Und komm nie wieder in dieses Land, denn sonst bringe ich dich um!«

      Ruckartig zieht er ihn hoch, hebt ihn mit beiden Händen an und stößt ihn im Bogen auf die Fahrbahn.

      Lane rudert wie wild mit Armen und Beinen, landet mit dumpfen Aufprall im Staub. Als er sich aufstemmen will, ist Ray schon wieder neben ihm.

      »Dort geht es nach Südwesten«, sagt er grimmig und reißt ihn erneut hoch. »Paß auf, wie schnell du aus der Stadt kommst, Strolch.«

      Zweimal schlägt er zu. Lane fliegt rücklings auf die Straße und bleibt reglos liegen.

      »Ray Thayer!«

      Er wendet sich um, der Mann, dem es nichts auszumachen scheint, diesen Revolverschwinger aus der Stadt zu prügeln. Niemand weiß genau, was er denkt. Sie sehen ihn nur drei Yards vor Lane stehenbleiben. Und sie denken plötzlich alle an den mageren Cliff, den stillen, hinkenden Bruder dieses Riesen, den sie alle gemocht haben. Es gibt niemanden, der nicht Mitleid mit ihm gehabt hätte. Und es ist auch keiner da, der nicht weiß, daß Big Jim Vance die Südweide der Thayers besetzt hält. Solange der alte Nat lebte, hielten sich die Vances zurück. Mit Cliff Thayer konnten sie es tun, er war kein Gegner für Howard Vance und das Rudel rauher Burschen. Hier ist jetzt ein anderer Thayer, und er ist dabei, einen der Lanes aus der Stadt zu jagen.

      Die Stadt sieht nur zu, sie mischt sich nicht ein. Die Leute haben Howard Vance nie gemocht, und noch weniger seine rauhen Burschen. Es gibt niemanden, der nicht heimlich auf der Seite der Thayers wäre. Und doch ist dieser Cole Lane nur der kleinste Mann aus jenem wilden Rudel um Howard Vance. Da ist Kilburn, in dessen Nähe niemand laut zu husten wagt. Und da sind die anderen.

      »Lady?« fragt Ray und sieht sich um.

      Sie steht auf dem Vorbau und blickt zu ihm. Ihr Vater war ein Vance, ein anderer als Big Jim, das weiß jeder hier. Sheila O’Henry hebt die Hand und deutet auf Lane.

      »Ray Thayer, er hat doch keine Chance gegen dich.«

      »Hatte Cliff eine?« fragt Ray grimmig zurück. »Ich sagte einmal, Sie wären zur Hälfte eine Vance, Lady. Bis heute gab es keinen, der ehrlich genug war, seine Fehler zuzugeben. Danke für die Belehrung, Miß O’Henry.«

      Dann dreht er sich einfach um, seine Gesichtszüge verhärten sich. Zorn spiegelt sich in Ray Thayers Augen. Eine Vance, denkt er gallenbitter. So ist das, sie ist eine Vance, sie gehört zu diesem Clan. Vielleicht soll ich noch dulden, daß sie uns die Ranch anstecken und Cliff erschießen, wie? Ein Vance kann alles tun, die anderen haben zu gehorchen und auf dem Bauch vor ihm zu kriechen. Sie ist eine Vance. Und ich Narr dachte einmal…

      Sein Blick wandert zu Byrd. Für Sekunden sieht er den Schmied durchdringend an.

      »Byrd, wo ist sein Pferd?«

      »Da vorn am Balken, Ray.«

      Dort steht nur ein Brauner, ein Pferd mit schlanken Fesseln und breiter Brust. Schnell und ausdauernd, genau der richtige Gaul für einen Halunken.

      Thayer macht drei Schritte, postiert sich neben Cole Lane. Der bewegt sich stöhnend, rollt auf die Seite und preßt die Hände vor sein Gesicht.

      »Lane!«

      Der stöhnt jetzt nicht mehr. Er läßt langsam die Hände sinken und sieht zu dem Mann hoch. Nackte Furcht spiegelt sich in Lanes Gesicht. Er zittert am ganzen Leib.

      »Ich – reite weg«, sagt er mit vor Angst bebender Stimme und hebt die Hände abwehrend hoch. »Nicht wieder anfassen! Ich reite ja weg, ich komme nie wieder, Thayer. Hör doch, ich habe genug!«

      »Steh auf!« sagt Thayer schneidend. »Hoch mit dir, du erbärmlicher Feigling! Und dann zu deinem Gaul, Mister! Steig auf und verschwinde! Du taugst nichts, du kannst nur im Verein mit anderen auf jemanden losgehen. Ich zähle, Lane. Bist du bei fünf nicht auf deinem Gaul, binde ich dich an mein Lasso und schleife dich aus der Stadt, wie ihr es mit Cliff gemacht habt. Eins – zwei…«

      Cole Lane zieht die Beine an. Bei drei hockt er auf den Knien, bei vier ist er hoch und torkelt los. Er rennt stolpernd auf sein Pferd zu, als hätte er den Teufel im Nacken sitzen.

      Ray Thayer zählt nicht bis fünf. Er sieht dem stöhnenden, davontaumelnden Revolverschwinger und Kartenhai nach. Der erreicht sein Pferd, greift nach dem Sattelhorn.

      Im gleichen Augenblick sieht Sheila O’Henry vom Vorbau aus nach links und über die heranlaufenden Männer hinweg auf die andere Straßenseite.

      Das Pferd steht drüben in der Gasse neben dem Mietstall. Im Sattel sitzt der Mann – ein Schatten nur, den kein Laternenschimmer erreicht. Der Mann sitzt im Dunkeln, das Pferd ist nur halb zu erkennen.

      Und über den Kopf des Pferdes schiebt sich jetzt blinkend der Gewehrlauf.

      Mein Gott, denkt Sheila O’Henry entsetzt, er schießt, er schießt auf Ray, der ihm den Rücken zuwendet.

      »Ray, am Mietstall!«

      Ihr heller, entsetzter Aufschrei schallt über die Straße.

      *

      Laut dringt der ballernde Gewehrschuß durch die Nacht. Eine Feuerlanze hinter Ray, die er noch während des Sprunges zur Seite erkennt.

      Da landet Ray auch schon der Länge nach im Staub. Das Fauchen des über ihn hinwegzischenden Geschosses ist noch in seinen Ohren, als er bereits die Hand hoch hat.

      Ray sieht nur das Pferd, den dunklen Schatten darauf, der zu klein für ein gutes Ziel ist. Blitzschnell drückt Ray ab, hört den Gaul drüben aufwiehern und steilen.

      Fast gleichzeitig ist der Schrei des Mannes zu hören. Ray richtet sich auf, den Colt in beiden Händen. Der Gaul ist getroffen, geht jetzt durch.

      Schieß, denkt Ray voller Grimm, schieß nur, du Narr. Auf dem Pferd kann kein Mensch mehr zielen. Bist du jetzt im Licht, Halunke?

      »Tyler, es ist Tylerl« brüllt irgend jemand, der sich wie die anderen Leute flach auf die Straße oder den Gehsteig wirft. »Vorsicht, es ist Tyler!«

      In diesem Augenblick ist das Pferd auch schon im Lichtkreis der Laterne drüben, springt hinein und will über die Straße. Im Sattel der Mann. Vom Licht getroffen, blinkt sein Gewehr. Deutlich ist er zu erkennen.

      Du Narr, denkt Ray wütend und drückt ab. Der Colt in seiner Hand spuckt Feuer. Nicht von hinten, Mann.

      Mitten im Galopp des wie verrückt durchgehenden Pferdes fliegt der Mann nach links. Einen Augenblick scheint er an der Flanke des Pferdes hängen bleiben zu wollen. Dann kracht er mit dem Oberkörper in den Staub. Der Gaul geht durch. Der Mann hängt im Steigbügel und brüllt vor Verzweiflung, als er den Fuß nicht aus dem Bügel bekommt. Das Pferd schleift ihn mit, bis Thayer zum zweitenmal feuert.

      Aus vollem Sprung bricht das Pferd zusammen. Der Mann fliegt herum, saust flach über die Straße und bleibt in einer Staubwolke liegen, zehn Yards neben seinem Gewehr.

      Tyler liegt auf dem Rücken, den Revolverarm schlaff nach hinten gedreht und ausgekugelt.

      Ray Thayer stürmt auf ihn zu, den Colt in der Faust, bereit zu feuern, wenn Tyler nach dem Revolver greifen sollte. Doch Tyler wimmert nur in abgerissenen, krächzenden Lauten.

      Als Ray neben ihm ist und ihm den Colt aus dem Halfter reißt, hebt Tyler matt den linken Arrn.

      »Aufstehen!« befiehlt Ray. »Hoch mit dir, Tyler. Wo sind die anderen? Los, rede schon!«

      Die Mündung des Colts bohrt sich in Tylers Magen. Ray hält den hinterhältigen Schützen mit einer Hand vor sich, sieht ihn aus funkelnden Augen bohrend an.