Hitze, Matsch und Hirsekloß. Hanna Pusch

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Название Hitze, Matsch und Hirsekloß
Автор произведения Hanna Pusch
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783943362121



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dass wir hier in Kamerun sind, zeigen wir den Menschen, dass wir alle zusammengehören. Das ist für viele eine Ermutigung.“

      Ich nicke.

      „So, Ole, jetzt müssen wir uns aber beeilen“, mahnt Thomas, „Kerstin wartet schon mit dem Abendessen auf uns und du hast immer noch nicht geduscht.“

      Ich versuche mit Thomas langen Beinen Schritt zu halten, während wir eilig in Richtung Gästewohnung laufen.

      Mama hat uns gehört und öffnet die Tür: „Wie siehst du denn aus?!“, ruft sie entsetzt.

      Ich sehe an meinen dreckverkrusteten Beinen hinunter. Dann sage ich ganz harmlos: „Ich habe heute etwas Sinnvolles gemacht. Wir haben ein Haus gebaut!“

      Mama runzelt die Stirn. Thomas zieht einen rauen, gurkenförmigen Schwamm aus seiner Hosentasche und drückt ihn mir in die Hand. „Das ist ein Luffaschwamm. Die wachsen hier in der Nähe am Fluss. Vielleicht kann er dir in der Dusche etwas behilflich sein.“

      Dankbar nehme ich ihn entgegen und drücke mich hastig an Mama vorbei, um mir von Papa möglichst schnell das Badezimmer zeigen zu lassen.

      Während ich mich kurze Zeit später unter einem kalten Wasserstrahl abschrubbe, denke ich über mein Gespräch mit Thomas nach. Was würde ich wohl machen, wenn Gott mir zeigen würde, dass ich Missionar werden soll? Und wie würde er mir das wohl zeigen? Durch einen Bibelvers, durch so ein Gefühl oder noch ganz anders?

      Ohne eine Antwort auf diese Fragen zu haben, ziehe ich mich an und gehe wenig später mit Mama und Papa zum Abendessen zu Bäumlers.

      Das sind wir:

      Meine Familie

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      Familie Bäumler

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      6. Ein Schultag im Boukarou

      Ich schrecke in meinem Bett hoch. Was war das? Da, wieder so ein Knall! Ich sinke auf mein Kissen zurück. Ach, das müssen die Samen der Bäume sein, die neben unserer Wohnung wachsen. Kerstin hatte uns gestern Abend erzählt, dass sie manchmal auf das Wellblechdach fallen. Wir sollten uns dann nicht erschrecken. Nun ja, diese Warnung hat wohl nicht geholfen. Ich habe mich ganz ordentlich erschreckt!

      Ein Blick auf meine Armbanduhr verrät mir, dass es schon halb sieben ist. Da werden Jakob und Ina gleich frühstücken. Sie müssen heute nämlich in die Schule. Bei ihnen haben die Ferien noch nicht begonnen. Wenn ich jetzt wach bin, kann ich eigentlich auch mit ihnen zusammen essen. Hunger habe ich auf jeden Fall!

      Leise, damit ich Leonie nicht wecke, schlüpfe ich unter meinem Moskitonetz hervor, ziehe mein T-Shirt und eine kurze Hose an und renne zum Haus der Bäumlers. Die Haustür steht bereits offen und durch die Fliegengittertür komme ich direkt in den Flur. Ich bleibe für einen Moment stehen. In der Küche höre ich Jakob und Kerstin diskutieren. „Nein, ich gehe heute nicht in die Schule!“, ruft Jakob.

      „Ich bestehe aber darauf, dass du gehst“, erwidert Kerstin.

      „Es ist total unfair, dass Ole schon Weihnachtsferien hat und ich noch zur Schule muss. Ich will auch zu Hause bleiben. Ich will an unserem Lehmhaus weiterbauen!“

      „Ihr könnt noch den ganzen Nachmittag an eurer Hütte bauen“, sagt Kerstin bestimmt.

      Vorsichtig strecke ich den Kopf durch die Küchentür: „Guten Morgen!“

      Kerstin und Jakob gucken mich überrascht an. „Guten Morgen, Ole!“

      „Ich habe mir gedacht, dass ich vielleicht mit Jakob zusammen in die Schule gehen könnte“, sage ich auf einmal. Hatte ich mir das wirklich überlegt? Dort reden doch alle Französisch. Ich werde überhaupt nichts verstehen. Kerstin sieht mich skeptisch an. Aber Jakob ruft schon: „Jaaa! Das ist eine supergeniale Idee! Du bist echt ein richtiger Freund, Ole!“

      Ich merke, dass ich ein bisschen rot werde und wundere mich selber über meine Idee. Kerstin zögert noch einen Moment, aber dann scheint sie einverstanden zu sein: „Na, dann geht mal frühstücken und seht zu, dass ihr fertig werdet. Ich rufe die Direktorin an und warne sie schon einmal vor, dass heute ein Schüler mehr da sein wird!“

      Kurze Zeit später sitzen Jakob, Ina und ich im Auto. Ein Mitarbeiter der Missionsstation bringt uns zur Schule. Dort angekommen, muss ich mich zuerst einmal über das sonderbare Schulgebäude wundern. Es ist nämlich nicht nur ein Gebäude, sondern es sind ganz viele. Die meisten davon sind rund und erinnern mit ihrem spitzen Dach an die afrikanischen Lehmhütten. Jakob und Ina nennen sie „Boukarou“.

      „Schau, da vorne ist unser Boukarou“, zeigt Jakob mir. „Jeder Boukarou ist ein eigenes Klassenzimmer.“

      Als wir Jakobs Klassenzimmer betreten, wundere ich mich schon wieder. Auf der einen Seite stehen fünf Tische und Stühle, die nach links zu einer Tafel zeigen und auf der anderen Seite stehen drei Tische und Stühle die nach rechts zu einer Tafel zeigen. Jakob erklärt: „Guck, das hier ist meine Klasse und da drüben ist die von Ina.“

      „Ihr seid beide im selben Klassenzimmer?“, frage ich.

      „Ja, wir werden auch von derselben Lehrerin unterrichtet. Unsere Klassen sind so klein, dass sie uns in manchen Fächern alle gemeinsam unterrichtet. Das ist super. Sonst wäre es in meiner Klasse mit nur zwei Schulkameraden ziemlich langweilig.“

      Da betritt eine Afrikanerin den Raum. Sie trägt eine Bluse und enge Jeans. Ihre glatten schwarzen Haare hat sie zu einem Zopf geflochten. Das muss die Lehrerin sein. Sie kommt auf mich zu, gibt mir freundlich die Hand und redet mit Jakob auf Französisch. Ich glaube, er stellt mich vor und erzählt, warum ich da bin. Für einen Moment frage ich mich, ob sie mich vielleicht wieder nach Hause schicken wird. Aber dafür sieht sie dann doch zu nett aus.

      „Sie sagt, dass du bleiben kannst. Sie wird noch einen Tisch für dich holen und dann kannst du neben mir sitzen“, strahlt Jakob. Genial! Das wäre also geschafft.

      Wir rennen mit Ina zusammen nach draußen. Etwas weiter weg spielen ein paar Kinder Fußball. Als wir sie fast erreicht haben, ruft Jakob einem Jungen etwas zu. Dieser unterbricht sein Spiel und kommt zu uns her gelaufen. Leise sagt Jakob zu ihm auf Deutsch: „He Hamid, das hier ist Ole. Er darf heute bei uns in der Schule dabei sein!“ Hamid gibt mir die Hand. „Cool! Jakob hat mir schon viel von dir erzählt.“

      Ich starre Hamid an. Seine Haut ist fast so dunkel wie die eines Afrikaners und er hat krause schwarze Haare. Aber er redet so gut Deutsch wie Jakob und ich. „Woher kannst du denn Deutsch?“, frage ich erstaunt.

      Hamid lacht und seine weißen Zähne blitzen. „Meine Mama ist Deutsche und mein Papa Kameruner. Wir haben bis vor kurzem noch in München gewohnt.“

      Auf einmal legt Jakob den Finger auf den Mund. Wir sehen uns um und hinter uns läuft ein streng aussehender Lehrer vorbei. Jakob flüstert: „Wir dürfen eigentlich kein Deutsch in der Schule reden!“

      Noch bevor ich fragen kann warum, rennen Jakob und Hamid in Richtung Fußballplatz.

      Leider ertönt schon kurz darauf die Schulglocke. Die Lehrerin wartet vor dem Boukarou auf uns. Wir stellen uns der Größe nach in eine Reihe und gehen nacheinander ins Klassenzimmer. In der ersten Stunde steht Mathe auf dem Stundenplan. Die Lehrerin verteilt Zettel, auf denen Rechenaufgaben stehen und erklärt dann etwas an der Tafel. Als Jakob, Hamid und ihre Klassenkameradin sich über die Blätter beugen und versuchen, die Aufgaben zu lösen, geht sie hinüber zu Inas Klasse und macht dort mit dem Unterricht weiter. Über mir brummt die Klimaanlage. Sie pustet schöne kühle Luft in den Raum. Ich sehe mir ebenfalls die Aufgaben auf dem Zettel an und versuche auch ein bisschen zu rechnen.

      In der zweiten Stunde ist Französisch dran. Ein kleines bisschen langweile ich mich schon, aber die Lehrerin hat mir ein paar Geduldspiele gegeben, mit denen ich mich beschäftigen kann. Dann ist endlich