Der Bildschnitzer von Würzburg (Historischer Roman). August Sperl

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Название Der Bildschnitzer von Würzburg (Historischer Roman)
Автор произведения August Sperl
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075831422



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       August Sperl

      Der Bildschnitzer von Würzburg (Historischer Roman)

      Die Zeit des Bauernkriegs - Der Aufstand der Würzburger Bürger

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       [email protected]

      2017 OK Publishing

      ISBN 978-80-7583-142-2

       I.

       II.

       III.

       IV.

       V.

       VI.

       VII.

       VIII.

       IX.

       X.

       XI.

       XII.

       XIII.

       XIV.

       XV.

       XVI.

       XVII.

      I.

       Inhaltsverzeichnis

      Auf die schneebedeckten Giebel Würzburgs fielen schrägher die roten Strahlen der abendlichen Februarsonne, und in der engen Gasse beim alten Hof zum Wolfmannszichlein war es dämmerig genug.

      Tilmann Riemenschneider, weitberühmter Bildhauer und Ratsherr, saß am plumpen Tische mitten in der großen, niedrigen Wohnstube, die er nach dem Tode seiner zweiten Frau im oberen Stockwerk bezogen hatte.

      Kaltes Licht stand vor den vielen, kleinen Scheiben des breiten Fensters, in dessen tiefer Nische, zurückgelehnt in einen Ohrenstuhl, mit verschränkten Armen ein Mädchen saß und den seinen Kopf neugierig zur Türe gerichtet hatte.

      Dort an der Türe stand ein junger Mönch im weißen Habit der Zisterzienser. Er trug das Haupt gesenkt, wie sich's geziemte, aber immer wieder hob er von unten herauf die Augen und richtete sie ehrfürchtig aus den Meister.

      Zum zweiten Male hatte dieser aus den leeren Stuhl gewiesen, der neben ihm stand. Aber mit ungeheuchelter Demut lispelte nun der Mönch, es wollte ihm nicht geziemen, zu sitzen, wo allsogleich sein gnädigster Bischof sitzen werde neben dem Meister.

      Herr Tilmann lächelte ein wenig, strich über den angegrauten, kurzen Vollbart und sagte mit behaglichem Spott: »Sitzen? Hohe Herren pflegen sich nicht zu setzen, wenn sie zu unsereinem herabsteigen.«

      Der Mönch kreuzte die Arme über der Brust, verneigte sich und sagte: »Ich habe meinen Auftrag erfüllt.« Er sprach den frommen Gruß und erhielt vom Tische und von der Fensternische her die formelhafte Antwort. Dann ging er rückwärts zur Tür und griff nach der Klinke. Aber plötzlich reckte er die schlanke Gestalt zur vollen Höhe, faltete die Hände, hob die Augen zur Decke und sagte mit lauter, vor Erregung zitternder Stimme: »In der Kirche meines Vaters, die mein Ahnherr gebaut hat, steht ein Altar von Eurer Hand, Meister, und aus ihm, von Engeln umgeben, eine Statua der gen Himmel auffahrenden Mutter des Herrn. Immer wieder knien harte Männer zerknirscht vor dem Bilde der Reinheit, und die Weiber im Stande der Hoffnung schauen zu dem Werk Eurer Hände empor, bringen Euch zum Dank, was sie in Sünden empfangen haben, zur Welt, und mit Staunen erkennen wir die Züge der Himmlischen nachgebildet in irdischen Gesichtern. Ich aber gedenke eines Knaben, der einst aus den Stufen jenes Altares gelegen ist und sich der Mutter Gottes gelobt hat für Zeit und Ewigkeit.«

      Die Rede des Mönches sank zu einem demütigen Gemurmel herab: »Vergebt mir, Meister, ich bin fremd in dieser Stadt und habe Euch heute zum ersten Male von Angesicht zu Angesicht gesehen.«

      Fast unhörbar ging er aus der Türe. –

      Tilmann Riemenschneider, der weitberühmte Bildhauer, stand regungslos und hatte die Augen mit der Hand bedeckt.

      In der tiefen Dämmerung trat jetzt das Mädchen neben den Meister, zog die Hand von seinen Augen und küßte die kunstfertigen Finger ehrfürchtig. »Ich sollte meinen, so etwas müßte Euch doch immer wieder freuen, Herr Pate?«

      Ihre tiefe Stimme klang wie Glockenton durch das Gemach.

      Ein Schauer ging über die Gestalt des Meisters. Liebreich, mit leiser Hand strich er über ihr Haar: »Bring Licht, meine Bille!«

      Sie ging, und draußen knarrte die Treppe. Dann ertönte ein halb unterdrücktes Kreischen, und gleich daraus trat eine schlanke Gestalt in die Stube.

      »Wie war mir denn, hat nicht jemand gerufen?« fragte der Meister, der sich wieder am Tische niedergelassen hatte.

      »Schreckhafte Weiber,« antwortete eine weiche, wohllautende Männerstimme. »Es wird die Bille gewesen sein, ich bin im Finstern an so 'was angestreift.« Und unbekümmert ging der Geselle in die Fensternische, nahm die Laute von der Wand, setzte sich, wo vorher das Mädchen gesessen war, und griff ein paar Akkorde.

      »Bermeter,« sagte der Mann am Tisch, »Ihr könnt nicht bleiben. Seine Gnaden der Bischof wird sogleich hier sein.«

      »Weiß ich,« sagte der andere und begann ein Schelmenlied zu spielen. »Eure Schnur purzelt da drunten im Eifer über die eigenen Beine; schade, daß sie keine Zeit hat, Kränze zu winden. Alle Wandkerzen im Hausfletz und die Stiege herauf sind angesteckt, nur da herinnen ist's dunkel.«

      »Ich dachte, Ihr seid im Finstern heraufgekommen?«

      »Gewiß!« antwortete die sorglose Stimme aus der Fensternische, und die Melodie tönte leise weiter. »Die Kerzen wurden hinter mir angesteckt. Hinter mir Licht und vor mir Nacht.« Ein leises, häßliches Lachen klang aus der Nische. Rascher fuhren die Finger über die Laute. Die Saiten gellten. Eine wilde Melodie verschlang die gemurmelten Worte: »Meist allerdings hinter mir Nacht und vor mir Nacht.«

      Die Türe wurde aufgerissen, und mit einem dreiarmigen Leuchter in der hocherhobenen Rechten stand Bille aus der Schwelle. »Herr Pate, Seine Gnaden der Bischof!«

      Eilig ging der Meister die knarrenden Treppen hinunter, dem Gaste entgegen. –

      Die Vermutung Tilmanns war richtig gewesen: Herr Konrad, Bischof zu Würzburg und Herzog in Franken, hatte den