Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Название Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper
Автор произведения James Fenimore Cooper
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027209774



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      »Sie haben eine zweite, nicht minder liebenswürdige Tochter!«

      »Alice!« rief der Vater, ebenso überrascht, als es Duncan gewesen war, als er den Namen der Schwestern wiederholt hatte.

      »Sie war der Gegenstand meiner Wünsche, Sir.«

      Der junge Mann erwartete schweigend das Resultat der außerordentlichen Bewegung, die eine, wie sich jetzt zeigte, so unerwartete Mittheilung hervorgebracht hatte. Mehrere Minuten lang ging Munro mit großen und raschen Schritten im Zimmer auf und nieder; seine Gesichtsmuskeln arbeiteten krampfhaft, und jede andere Geistesthätigkeit schien in seinem tiefen Nachdenken zu schlummern. Endlich blieb er vor Heyward stehen, heftete seine Augen fest auf ihn und sprach, indem seine Lippe heftig zitterte:

      »Duncan, Heyward, ich habe Sie wegen des Mannes geliebt, dessen Blut in Ihren Adern fließt, ich habe Sie um Ihrer eigenen guten Eigenschaften willen geliebt und habe Sie geliebt, weil ich dachte, Sie würden mein Kind glücklich machen. Aber alle diese Liebe würde sich in Haß verwandeln, wüßte ich, daß das, was ich fürchte, wahr ist.«

      »Gott wolle verhüten, daß ich das Geringste thun oder denken sollte, was einen solchen Wechsel herbeiführen könnte!« rief der junge Mann, dessen Auge unter dem durchdringenden Blicke, der ihn traf, nicht wankte. Ohne daran zu denken, daß Heyward zu fassen unvermögend war, was in seinem Innern vorging, schien Munro durch den unverändert ruhigen Blick besänftigt, dem er begegnete, und fuhr in milderem Tone fort:

      »Sie wollen mein Sohn werden, Duncan, und kennen die Geschichte dessen nicht, den Sie Vater zu nennen wünschen. Setzen Sie sich, junger Mann, und ich will Ihnen mit wenigen Worten ein Herz öffnen, dessen Wunden noch nicht vernarbt sind.«

      Montcalm’s Botschaft war jetzt sowohl von dem, der sie überbringen, als auch von dem, der sie anhören sollte, vollkommen vergessen. Jeder nahm einen Sitz, und während der Veteran einige Augenblicke mit seinen eigenen Gedanken verkehrte, scheinbar bekümmert, unterdrückte der junge Mann seine Ungeduld und suchte in Blick und Geberden achtungsvolle Aufmerksamkeit zu legen.

      »Sie wissen bereits, Major Heyward, daß meine Familie alt und ehrenvoll ist,« begann der Schottländer, »obgleich sie mit Glücksgütern nicht so begünstigt war, wie es ihrem Adel gebührt hätte. Ich war ungefähr in Ihrem Alter, als ich mich Alice Graham mit Herz und Mund verpflichtete; sie war das einzige Kind eines benachbarten Lairds, nicht ohne Vermögen. Allein ihr Vater war nicht für die Verbindung, weil außer meiner Armuth noch Mehreres seinen Wünschen entgegen war. Ich that daher, was jeder Mann von Ehre gethan hätte, ich gab dem Mädchen sein Wort zurück und verließ das Land im Dienste meines Königs. Ich hatte schon viele Länder gesehen, schon an vielen Orten mein Blut vergossen, als mich mein Dienst nach den westindischen Inseln rief. Hier wollte mein Schicksal, daß ich mit einem Mädchen bekannt ward, die bald mein Weib und Coras Mutter wurde. Sie war die Tochter eines Mannes von Stand auf jenen Inseln, dessen Gattin das Unglück hatte, wenn Sie so wollen, in einem entfernten Grade von jener unglücklichen Menschenrasse abzustammen,« sprach der alte Mann stolz, »die zu so schändlicher Sklaverei verurtheilt ist, um den Bedürfnissen eines üppigen Volkes zu fröhnen. Ja, Sir, das ist ein Fluch, den Schottland seiner so unnatürlichen Verbindung mit einem fremden Handelsvolke zu danken hat. Aber würde ich unter diesem Einen finden, der sich geringschätzig über mein Kind äußerte, der sollte das volle Gewicht meines väterlichen Zorns empfinden! Doch! Major Heyward, Sie selbst sind im Süden geboren, wo diese unglücklichen Geschöpfe als eine niedrigere Menschenklasse betrachtet werden.«

      »Das ist unglücklicher Weise nur zu wahr, Sir,« sprach Duncan, so verlegen, daß er seine Augen zu Boden zu senken gezwungen war.

      »Und Sie werfen deshalb einen Tadel auf mein Kind? Sie verschmähen es, das Blut der Heyward mit dem Blute eines so verachteten, wenn auch noch so liebenswürdigen und tugendhaften Mädchens zu vermischen?« fragte der mißtrauische Vater.

      »Der Himmel behüte mich vor einem Vorurtheil, das meiner Vernunft so unwürdig wäre!« erwiederte Duncan, wiewohl er sich sagen mußte, daß wirklich ein solches Vorurtheil so tief in ihm wurzelte, als ob es seiner Natur eingepflanzt worden wäre. »Die Anmuth, die Schönheit, der Zauber Ihrer jüngern Tochter, Obrist Munro, werden meine Beweggründe hinlänglich erklären, ohne mich einer solchen Ungerechtigkeit schuldig erscheinen zu lassen.«

      »Sie haben Recht, Sir,« versetzte der alte Mann, der wieder in den Ton der Güte oder vielmehr Sanftmuth überging; »das Mädchen ist das Bild ihrer Mutter in jenem Alter, bevor sie noch den Gram hatte kennen lernen. Als mich der Tod meines Weibes beraubte, kehrte ich, durch diese Heirath reicher geworden, nach Schottland zurück, und werden Sie es glauben, Duncan! der leidende Engel war zwanzig lange Jahre in dem herzlosen Zustand der Ehelosigkeit verblieben, und zwar wegen eines Mannes, der sie vergessen konnte! Sie that noch mehr, Sir; sie vergab mir meine Treulosigkeit, und da alle Schwierigkeiten nun beseitigt waren, nahm sie mich zu ihrem Gatten.«

      »Und wurde Alicens Mutter?« rief Duncan mit einer Heftigkeit, die verderblich hätte werden können, wäre nicht Munro in diesem Augenblicke so tief in seine schmerzlichen Erinnerungen versunken gewesen.

      »Ja,« antwortete der alle Mann, »und theuer bezahlte sie das kostbare Geschenk, das sie mir hinterließ. Doch sie ist eine Heilige im Himmel, Sir; und nicht ziemt es einem Manne, der mit einem Fuß schon in dem Grabe steht, ein so wünschenswerthes Loos zu beklagen. Ich besaß sie blos ein Jahr, ein kurzes Glück für ein Weib, das ihre Jugend in hoffnungsloser Sehnsucht hatte dahinschwinden sehen.« Es lag in dem Kummer des alten Mannes etwas so Ueberwältigendes, daß Heyward kein Wort des Trostes an ihn zu richten wagte. Munro schien Duncans Gegenwart völlig vergessen zu haben, seine Züge kämpften gegen den Schmerz seiner Empfindungen, während schwere Thränen seinen Augen entquollen und über seine Wangen rollten. Endlich rührte er sich, als sey er plötzlich wieder zu Besinnung gelangt; er stand auf, ging ein Mal durch das Zimmer, und trat dann mit einem Ausdrucke kriegerischer Größe vor Heyward, mit der Frage:

      »Haben Sie mir keine Botschaft von dem Marquis von Montcalm zu überbringen, Major Heyward?«

      Duncan fuhr auf und begann sogleich mit verlegener Stimme des halbvergessenen Antrags sich zu entledigen. Es ist unnöthig, bei der gewandten, wenn gleich höflichen Art zu verweilen, womit der französische General jedem Versuche Heywards ausgewichen war, ihn über den Inhalt der Mittheilung, die er hatte machen wollen, auszuholen; oder bei der Botschaft, durch welche er seinem Feinde in artigen, aber bündigen Worten bedeuten ließ, daß er selbst kommen und die Erklärung holen, oder darauf verzichten möge. Während Munro die Einzelnheiten des Berichtes anhörte, wich das aufgeregte Vatergefühl allmählig den Rücksichten für seine Dienstpflicht; und als Duncan zu Ende war, erblickte er nur noch den Veteranen, dessen Ehre als Soldat gekränkt worden war.

      »Sie haben genug gesagt, Major Heyward!« rief der erzürnte Alte; »genug, um einen Kommentar über französische Höflichkeit zu schreiben. Da ladet mich der Herr zu einer Zusammenkunft ein, und wie ich ihm statt meiner in Ihnen einen tüchtigen Stellvertreter schicke, denn das sind Sie, Duncan, so jung Sie auch noch sind, so antwortet er mir in einem Räthsel.«

      »Er hatte vielleicht eine minder günstige Meinung von dem Stellvertreter, mein theuerster Herr! und Sie werden sich erinnern, daß die Einladung, die er nun wiederholt, an den Kommandanten des Forts und nicht an einen Untergebenen geht.«

      »Recht, Sir! ist aber nicht der Stellvertreter mit aller Gewalt und Würde desjenigen bekleidet, der ihm den Auftrag gibt? Er wünscht mit Munro zu sprechen! Meiner Treu, Sir, ich habe große Lust, ihm die Unterredung zu gewähren, und sollt’ es nur seyn, ihm zu zeigen, wie fest wir ihm trotz der Zahl seiner Truppen und seinen Uebergabevorschlägen ins Auge sehen, ‘s wäre vielleicht keine üble Politik, junger Mann.«

      Duncan, welcher es für höchst wichtig hielt, möglichst bald den Inhalt des von dem Kundschafter überbrachten Briefs zu erfahren, unterstützte ihn gerne dann, indem er sagte:

      »Ohne Zweifel wird unsre Gleichgültigkeit seine Zuversicht herabstimmen.«

      »Nie haben Sie wahrer gesprochen. Ich wollte, Sir, er käme, und beschaute sich unsere Werke