Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Название Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper
Автор произведения James Fenimore Cooper
Жанр Книги для детей: прочее
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Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027209774



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mit lauernden Feindeshaufen angefüllt waren, und daß selbst eine Schlange sich nicht ungesehen durchschleichen konnte? Verlor er da nicht den Pfad, um die Augen der Huronen zu täuschen? Gab er nicht vor, daß er zu seinem Stamme, der ihn so sehr mißhandelt und wie einen Hund von seinen Wigwams vertrieben hatte, zurückkehren wolle? Und als wir seine Absicht erkannten, standen wir ihm nicht bei, indem wir ein falsches Gesicht machen, um die Huronen auf die Meinung zu bringen, der weiße Mann glaube, daß sein Freund sein Feind geworden sey? Ist nicht alles dies wahr? Und als le Subtil durch seine Weisheit die Augen seiner Nation verschlossen und ihre Ohren verstopft hatte, vergaßen sie nicht, daß sie ihm einst Uebles gethan und ihn gezwungen hatten, zu den Mohawks zu fliehen? Ließen sie ihn nicht auf der Südseite des Flusses mit ihren Gefangenen, während sie thörichter Weise nach dem Norden gingen? Gedenkt er jetzt nicht, wie ein Fuchs seine Schritte rückwärts zu wenden, um dem reichen, grauköpfigen Schotten seine Töchter wieder zuzuführen? Ja, Magua, ich sehe jetzt Alles und habe schon darüber nachgedacht, wie so viele Weisheit und Ehrlichkeit zu belohnen seyn wird. Erstlich wird der Befehlshaber von William Henry ihn für einen solchen Dienst belohnen, wie es eines so großen Hauptes würdig ist. Magua’s Medaille wird nicht länger von Zinn, sondern von geschlagenem Golde seyn; sein Horn wird Pulvers die Fülle haben; Dollars wird er so viel in seiner Tasche tragen, als Kiesel am Horican sind, und das Wild des Waldes wird ihm die Hand lecken, denn es wird wissen, daß es vergeblich vor der Büchse flieht, die er führen wird. Was mich betrifft, so weiß ich nicht, wie ich den Schotten an Dankbarkeit übertreffen soll: aber ich – ja ich will –«

      »Was will der junge Häuptling, der vom Aufgang der Sonne kommt, geben?« fragte der Hurone, als er bemerkte, daß Heyward gerade da ins Stocken gerieth, wo er bei der Aufzählung seiner Geschenke mit der Gabe enden wollte, die für einen Indianer das Ziel der höchsten Wünsche bilden mochte,

      »Er will das Feuerwasser von den Inseln des Salzsees vor Magua’s Wigwam schneller fließen lassen, als der brausende Hudson strömt, bis das Herz des Indianers leichter wird, als die Feder eines Kolibri, und sein Athem süßer, als der Geruch des wilden Geisblattes.«

      Le Renard hatte Heywards schlauer Rede mit tiefem Stillschweigen zugehört. Als der junge Mann von dem Kunstgriffe sprach, womit der Indianer seine eigene Nation hintergangen haben sollte, nahm die Miene des Zuhörers den Ausdruck vorsichtigen Ernstes an. Bei der Anspielung auf das Unrecht, das, wie Duncan sich den Schein gab anzunehmen, den Huronen aus seinem heimatlichen Stamme vertrieben hatte, leuchtete aus des Andern Auge ein Strahl so unbezähmbarer Wildheit, daß der verwegene Sprecher glaubte, die rechte Saite angeschlagen zu haben. Wie er aber auf die Stelle kam, wo er den Durst nach Rache durch das Motiv der Gewinnsucht so listig zu verdrängen suchte, ward ihm die gespannteste Aufmerksamkeit zu Theil. Le Renard hatte seine Frage ruhig und mit aller Würde eines Indianers gestellt. Aus der nachdenklichen Miene des Zuhörers war ersichtlich, daß die Gegenrede auf das schlaueste angelegt war. Der Hurone besann sich einige Augenblicke, legte dann seine Hand auf den rohen Verband seiner verwundeten Schulter und fragte mit einigem Nachdruck:

      »Machen Freunde solche Zeichen?«

      »Würde la longue Carabine einen Feind so leicht abfertigen?«

      »Kriechen die Delawaren gegen diejenigen, welche sie lieben, gleich Schlangen daher, und winden sich, um sie zu stechen?«

      »Würde le gros Serpent sich von Ohren hören lassen, von denen er wünschte, daß sie taub wären?«

      »Schießt der weiße Häuptling sein Pulver seinen Brüdern in’s Gesicht?«

      »Verfehlt er je sein Ziel, wenn er ernstlich gemeint ist zu tödten?« fragte Duncan, mit einem Ausdrucke wohl angenommener Geradheit lächelnd.

      Eine wiederholte lange Pause des Nachdenkens folgte diesen klugen Fragen und schnellen Antworten. Duncan sah, daß der Indianer unschlüßig war. Um seinen Sieg zu vollenden, wollte er die Belohnungen wieder aufzählen, als Magua mit einer ausdrucksvollen Geberde sprach:

      »Genug, le Renard ist ein weiser Häuptling, und was er thut, wird sich zeigen. Geh und halte den Mund geschlossen. Wenn Magua spricht, wird’s Zeit zur Antwort seyn.«

      Als Heyward bemerkte, daß sich seine Augen unruhig auf den Rest der Gesellschaft richteten, wich er alsbald zurück, um den Anschein eines verdächtigen Einverständnisses mit ihrem Führer zu vermeiden. Magua trat auf die Pferde zu und that, als ob er mit der Sorgfalt und dem Geschick seiner Kameraden wohl zufrieden wäre. Er winkte jetzt Heyward, den Schwestern in den Sattel zu helfen, denn selten ließ er sich herab, der englischen Sprache sich zu bedienen, wenn nicht eine mehr denn gewöhnliche Veranlassung ihn dazu nöthigte.

      Jetzt war kein weiterer Vorwand zum Aufschub abzusehen, und Duncan sah sich genöthigt, wenn auch ungern, zu willfahren. Während seiner Dienstleistung flüsterte er jedoch seine wiedergewonnenen Hoffnungen den zitternden Mädchen zu, welche, aus Furcht den wilden Blicken ihrer Sieger zu begegnen, selten ihre Augen aufschlugen. Da die Stute Davids von den Begleitern des Häuptlings in Beschlag genommen war, so mußte ihr Eigenthümer, wie Duncan, zu Fuße gehen. Letzterer bedauerte jedoch diesen Umstand nicht, da ihm so vielleicht möglich wurde, die Eile der Reise zu vermindern; denn immer noch wandte er sehnsüchtige Blicke nach der Gegend von Fort Edward hin, in der eiteln Erwartung, von diesem Theile des Waldes her in irgend einem Laute ein Zeichen nahender Hülfe zu entdecken. Als Alles bereit war, gab Magua das Zeichen zum Aufbruch, indem er selbst als Führer an die Spitze des Zuges trat. Nächst ihm folgte David, welcher anfing, sich seiner mißlichen Lage bewußt zu werden, da die Wirkungen seiner Wunde immer mehr verschwanden. Die Schwestern ritten hinter ihm, neben diesen ging Heyward, während die Indianer die Seiten deckten und den Zug in gewohnter unermüdlicher Wachsamkeit schlossen.

      So zogen sie in ununterbrochenem Stillschweigen fort; nur hin und wieder richtete Heyward einige Worte des Trostes an die Schwestern, oder machte David seinem Kummer durch fromme Ausrufungen Luft, womit er seine demüthige Ergebung ausdrücken wollte. Ihr Weg ging nach Süden, der Richtung von William Henry beinahe entgegen gesetzt. Obgleich Magua der ursprünglichen Entschließung der Sieger treu zu bleiben schien, so konnte Heyward doch nicht glauben, daß seine lockenden Anerbietungen so bald vergessen worden seyn sollten: er kannte die Krümmungen eines Indianerpfads zu gut, um nicht anzunehmen, daß hier, wo kluge List vor Allem nöthig war, auch diese scheinbar genommene Richtung am Ende doch noch zum Ziele führe. Meile auf Meile wurde in diesen endlosen Wäldern zurückgelegt, und noch war kein Ende ihrer Reise abzusehen. Heyward hatte immer die Sonne im Auge, wie sie ihre Mittagsstrahlen durch die Aeste der Bäume schoß, und sehnte sich nach dem Augenblick, wo Magua’s Politik ihrem Zug eine seinen Hoffnungen günstigere Richtung geben würde. Oft bildete er sich ein, der listige Wilde wende, weil er nicht hoffen dürfte, Montcalms Heer zu umgehen, den Zug nach einer wohlbekannten Pflanzung an der Grenze, wo ein ausgezeichneter Offizier der Krone und beliebter Freund der sechs Nationen große Besitzungen hatte und sich gewöhnlich aufhielt. In die Hände Sir William Johnson´s überantwortet zu werden, war freilich einer Reise in die Wildnisse Canadas bei weitem vorzuziehen; aber selbst um das Erstere auszuführen, mußte noch manche ermüdende Meile im Walde zurückgelegt werden, und jeder Schritt entfernte ihn weiter vom Schauplatz des Kriegs, und folglich von einem Posten, auf den ihn Pflicht und Ehre riefen.

      Cora allein erinnerte sich an die Weisungen des scheidenden Kundschafters, und so oft sich Gelegenheit bot, reckte sie ihre Hand aus, um Zweige, die ihr in den Weg kamen, zu zerknicken. Aber die Wachsamkeit der Indianer machte diese Vorsichtsmaßregeln nicht nur schwierig, sondern auch gefährlich. Oft wurde sie in ihrem Vorhaben gestört, wenn sie den wachsamen Augen der Wilden begegnete, wo sie dann eine nichtempfundene Unruhe heucheln und der Bewegung ihres Armes einen Grund weiblicher Aengstlichkeit unterzulegen bemüht seyn mußte. Nur einmal war sie ganz glücklich, als sie den Zweig eines großen Sumachbaumes abbrach und ihr plötzlich der Einfall kam, einen ihrer Handschuhe fallen zu lassen. Dieses Zeichen, das den Nachfolgenden einen Wink geben sollte, ward jedoch von einem ihrer Führer belauscht; er gab ihr den Handschuh zurück, zerbrach die übrigen Zweige umher, um den Schein hervorzubringen, als sey ein Wild dort durchgebrochen, und legte dann seine Hand mit einem so bedeutungsvollen Blicke auf den Tomahawk, daß er diesen verhohlenen Merkmalen ihres Zuges für immer ein Ende machte. Da sich überdies bei beiden Banden Pferde