Der Schreiberling. Patrick J. Grieser

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Название Der Schreiberling
Автор произведения Patrick J. Grieser
Жанр Языкознание
Серия Der Primus
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783947816040



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bei uns als Viehtreiber anheuern.«

      »Kein ungefährlicher Job«, erwiderte der Pawnee ernst. »Wir haben McAllister und seine Jungs keine zwanzig Meilen von der Blue-Lodge-Ranch gefunden.«

      Slaters Gesicht verfinsterte sich, als er den Namen hörte.

      »Desmond Pickett?«

      Der Indianer nickte. »Er hat sie mit Klaviersaiten an einem Baum aufgeknüpft.«

      »Dieses kranke Schwein!«

      »Du solltest endlich gegen Pickett vorgehen. Wie lange sollen wir uns das noch gefallen lassen?«

      »Warum macht dieser Pickett so etwas Widerliches?«, hakte der Cowboy nach.

      Es fiel Slater sichtlich schwer, sich wieder zu beruhigen. Er atmete tief durch, dann sprach er mit belegter Stimme: »In der Gegend um Cheops gibt es zwei Großfamilien: die Picketts und die Slaters. Unsere Väter waren Rancher. Es kam damals zum Streit, als die Picketts einen Zaun errichten ließen, der über unser Land führte, weil sie Angst hatten, dass Viehdiebe den Weg nutzen würden, um sich mit ihren Rindern davonzumachen. Mein Vater war ein stolzer Mann und sah dies als unglaublichen Affront an. Ein Zaun durch unser Land! Eine Frechheit. Er rieß ihn dann eigenhändig mit seinen Männern nieder. Seit dieser Zeit sind unsere Familien verfeindet. Die Picketts werfen uns vor, dass wir mit Viehdieben kooperieren und ihre Rinder stehlen.«

      Der Cowboy ließ sich von Stella Slater eine weitere Tasse Kaffee einschenken. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Mann wie Sie mit Viehdieben zusammenarbeitet«, meinte er und schüttelte den Kopf.

      »Wir sind ehrliche Leute!«, antwortete Slater stolz. »Nach dem Bürgerkrieg haben sich die Rinder in den Tälern wie Unkraut vermehrt. Sie tragen kein Brandzeichen und gehören dem, der sie als Erstes findet! Doch die Picketts beanspruchen diese Rinder für sich.«

      »Da hat wohl noch jemand anderes das große Geld gewittert!«

      »Desmond Pickett geht es nicht darum, irgendwelche Rinder in die Verladebahnhöfe zu bringen. Ihn interessieren die Rinder überhaupt nicht.«

      »Aber warum lässt er dann die Maverickjäger aufknüpfen?«

      »Weil er keine Siedler auf dem Regierungsland möchte. Wenn die Rinder erst einmal weg sind, dann werden die Siedler kommen und die Prärie für sich beanspruchen.«

      »Und was sollte daran schlimm sein?«

      »Desmond Pickett hat sich hier in der Gegend sein eigenes Königreich geschaffen. Es gilt das Gesetz von Pickett! Wenn die Siedler, Goldsucher und Händler hier eintreffen, dann ist es mit seiner Herrschaft bald vorbei.«

      »Aha, verstehe!«

      Slater richtete das Wort an Morgan Elroy: »Wegen Pickett muss ich mir etwas einfallen lassen. Lass uns später darüber reden. Nimm diesen Gentleman mit auf die Weide und zeig ihm, was es heißt, ein Maverickjäger zu sein!«

      »Ich kann es kaum erwarten«, sagte der Cowboy und erhob sich grinsend von seinem Stuhl.

      »Ich werde dich brechen und aus den Scherben einen neuen Mann zusammensetzen«, meinte der Pawnee mit ausdrucksloser Miene und verließ ohne ein weiteres Wort das Esszimmer.

      »Ich sehe, wir werden die allerbesten Kumpels«, sagte der Cowboy lakonisch und folgte Morgan Elroy nach draußen.

      Katerina vermied es, ihren nackten Körper dem direkten Sonnenlicht auszusetzen. Durch ihre Gefangenschaft hatte ihre Haut einen sehr hellen Farbton angenommen; die lodernde Mittagssonne würde heftige Brandblasen auf ihrer Haut hinterlassen. Sie war nackt und um ihren Hals baumelte eine eiserne Kette. Einer von Desmonds Männern hielt das Ende der Kette in der Hand und führte sie wie einen Hund Gassi. Es war eine weitere Demütigung von Pickett. Obwohl Katerina eine wunderschöne Frau war, schenkte ihr der Mann keinen Blick. Pickett hatte ihm nach einer durchzechten Nacht den kompletten Hodensack mit einem glühenden Messer abgeschnitten. Als Mann war Terry Quade nun nicht mehr an Frauen interessiert. Seine sexuellen Triebe waren ihm von Pickett genommen worden.

      Die anderen Männer auf der Ranch vermieden es ebenfalls, Blickkontakt mit der Gefangenen aufzunehmen. Nicht weil Pickett ihnen die Männlichkeit geraubt hatte, sondern weil Pickett die junge Frau als sein persönliches Eigentum betrachtete und mit keinem Mann teilen würde. Der kleinste gierige Blick konnte mit einer stundenlangen Folter oder einer Kugel im Kopf enden.

      Katerina hatte an diesem Morgen ein Bad im Haupthaus der Three-Pearls-Ranch nehmen dürfen. Sie hätte stundenlang im Wasser verweilen können. Der Ekel und die Scham darüber, was Pickett ihr angetan hatte, waren so groß, dass sie diese Schande niemals wirklich würde abwaschen können. Katerina würde das nie öffentlich zeigen, denn sie war eine stolze Frau. Ihre Mutter aus St. Petersburg hatte ihr schon früh beigebracht, dass Gefühle ein Zeichen von Schwäche sind. Trotzdem gelang es Pickett immer wieder, sie rasend zu machen. Ihr Blick glitt zu einem der Männer, die am Zaun der Ranch Wache schoben. Das Gewehr des Mannes blitzte im Sonnenschein mehrere Male auf, wenn das Licht auf die Büchse fiel.

      Wenn ich doch nur dieses Gewehr hätte, dachte sie sehnsuchtsvoll. Sie malte sich vor ihrem geistigen Auge aus, wie sie Pickett den Lauf der Waffe ins Maul rammen und dann abdrücken würde, wie die Hitze des Schusses das Fleisch seiner Backen zerschmelzen und seinen kompletten Hinterkopf in ein unförmiges Etwas verwandeln würde.

      Terry Quade zog an der Kette des eisernen Halsbandes. »Los, lass uns weitergehen!« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schleifte er sie mit. Wie ein Hund musste sie ihm folgen. In diesem Moment hätte sie diesem eierlosen Bastard am liebsten ein Messer in den Rücken gerammt.

      Die Luft hier draußen ist so klar – viel besser als in dem feuchten nach Exkrementen stinkenden Loch im Weinkeller des Haupthauses, dachte sie. Desmond Pickett hatte ihr versprochen, dass sie, wenn sie sich ihm freiwillig hingeben würde, mit ihm im Haupthaus wohnen könnte. Doch das würde dieser elende Hurensohn niemals erleben! Pickett würde ihren Willen nicht brechen.

      Sie drehten einen Bogen um die Gebäude, wobei sie immer im Schatten der Häuser blieben.

      »Halt! Stopp!«, sagte sie plötzlich. Terry Quade drehte sich um und blickte die schöne Frau fragend an.

      »Ich muss mal!«

      »In Ordnung!« Quade drehte sich wieder um und tat so, als würde er ein paar Männer beobachten, die eine alte Kutsche auf dem Hof reparierten.

      Katerina ging in die Hocke und augenblicklich ergoss sich ein warmer Strahl auf den Boden. Was für eine Demütigung! Aber ihre Rache würde kommen, da war sie sich sicher. Irgendwann würde Desmond Pickett unaufmerksam sein und diesen einen Moment würde sie ausnutzen, um ihn zu töten.

      Als sie fertig war, führte Quade sie zurück ins Haupthaus, wo man sie wieder in ihre Gruft einsperrte. Raus aus der klaren Luft, zurück ins modrige Gefängnis. Dort war sie wieder mit ihren Dämonen allein.

      Desmond Pickett beobachtete, wie einer seiner Männer Katerina auf dem Hof Gassi führte. Beim Anblick der schönen nackten Frau mit den großen wohlgeformten Brüsten spürte er die Erregung in seiner Hose. Ja, diese slawische Raubkatze hasste ihn aus tiefstem Herzen, aber er würde ihren Willen schon noch brechen. Keine Frau konnte Desmond Pickett widerstehen! Früher oder später würde sie sich ihm hingeben als gäbe es keinen anderen Mann auf der Welt.

      Als Willard das Wohnzimmer betrat, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Wie immer war dieser vollkommen in Schwarz gekleidet, selbst der verbeulte Stetson auf seinem Kopf war schwarz. Er sah aus wie ein Racheengel, den der Teufel geschickt hatte.

      Willard tippte kurz an die Krempe seines Hutes, um seinen Boss zu begrüßen. Nachdenklich musterte er seinen besten Mann. Willard war ein hervorragender Schütze, neben ihm wirkten seine Männer wie blutige Anfänger. Der Mann konnte einer Fliege im Flug die Flügel einzeln wegschießen. Manchmal war er auf so viel Talent eifersüchtig. Aber Willard gehörte zu ihm und mit ihm hatte er sein blutiges Königreich aufgebaut. Der schwarzgekleidete Mann war mehr als nur ein Mitarbeiter. In all den Jahren war dieser so etwas wie ein Freund für ihn geworden. Und das