Название | Geschichten aus dem Schwemmsandland |
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Автор произведения | Brigitte Schubert |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783960743392 |
Ach Gott, was war das für ein Anblick! Das besonders in den vorherigen Jahren schön gebaute und erblühte Dorf war durch Funkenflug fast gänzlich nur noch ein großer Schutthaufen. Das Herrenhaus, die Schäferei, die Gärtnerwohnung, die Mühle, alles bot einen jämmerlichen Anblick. Die Schule und die meisten Bauernhäuser waren niedergebrannt. Nur das kleine Gartenhäuschen stand noch, welch ein Wunder, fast unversehrt da.
Oje, auch die schöne Kirche stand nicht mehr, sie war ebenfalls niedergebrannt. Nur das Gewölbe der Sakristei stand noch. Der Turm der Kirche war samt der geräucherten Schweinekeulen eingestürzt und alles war nur noch ein Haufen von Ziegeln und anderen Steinen.
Das ganze Dorf war leer und öde. Selten sah er einen Menschen daherschleichen oder versuchen, sein Haus wieder aufzubauen. Und noch seltener sah Schulmeister Pögner aus den Schornsteinen der verbliebenen Häuser Rauch aufsteigen. Es war ein schreckliches Bild.
Als die gesättigten Gäste sich wieder in Richtung Norden getrollt hatten, kamen viele Helfer von nah und fern, um die große Not des Dorfes zu lindern. Besonders für den Wiederaufbau der Kirche wurde viel Geld gespendet, selbst aus Russland und Österreich kam eine beträchtliche Summe an Münzen. Es dauerte aber noch ganze sieben Jahre, ehe Schönefeld anno 1820 wieder seine Kirche erhielt.
Der damalige König spendete dafür großzügig zwei eiserne Glocken. Leider gaben diese jedoch keinen einzigen Ton von sich. Da aber die Schönefelder, übrigens bis heute, sehr fantasiereich waren, gab es keinen Grund zur Trauer. Kurzerhand verwendeten sie die eisernen Glocken als Schweinetröge auf dem nahegelegenen Gut.
Diese Begebenheit wurde aber nicht sonderlich in der Welt herumerzählt. Die Dorfbewohner hatten Angst, dass die nimmersatten Trolle wiederkommen und sich über sie alle lustig machen würden.
*
Lieschens Büsche bei Schönefeld
Im Mai des Jahres 1593 waren die Bürger der Stadt Leipzig aufgebracht und es gab einen großen Tumult. Reiche Kaufleute wurden ausgeplündert und um ihr Hab und Gut gebracht, ihre Häuser meist bis auf die Grundmauern zerstört. Nur mit großer Mühe konnte dem Aufruhr ein Ende bereitet werden. Gerhard Pöltz, ein unschuldiger Mann, wurde dennoch verfolgt und ins Gefängnis geworfen. Alles, was sein Eigentum war, wurde vernichtet und seine Tochter Elisabeth flüchtete in den kleinen Vorort Schönefeld. Im Juni desselbigen Jahres kam die Nachricht ins Dorf, dass in der Stadt eine Hinrichtung stattfinden sollte. Dies war auch der Fall, und vier der Aufständler mussten ihr Leben lassen.
Elisabeth glaubte nun, auch ihr Vater wäre dabei. Sie eilte, so schnell sie konnte, obwohl sie krank und schwach war, in die nahegelegene Stadt, um ihren Vater noch einmal lebend zu sehen. Als sie bis an die Parthenwiesen hinter dem Rittergut gelaufen war, versagten ihr die Füße den Dienst. Vor Schwäche kraftlos und das Herzeleid nicht mehr ertragend, setzte sie sich auf die Wiese hernieder und wenige Augenblicke später hatte Elisabeth diese Welt verlassen.
Der knorrige Wanderstock, auf den sie sich gestützt hatte, war in dem lockeren Boden stecken geblieben und etwas Unerwartetes geschah. Nach wenigen Tagen schlug der Stock aus und begann zu grünen. Er bekam neue Triebe und Blätter. Bald breiteten sich die Zweige immer mehr aus, und diese Büsche nennen seitdem die umliegenden Dorfbewohner Jungfer Lieschens Büsche.
*
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Die hochmütige Albertine
Fräulein Albertine wohnte in einem prächtigen Schloss und bildete sich auf ihren vornehmen Stand sehr viel ein. Sie trug ihren Kopf kerzengerade auf den Schultern, die Nase ragte hoch hinauf in den Himmel und sie erniedrigte ihr Personal, wo sie nur konnte. Oft stellte sie im Befehlston unnütze Aufgaben, und wenn diese nicht erledigt wurden, bekam Fräulein Albertine mindestens zehn Tage schlechte Laune. Zudem war die Schlossherrin sehr geizig. Ihre Dienstmädchen sollten im Winter die Eisblumen am Fenster gießen, die Köchin aus Luft einen herzhaften Braten zubereiten oder der Kammerdiener jederzeit lautlos hinter ihr herschweben, damit kein Staub aufgewirbelt wurde, der ihr in die Nase steigen könnte. Albertine war sehr hochmütig.
Eines Tages kam Brinja, eine arme Maurerstochter zu ihr und wollte sich mit Gartenarbeiten verdingen. Das erhaltene Geld schickte sie alsbald ihrer Mutter, damit diese beim alten Kräuterweiblein heilende Mittel für ihren kranken Vater kaufen konnte.
Mit einer Brieftaube kam eine Bitte und der Dank von ihrem Vater.
Brinja las die Zeilen und sprach sogleich zu ihrer Herrin: „Mein Vater, der todkrank ist, lässt Sie bitten, zu ihm zu kommen, denn er hat Ihnen etwas Wichtiges zu sagen.“ Fräulein Albertine antwortete daraufhin hochnäsig: „Das mag wohl etwas Wichtiges sein, was so ein armer Mann mit mir zu reden hat! Geh mir aus den Augen und erledige deine Arbeit. Ich habe in deiner elendigen Hütte nichts zu suchen!“
Nach ein paar Tagen kam Brinja wieder mit der Bitte zu ihr und sprach mit fester Stimme: „Ehrwürdiges Fräulein Albertine, kommen Sie geschwind! Ihre selige Mutter hat während des Krieges eine Menge an Gold, Edelsteinen und auch Silbermünzen einmauern lassen. Den Schatz Ihrer Familie. Mein Vater hatte diese Aufgabe zu verrichten und er durfte niemandem den Ort verraten, nur Ihnen, wenn Sie einmal zwanzig Jahre wären. Jetzt ist aber mein Vater sehr krank und kann nicht mehr länger warten.“
Fräulein Albertine eilte nun so schnell sie konnte. Leider war sie nicht schnell genug und der gute alte Mann hatte schon diese Erde verlassen, als sie die Hütte erreichte. Das machte die Schlossherrin erst recht wütend. Wieder daheim schrie sie ihre Bediensteten an, sie sollten jede Mauer, auch wenn sie noch so klein war, herniederreißen und jeden einzelnen Stein zerschlagen. So sehr sie sich alle bemühten, sie fanden nicht den geringsten Schatz. Sie hinterließen nur ein Trümmerfeld.
Fräulein Albertine bereute es nun, den letzten Wunsch des alten Mannes nicht erfüllt zu haben, weil es ihr Stolz nicht zugelassen und sie sich so selbst um den Reichtum gebracht hatte. Die Reue kam aus dem Eigennutz heraus und war deshalb nicht viel wert.
Brinja unterdessen wendete sich zu dieser Zeit von der Schlossherrin ab und stieg auf die Überreste des alten Gemäuers. Als sie ihr Gesicht wieder der edlen, aber kaltherzigen Frau zuwendete, strahlte sie eine sichtbare Erhabenheit aus. Ihre Kleider waren aus kostbarem Stoff, ihr Schmuck von schlichter Schönheit. Brinja war Edelfrau geworden und die Hoheit des reinen Herzens. Sie sprach mit diesen Worten zu Fräulein Albertine: „Hochnäsige Albertine, dein stolzer Sinn und dein kaltes Herz haben alles zu einem Scherbenhaufen werden lassen. Baue mit deinen eigenen Händen dieses Schloss wieder auf, schöner und größer denn je. Du wirst wieder darin wohnen können, aber für jeden, der an deine Tür klopft und Hilfe benötigt, wirst du selbst ein warmes Essen und ein weiches Lager bereiten.“
So geschah es dann auch, und bis zum heutigen Tag werden in diesem Schloss Menschen liebevoll betreut und verpflegt.
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