Seewölfe - Piraten der Weltmeere 653. Jan J. Moreno

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 653
Автор произведения Jan J. Moreno
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966880671



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einem Mund. „Man flucht nicht, während jemand aus der Bibel liest!“

      „Spart euch eure Klugscheißereien!“ schnaubte Old Donegal. „In meinem Fall war das etwas anderes. Zwingende Notwendigkeit nämlich.“

      „Hingefallen bist du trotzdem, Sir“, sagte Hasard.

      „Trotz deiner Flüche“, ergänzte Philip.

      „Als ich so ein junger Hüpfer war wie ihr, hätte ich mir eher die Zunge abgebissen, als mich über eine Respektsperson zu mokieren. Helft mir auf, oder ihr kriegt nichts von den Eiern ab, ihr Halunken.“

      „Aye, Sir, natürlich.“

      „Welche Eier, Sir?“

      Unwirsch schlug der Alte Hasards helfend ausgestreckte Hand zur Seite. Er stemmte sich aus eigener Kraft hoch, griff, als er wieder sicheren Stand hatte, in seine Hosentasche und holte eine Handvoll kleiner, milchig schimmernder Gebilde heraus.

      „Die Seeschildkröten haben Brutplätze auf der Insel. Ihr braucht nur die Augen offenzuhalten und ein wenig im Sand zu graben.“

      „Ehrlich gesagt“, Philip rümpfte die Nase, „ausgewachsene Schildkröten wären mir lieber.“

      „Du weißt eben nicht, was gut ist. Vorwärts, keine Müdigkeit vorschützen, kümmere dich um Zunder und trockenes Holz für ein Feuer. Zur Feier des Tages gibt es gebackene Schildkröteneier – ab sofort übrigens jeden Tag. Der Strand liegt voll davon.“

      „Ich weiß nicht“, sagte Hasard. Er warf einen mißtrauischen Blick auf die runden Dinger.

      „Verlaß dich nur auf mich“, beharrte Old Donegal. „In der Karibik sammeln die Indianer Eier in großen Mengen, weil sie aus den Dottern ein gutes Speiseöl zubereiten.“

      Sobald sich Old Donegal etwas in den Kopf gesetzt hatte, führte er das auch aus. Und wenn er zum Frühstück Schildkröteneier wollte, duldete er keinen Widerspruch. Philip versuchte deshalb gar nicht erst, zu widersprechen. Er packte seinen Bruder am Arm und zog ihn mit sich.

      Der Admiral folgte ihnen gemessenen Schrittes. Hin und wieder blieb er stehen und ließ seinen Blick über den Strand bis zur Kimm wandern. Der Tag versprach heiß zu werden. Nachdem sich der leichte Morgendunst verflüchtigt hatte, erstrahlte der Himmel in wolkenlosem Blau. Das Meer schimmerte in der Nähe der Insel türkis, erst zum Horizont hin war es dunkler gefärbt.

      Bis zu ihrem luftigen Lager zwischen halbkreisförmig angeordneten Lavablöcken waren es nur wenige hundert Schritt. Nachdem sie entdeckt hatten, daß in der zuvor bewohnten Höhle vulkanische Gase aufstiegen, waren sie unter den freien Himmel umgezogen.

      Die Zwillinge fanden in dem Bereich kaum mehr dürre Äste, aber genügend vertrocknete Farnwedel und braune Moose. Wo der Wind angreifen konnte, hatte er die dünne Erdschicht verweht. An solchen Stellen wirkten die Pflanzen, überwiegend Ginster und Farne, zerzaust und verkümmert.

      „Er hält schon wieder Ausschau.“ Hasard deutete zu Old Donegal.

      Der Alte stand wie zur Salzsäule erstarrt, die Augen mit der rechten Hand beschattet, und blickte starr übers Meer.

      „Er wartet auf ein Schiff“, erwiderte Philip seufzend. „Mir wäre auch lieber, Segel an der Kimm zu sehen, aber offenbar befinden wir uns fernab aller Schiffahrtsrouten.“

      „Unser Vater und die Arwenacks suchen nach uns“, sagte Hasard bestimmt. „Ein Seewolf gibt niemals auf.“

      Nachdenklich schüttelte Philip den Kopf.

      „Ich glaube nicht, daß die Schebecke eines Tages hier vor Anker geht. Wir wurden zu weit nach Süden abgetrieben. Dad sucht uns im Gebiet der Kapverden, darauf gehe ich jede Wette ein.“

      „He, ihr beiden, was gibt es zu palavern?“ rief Old Donegal, ohne sich zu den Zwillingen umzuwenden.

      „Granddad hat Ohren wie ein Luchs“, murmelte Philip. Diese Tatsache war um so erstaunlicher, da sie nicht nur leise gesprochen, sondern auch den Wind gegen sich hatten.

      „Er hört eben immer alles, was ihn nichts angeht.“ Hasard grinste schräg und merklich gequält.

      Old Donegal Daniel O’Flynn wandte sich jetzt um.

      „Was ist?“ bellte er. „Steht nicht herum wie vom Donner gerührt. Heute ist Sonntag, und ich habe ein Recht auf ein gutes Feiertagsessen. Wenn ihr schon nichts zuwege bringt, muß ich die Sache selbst in die Hand nehmen. Also los, hopp-hopp, ihr habt noch junge Knochen …“

      „Den Spruch kenne ich“, stöhnte Philip. „Das kriegen wir demnächst stündlich zu hören.“

      Hasard schickte einen flehenden Augenaufschlag zum Himmel.

      „Ein Königreich für ein Schiff“, murmelte er. „Unser Granddad wird mit jedem Tag unausstehlicher.“

      „Das Inselleben behagt ihm nicht“, sagte Philip.

      „Brennt das verdammte Feuer endlich?“ rief Old Donegal. „Ich habe Hunger auf Eier!“

      „Was hältst du von einer Kokosnuß zwischendurch?“ entgegnete Philip. „Die sind größer.“

      Was sein Großvater darauf erwiderte, war alles andere als druckreif.

      Hasard grinste spöttisch. „Bruderherz, diesmal hast du dein Fett weg“, sagte er. „Warum reizt du den Admiral unnötig?“

      Schweigend begann Philip Killigrew junior, Stahl und Feuerstein gegeneinander zu schlagen. Beides stammte aus der aufgefischten Seekiste. Funken fielen ins Moos, das Augenblicke später zu glimmen begann. Das erste zarte Flämmchen züngelte auf, von Philips Händen schützend geborgen.

      Eigentlich sollte stets ein kleines Feuer brennen. Mehrere hundert Yards entfernt, auf einem höher gelegenen Plateau, hatten die Zwillinge auf Old Donegals Geheiß einen Haufen dürrer Äste aufgeschichtet. Sobald Segel an der Kimm auftauchten, sollten sie den Stoß in Brand setzen. Dabei ging es möglicherweise um Augenblicke, denn Schiffe hatten mitunter die Eigenart, sehr schnell wieder zu verschwinden. Die drei Arwenacks konnten es sich nicht erlauben, im Fall eines Falles erst mühsam Funken zu schlagen.

      Deshalb hatte Old O’Flynn eine geharnischte Predigt vom Stapel gelassen, nachdem in den frühen Morgenstunden die bislang sorgsam gehegte Glut erloschen war.

      „Jeder hat sein Schicksal selbst in der Hand“, hatte er erklärt. „Richtet euch danach, oder wir beschließen unser Leben auf dieser Insel.“

      Als er jetzt zu den Zwillingen aufschloß, knisterte und prasselte das Feuer, daß es eine Pracht war. Er nickte zufrieden, murmelte etwas, das so ähnlich klang wie: „Na also, es geht doch, man muß eben nur den Willen dazu aufbringen“, und hielt Hasard die Schildkröteneier hin. „Drei für jeden. Nimm schon, Junge, du bist heute der Koch.“

      Hasard schluckte eine heftige Erwiderung ungesagt hinunter. Statt dessen fragte er, wie lange die Schildkröteneier im Feuer liegen müßten.

      „Nach spätestens einer halben Stunde sind sie weich“, sagte Philip spöttisch.

      Hasard legte die Eier einzeln auf die Gabel eines kurzen Astes und schob sie nacheinander in die Glut. Nach einer Weile blickte er Old Donegal fragend an.

      „Du bist der Koch“, sagte der Alte. „Tu, was du für richtig hältst.“ Offenbar wußte er selbst nicht, wie lange Schildkröteneier garen mußten.

      „Wenn heute nicht Sonntag wäre …“, murmelte Hasard, mehr für sich selbst, als für die Gefährten bestimmt. Dennoch hakte Old Donegal sofort ein.

      „Was wäre dann?“ fragte er.

      „Dann würde ich die Eier ins Meer werfen“, sagte Hasard schroff. „Von mir aus fang Fische oder ausgewachsene Schildkröten oder nimm Vogelnester aus, aber laß diese mickrigen Eier, wo sie sind.“

      „Auf See würdest du anders reden, Freundchen. Es gab eine Zeit, da hättest du dir alle zehn