Название | Mami Staffel 8 – Familienroman |
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Автор произведения | Lisa Simon |
Жанр | Языкознание |
Серия | Mami Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740946098 |
»Hat sie etwas davon gesagt, ob sie Kevin zu sich nehmen will?« fragte Diana, die immer alles genau wissen wollte, neugierig.
Die Heimleiterin sah besorgt aus. »Davon hat sie kein Wort erwähnt, aber ich denke, daß sie Kevin in ihr Herz schließen wird, wenn sie ihn erst mal sieht.«
Julias Herz verkrampfte sich, sie wünschte sich natürlich, daß Kevins größter Wunsch in Erfüllung ging, aber ob Marion Seifert in seinen Träumen so war, wie er sich seine Mutter vorstellte?
Als sie zu Hause ankam, nahm sie sich vor, schnell zu duschen und eine Kleinigkeit zu essen, bevor sie sich auf den Weg machte; sie hatte sich vorsorglich einen weiteren Abzug von Kevins Foto geben lassen. Als das Telefon schrillte, schrak sie zusammen und ihr Herz schlug ihr bis in den Hals. Das konnte nur Roland sein!
Doch es war nur jemand, der sich verwählt hatte. Enttäuscht legte Julia wieder auf. Roland hielt es noch nicht mal für nötig, sie persönlich anzurufen. Diese Marion schien ihm wieder den Kopf verdreht zu haben.
Es war kühl und lange nicht so angenehm, den ganzen Weg zu laufen, wie mit dem Auto zu fahren. Hier am Rande der Stadt, nur ein paar hundert Meter von Julias Wohnung entfernt, gab es keine großen Mietshäuser mehr, sondern nur noch ältere Siedlungshäuser, die vor dem Krieg erbaut worden waren.
Julia kam sich schon ein wenig merkwürdig vor, allein an den Haustüren zu stehen und ein Foto von einem kleinen verschwundenen Jungen herzuzeigen. Die meisten der Bewohner hatten die Suchmeldung gesehen oder über den Vorfall in der Zeitung gelesen und konnten der jungen Frau nicht helfen.
»Und Sie gehen jetzt von Tür zu Tür und fragen, ob jemand etwas über das Kind weiß?« fragte eine ältere Frau mitleidig. »Das ist aber eine mühselige Arbeit, Fräulein.«
Julia brachte ein kleines Lächeln zustande. »Ich weiß, aber es ist wie ein Strohhalm, an den man sich klammert, irgendwo muß man ja beginnen.«
»Na ja, dann drücke ich Ihnen die Daumen, daß jemand das Bürschchen gesehen hat. Wollen Sie heute abend noch lange suchen?«
»Nein, es wird ja schon dunkel. Das letzte Haus da vorne nehme ich mir noch vor, dann gehe ich nach Hause.«
»Ach, da brauchen Sie gar nicht zu fragen, da wohnt das Katzenmuttchen.«
»Wer wohnt da?«
»Frau Schröder, sie ist ein bißchen wunderlich, beschäftigt sich außer mit einem Haufen Katzen mit nichts anderem. Sie wird Ihnen bestimmt nicht helfen können, außerdem geht sie immer beizeiten ins Bett.«
»Vielen Dank, dann kann ich mir den Weg sparen«, sagte Julia freundlich, bevor sie sich verabschiedete.
Als sie in ihrer Wohnung ankam, war es bereits stockfinster und empfindlich kühl. Sie vermißte plötzlich die Abende mit Roland; hin und wieder hatten sie, bevor sie sich trennten, noch eine Tasse Kaffee zusammen getrunken. Obwohl sie sich ausschließlich über den Jungen unterhielten und die Stimmung stets bedrückt war, waren diese Stunden doch sehr wertvoll gewesen.
Aber das war nun vorbei, Roland hatte sich wieder seiner ehemaligen Geliebten zugewandt. Mit schlechtem Gewissen stellte Julia fest, daß sie für einen Moment Kevins Verschwinden in den Hintergrund verdrängt und nur an ihre eigenen Belange gedacht hatte.
Wie sie sich fühlte, war doch vollkommen egal – die Hauptsache war, daß der Junge wieder da war und seine Mutter ihn in die Arme schließen konnte…
*
Am Wochenende hatte Julia frei und entschloß sich kurzerhand, Roland anzurufen. Er hatte sich nicht bei ihr gemeldet, seit Marion Seifert in die Stadt gekommen war. Seine Nummer wußte sie auswendig, und mit klopfendem Herzen wählte sie. Einmal war sie auch in Rolands Wohnung gewesen, sie war überrascht, wie ordentlich es dort war – wenn auch etwas steril für ihre Begriffe.
Nach zweimaligem Tuten wurde am anderen Ende der Leitung abgehoben und eine Frauenstimme meldete sich mit »Hier bei Westermann«. Sofort drückte Julia auf die Gabel, das war eindeutig die Stimme von Marion gewesen!
Also wohnte sie während ihres Deutschland-Aufenthaltes bereits bei Roland! Die Enttäuschung war so groß, daß Julia sich die Faust auf den Mund preßte, um nicht laut zu schreien.
Den Rest des Wochenendes verbrachte sie im Bademantel vor dem Fernseher, ohne allerdings zu begreifen, was sie auf dem Bildschirm sah. Sie kam sich so einsam und alleingelassen vor, obwohl Roland ihr nie irgendwelche Hoffnungen gemacht hatte. Und dabei hatte sie geglaubt zu spüren, daß auch sie ihm nicht gleichgültig war.
Doch dies schien einwandfrei ein Irrtum ihrerseits gewesen zu sein. Wahrscheinlich hatte er ihre Nähe nur gesucht, weil sie den Kleinen am besten kannte und in ihr eine Vertraute bei der Suche nach ihm hatte.
Warum mußte sie sich aber auch immer in die falschen Männer verlieben? Warum konnte sie mit Männerbekanntschaften nicht so sorglos wie Diana umgehen? War der eine weg, interessierte sie sich schon wieder für einen anderen Mann!
Wie lange die Geschichte mit dem Zahnarzt halten würde, stand in den Sternen; aber wenn es in die Brüche ging, würde für Diana deshalb noch lange nicht die Welt untergehen…
*
Tatsächlich sah Julia am Montag etwas frischer aus, geschlafen hatte sie zwar auch wieder nicht viel am Wochenende, aber durch das untätige Rumsitzen hatte sie sich doch etwas von den Strapazen der letzten Woche erholt.
Natürlich hatte sie auch am Wochenende mit Bärbel Clasen und der Polizistin Ellen Langner telefoniert.
Ihr wurde zwar zugesichert, daß sie sofort Nachricht erhalten würde, wenn es eine Spur von Kevin geben sollte, aber sie wollte wenigstens etwas tun.
Kevin war bereits eine ganze Woche fort, und langsam zogen die Journalisten wieder ab. Andere Sensationsmeldungen ließen sie ihre Kameras packen und wegfahren.
Die Kinder im MARIENKÄFER schienen sich damit abgefunden zu haben, daß Kevin nicht wieder auftauchen würde.
Doch weder Julia noch die anderen, die im Waisenhaus arbeiteten, fanden sich mit Kevins Verschwinden ab.
»Ich glaube, der Junge lebt nicht mehr«, sagte Bärbel Clasen leise. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß er gesund und munter wieder auftaucht.«
»So etwas dürfen Sie nicht sagen!« rief Julia entsetzt. »So etwas dürfen Sie noch nicht einmal denken!«
»Aber wir müssen langsam den Tatsachen ins Auge sehen«, verteidigte sich die Heimleiterin. »Oder haben Sie eine Idee, wo der Junge stecken könnte?«
Die hatte Julia natürlich nicht, sonst hätte sie sofort dort gesucht. »Er muß doch irgendwo sein, ein Kind kann sich nicht in Luft auflösen!«
»Es scheint aber doch so zu sein. Auch Frau Seifert wird langsam ungeduldig.«
»Ungeduldig oder gelangweilt?« fragte Julia mit bissigem Unterton und hätte sich danach am liebsten auf die Zunge gebissen.
Frau Clasen betrachtete Julia nachdenklich. »Herr Westermann ist ein attraktiver Mann, nicht wahr?«
»Ja, ich glaube schon. Was meinen Sie damit?«
»Ich denke, das wissen Sie ziemlich genau.«
Also hatte Frau Clasen bemerkt, daß Julia mehr als nur Freundschaft für Kevins Vater empfand – und sie hatte gedacht, daß den anderen ihre Gefühle verborgen geblieben waren!
An diesem Tag konnte Julia ihren Wagen aus der Werkstatt holen, bezahlte nur zögernd den ihrer Meinung nach viel zu hohen Preis für die Reparatur und hoffte, nicht so schnell wieder herkommen zu müssen.
Sicher, das Auto hatte schon etliche Jahre auf dem Buckel, aber bisher hielten sich die Reparaturen in Grenzen. Zufrieden fuhr Julia los, das merkwürdige Geräusch unter der Motorhaube