Название | Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman |
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Автор произведения | Toni Waidacher |
Жанр | Языкознание |
Серия | Der Bergpfarrer |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740952006 |
»Ich grüße Sie, Herr Hofer«, antwortetet er und schüttelte den Kopf. »Nein, ich möcht kein Geld von Ihnen. Es ist etwas Privates, das mich hier hergeführt hat.«
Der Brauereidirektor runzelte die Stirn und bat den Besucher Platz zu nehmen. An der Längsseite des Salons stand eine Bar mit eingebauter Zapfanlage.
»Ein Bier?« erkundigte sich der Hausherr. »Seit kurzem produzieren wir ein dunkles Rauchbier. Das müssen S’ unbedingt mal probieren.«
Er war bereits an die Zapfanlage getreten, doch der Seelsorger winkte ab.
»Für mich net«, sagte Sebastian. »Ich bin mit dem Auto da. Lieber ein Mineralwasser.«
»Verstehe«, nickte Ernst Hofer und entnahm dem kleinen Kühlschrank eine Flasche.
Sich selbst zapfte er ein Glas Bier und kam dann zu Sebastian, der sich an einen kleinen, runden Tisch gesetzt hatte, der am Fenster stand.
»So, Hochwürden, dann mal heraus mit der Sprache«, forderte der Brauereidirektor ihn auf. »Was haben S’ auf dem Herzen?«
Der Geistliche trank einen Schluck und lehnte sich zurück. Ernst Hofer sah ihn gespannt an.
Ahnte er bereits den Grund des Besuches?
»Ich war gestern auf dem Enzingerhof«, begann der Seelsorger das Gespräch. »Es steht net zum Besten mit der Christel – finanziell geseh’n, mein ich. Gesundheitlich hat sie keinen Grund zum Klagen.«
Die Miene seines Gegenübers verfinsterte sich.
»Den hätt’ sie auch in finanzieller Hinsicht net, wenn sie auf ihre Mutter und mich gehört hätt’«, antwortete der Vater der Bäuerin. »Wir waren von Anfang an gegen diese Verbindung.«
»Sie haben’s Ihre Tochter auch deutlich spüren lassen. Net einmal zur Beerdigung Ihres Schwiegersohnes sind S’ gekommen. Geschweige denn, daß Sie einen Kranz geschickt hätten, einen letzten Gruß, ein paar tröstliche Worte.«
Der Vorwurf war unüberhörbar. Trotzig blickte der Hausherr seinen Besucher an.
»Wir haben uns nix vorzuwerfen, Hochwürden«, entgegnete Ernst Hofer. »Im Gegenteil. Wenn die Christel net ihren störrischen Kopf durchgesetzt hätt’, wär sie längst ins Unternehmen eingestiegen und könnt’ ein sorgenfreies Leben führen. Aber nein, sie mußte ja unbedingt einen armen Bauernsohn heiraten.«
»Glauben S’ wirklich, daß man das gegeneinander aufwiegen könnt’ – Liebe und wirtschaftliches Kalkül? Was meinen S’ wohl, wie viele glückliche Ehen net auf dieser Welt geschlossen würden, wenn man immer nur danach gefragt hätt’, ob die Verbindung standesgemäß sei, und wie positiv sie sich in der Bilanz niederschlägt?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, Herr Hofer«, fuhr er fort, ohne dessen Antwort abzuwarten. »Das ist doch net die Frage, die im Vordergrund steht, sondern vielmehr, wie man der Christel helfen kann.«
Der Brauereibesitzer sah ihn an, dann auf das Bierglas vor sich und wieder zurück.
»Wissen S’, Hochwürden, ich stände heut net da, wo ich steh, wenn ich mich in meinem Leben net durchgesetzt hätt’. Jeder ist seines Glückes Schmied, und uns’re Tochter wollt einen anderen Weg gehen. Schauen S’, in der Firma hab’ ich einen tüchtigen jungen Mann, den ich als meinen Nachfolger aufbau. Diese Position hätt’ einmal die Christel einnehmen soll’n. Sie hat net gewollt und jetzt muß sie zusehen, wie sie aus ihrer Lage herauskommt. Am besten raten S’ ihr, den ganzen Krempel zu verkaufen. Vielleicht überlegt sie’s sich ja noch einmal und kommt wieder zu uns zurück. In diesem Fall stände unsere Tür für sie immer offen. Sagen S’ ihr das. Aber eine finanzielle Unterstützung für einen maroden Bauernhof, also bei aller Barmherzigkeit, Herr Pfarrer, aber damit dürfen S’ nun wirklich net rechnen.«
Sebastian ließ sich seine Enttäuschung über den Ausgang des Gespräches nicht anmerken. Er erhob sich und schüttelte den Kopf, als der Hausherr ihn begleiten wollte.
»Lassen S’ nur. Ich find allein’ hinaus.«
Er schloß die Tür zum Salon hinter sich und atmete tief durch. Der Bergpfarrer hatte sehr an sich halten müssen, um auf die Worte des sturköpfigen Bierbrauers nicht heftig zu reagieren. Aber er wußte, daß es keinen Zweck gegeben hätte. Vorerst würde er nichts in dieser Angelegneheit ausrichten können.
Sebastian Trenker durchquerte die Halle, ohne daß ihm eine Menschenseele begegnete. Erst als er die Klinke in die Hand nahm, hörte er ein Geräusch auf der Treppe. Er drehte sich um und sah eine Frau die Stufen heruntereilen.
»Warten S’, Hochwürden«, rief sie leise.
Maria Hofer zog ihn unter die Treppe, durch eine Tür, in ein kleines Zimmer. Der Einrichtung nach zu schließen, war es das Arbeitszimmer der Hausherrin.
Sie stand an der Tür und lauschte. Sie legte einen Finger auf die Lippen.
»Pst. Mein Mann verläßt gerade das Haus.«
Sie hörten seine Schritte in der Halle, wenig später klappte die schwere Haustür ins Schloß. Maria atmete erleichtert auf.
»So«, sagte sie erleichtert, »jetzt können wir reden.«
*
Xaver Kärner riß ungläubig die Augen auf.
»Bist du’s wirklich oder träum ich?« rief er, als er Thomas Brenner auf dem Hof stehen sah.
Der junge Bursche lächelte.
»Kannst es ruhig glauben.«
Sekunden später lagen sie sich in den Armen.
»Mensch, mein Alter, woher kommst denn so plötzlich und unerwartet?« fragte der Bauernsohn. »Ich kann’s immer noch net glauben!«
»Ach, das ist eine lange Geschichte«, antwortete Thomas.
Er schaute sich um.
»Hier hat sich ja fast nix verändert«, meinte er und sah den Freund wieder an. »Wie ist’s, könnt’ ihr nicht einen tüchtigen Knecht gebrauchen?«
Xaver verzog das Gesicht.
»Da schaut’s eher schlecht aus«, erwiderte er mit ehrlichem Bedauern. »Aber komm erstmal mit hinein. Beim Abendessen reden wir über alles.«
Sie betraten die Diele des Bauernhauses und gingen weiter in die Küche. Dort war der große Tisch bereits gedeckt. Außer der Bauernfamilie fanden sich eine Magd und ein Knecht ein. Als Thomas den Kollegen sah, ahnte er schon, warum Xaver das Gesicht bei seiner Frage nach Arbeit verzogen hatte.
Trotzdem wurde ihm bereitwillig ein Platz eingeräumt. Früher war er oft auf dem Kärnerhof zu Gast gewesen, und Xavers Eltern erinnerten sich noch gut an die Streiche, die die beiden Lausbuben früher gespielt hatten.
Der Besucher erzählte, wie es ihm in der Fremde ergangen war, und der alte Kärnerbauer schüttelte bedauernd den Kopf, als er noch einmal die Frage nach Lohn und Brot stellte.
»Hast ja geseh’n«, sagte Xavers Vater. »Ein Knecht, eine Magd – damit sind wir ausreichend versorgt. Noch einen könnten wir uns net leisten. So rosig sind die Zeiten net. So leid es mir auch tut.«
»Ich versteh’ schon«, nickte Thomas. »Macht euch deswegen keine Gedanken. Ich werd’ schon irgendwo unterkommen.«
Xaver tippte ihn an.
»Komm, laß uns ein bissel hinausgeh’n«, schlug er vor.
Sie gingen über den Hof, schauten nach den Kühen, zu den Feldern hinüber und machten einen Spaziergang, fast bis zum nahen Bergwald.
»Sag mal«, fragte Xaver, während sie über den Felderweg liefen, »warum versuchst’ es net darüben, auf dem Enzingerhof? Die Christel steht seit dem Tod ihres Mannes ganz allein da. Und wie man hört, soll’s dem Hof wirtschaftlich net so gut geh’n.«