Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Название Der Bergpfarrer Staffel 15 – Heimatroman
Автор произведения Toni Waidacher
Жанр Языкознание
Серия Der Bergpfarrer Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740951276



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Glas Milch zurück. Brigitte trank. Der Aufstieg war zwar nicht beschwerlich gewesen, aber er hatte sie durstig gemacht.

      »Lecker!« kommentierte sie den Genuß.

      »Das machen die Kräuter«, meinte Georg.

      »Die geben der Milch das richtige Aroma. Das schmeckt man nachher auch in der Butter und dem Käse.«

      Brigitte hatte sich auf eine Bank gesetzt, die vor der Hütte stand. Der Senner gesellte sich dazu.

      »Einen Film wollen S’ also da heroben drehen.«

      »Nun ja, zumindest ein paar Sequenzen, die Teil einer ganzen Reihe, einer sogenannten Telenovela, sind.«

      Er zuckte die Schultern.

      »Ich schau’ net fern. Um was für eine Geschichte handelt’s sich denn?«

      Brigitte erzählte es ihm. Georg hörte zu und nickte hin und wieder.

      »Klingt interessant. Wer hat sich das denn ausgedacht?«

      »Ich.«

      Er blickte sie erstaunt an.

      »Können S’ denn so was?« fragte er. »Ich mein’, kennen S’ sich denn mit den Bergen aus?«

      »Also, die eigentlichen Folgen werden von professionellen Drehbuchautoren geschrieben«, erklärte sie. »Aber die Grundidee stammt schon von mir, und ja, ich kenn’ mich hier aus. Ich bin nämlich in Waldeck geboren und aufgewachsen.«

      »Respekt!« nickte er. »Und wann soll’s hier losgehen?«

      »In etwa zwei Wochen. Wir drehen mit zwei Teams, von denen eines in St. Johann arbeitet und das and’re dann heraufkommt. Den genauen Termin teilen wir Ihnen aber vorher noch durch den Herrn Huber mit.«

      Plötzlich schien er ganz interessiert und stellte viele Fragen. Brigitte beantwortete sie geduldig und freute sich darüber, daß der Senner sich, nach seiner ersten Brummerei, jetzt so umgänglich zeigte. Sie blieb sogar länger als geplant und ließ sich die Hütte, die Käserei und das Reifelager zeigen. Es waren ein paar nette Stunden, die sie hier oben verbrachte, ehe sie sich wieder auf den Heimweg machte.

      Mit einem großen Stück Käse im Rucksack, das Georg Hirchlacher ihr gegeben hatte, ging sie den Wirtschaftsweg zurück.

      Wenn doch nur alles im Leben so problemlos ablaufen würde, dachte sie.

      Und natürlich kam ihr Tobias dabei in den Sinn…

      Brigitte hatte die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht, als sie auf der Wiese unterhalb von sich einen Traktor fahren sah. Offenbar wurde die Wiese gemäht. Als sie näher kam, glaubte sie, nicht richtig zu sehen.

      Es war niemand anderer als Tobias Rauchinger, der auf dem Traktor saß.

      Und er fuhr genau in ihre Richtung!

      *

      Brigitte war unwillkürlich stehengeblieben und schaute zu ihm hin. Der junge Bauer kurvte über die Wiese, ohne sie wahrzunehmen.

      Oder doch?

      Plötzlich erstarb der Motor, und es trat eine schon unheimliche Stille ein.

      Unheimlich deshalb, weil Tobias aus dem Führerhaus sprang, stehenblieb und herüberblickte. Natürlich hatte er sie auch erkannt. Minutenlang standen sie sich gegenüber, dann setzte er sich in Bewegung. Ihr Herz klopfte bis zum Hals hinauf, als er vor ihr stand.

      »Hallo, Brigitte«, sagte er mit belegter Stimme.

      »Hallo.« Sie nickte ihm grüßend zu.

      »Was tust du hier oben?«

      »Ich…, ich war droben, auf der Alm, um mit dem Herrn Hirchlacher wegen der Dreharbeiten zu sprechen.«

      »Ach ja, du bist ja beim Fernsehen.«

      »Net direkt«, korrigierte sie. »Die Firma, für die ich arbeite, drehte Filme für verschiedene Sender.«

      Er nickte verstehend und steckte die Hände in die Hosentaschen.

      Grad so, als würd’ er fürchten, sonst auf mich loszugehen und zu erwürgen, dachte sie.

      Natürlich war diese Annahme unsinnig, wurde ihr gleich darauf bewußt. So ruhig wie er jetzt vor ihr stand, hätte sie ihn sich am Samstagabend gewünscht.

      »Gut, daß ich dich treff’«, sagte er, und seine Stimme klang ein wenig unsicher. »Ich…, ich wollt’ da was mit dir bereden. Das am Samstag, also, es tut mir leid. Es war net richtig, was ich da zu dir gesagt hab’…«

      Plötzlich, ohne daß sie es verhindern konnte, traten ihr Tränen in die Augen.

      »Ich freu’ mich sehr, daß du das sagst, Tobias.«

      »Ich hab’ mich wie ein Esel benommen«, entschuldigte er sich ein zweites Mal. »Wenn ich könnt’, würd’ ich’s rückgängig machen.«

      Sie lächelte.

      »Deine Entschuldigung bedeutet mir sehr viel«, sagte sie. »Aber, ich hab’ auch meinen Anteil daran. Ich hätt’ net so, ganz ohne Vorwarnung, zu dir kommen sollen. Und das, was mal zwischen uns war, verdient es net, daß wir so miteinander umgehen.«

      »Ja, da hast du völlig recht«, stimmte er ihr zu. »Ich war überrascht und wußte net recht, wie ich reagieren sollte.«

      Er schaute zu Boden.

      »Es hat sehr wehgetan, damals, als du gegangen bist«, setzte er hinzu, »und ich hab’ lang’ gebraucht, bis ich damit fertig geworden bin.«

      »Ich hab’s mir net leicht gemacht«, erwiderte Brigitte. »Aber ich mußte es nun mal tun. Sonst wär’ ich net glücklich geworden, und das, Tobias, das hat bestimmt nix mit dir zu tun gehabt.«

      »Und ich konnt’ diesen Weg net mit dir gehen.«

      »Ja, so war es«, nickte sie. »Weißt du, Pfarrer Trenker hat einen sehr weisen Satz zu mir gesagt. Jeder Mensch muß den Weg gehen, den das Schicksal ihm bestimmt, und deiner war ein anderer als der meinige.«

      Tobias zog die Hände aus den Taschen und hob sie ihr beinahe bittend entgegen.

      »Glaubst du«, fragte er zaghaft, »daß… wir ihn jetzt zusammen… gehen könnten, diesen Weg?«

      Brigitte versuchte den dicken Kloß hinunterzuschlucken, der plötzlich in ihrer Kehle steckte.

      ›Rosen und Tränen‹ – das war ihr ›Kind‹. Sie hatte sich diese Geschichte ausgedacht und darum gekämpft, daß sie verwirklicht wurde. Allein mit dem Ziel, wieder zurückzukehren.

      Zu ihm!

      Er machte einen Schritt auf sie zu und breitete seine Arme aus. Sie flog ihm entgegen, und dann standen sie eng umschlungen auf der Bergwiese und küßten sich.

      Zum ersten Mal, seit sieben Jahren.

      »Nie hab’ ich dich vergessen«, flüsterte er. »Du warst in meinen Träumen und Gedanken immer bei mir.«

      »Mir ist’s net anders ergangen, Tobias«, erwiderte sie glücklich. »Unzählige Male hab’ ich diesen Augenblick herbeigesehnt, mir ausgemalt, wie es sein würde, wenn du mich in den Armen hältst.«

      Sie küßten sich erneut, und Tobias strich ihr sanft über das Haar. Seine Augen strahlten und hatten ihren alten Glanz, den sie so sehr vermißt hatte.

      Langsam gingen sie zu ihrem Auto.

      »Am liebsten würd’ ich nie wieder von dir geh’n«, sagte sie. »Aber ich muß. Die Arbeit wartet net.«

      Sie lächelte.

      »Und das mit uns…«

      Fragend blickte der Bauer sie an.

      »Es wird ein neuer Anfang sein!« vollendete Brigitte ihren Satz. »Ach, wenn ich doch nur Zeit hätte. Es gibt so viel, was ich dir sagen will, worüber wir reden