BLUT - Der Vampirkiller von Wisconsin. Robert W. Walker

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Название BLUT - Der Vampirkiller von Wisconsin
Автор произведения Robert W. Walker
Жанр Языкознание
Серия Die Fälle der Jessica Coran
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958353237



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ist schließlich ein Vampir.

      Er hat versucht, Menschen von seiner Neigung zu erzählen, Hilfe zu bekommen, aber das hat ihm nichts gebracht. Die meisten weigern sich, seinen Hilfeschrei zu hören. Sie glauben nicht, dass ihm das Tageslicht schadet oder er tagsüber schläft, in der Nacht umherstreift und sich von dem Blut anderer nährt. Er hat niemanden. Niemanden kümmert es. Niemanden außer Candy, die vor ihm baumelt als seine Nahrung und seine warme Freundin, für immer in seinen Gedanken.

      Er denkt einen Moment an zu Hause und daran, in Candys Blut zu baden. Die Idee gefällt ihm und beginnt, seine Gedanken zu beherrschen. Candy fühlt er sich viel näher als Melanie oder den anderen. Vielleicht ist es gar keine so verrückte Idee, mit ihr eine Badewanne zu füllen.

      Kapitel 5

      Der Weckruf von Otto Boutine klingelte ihr in den Ohren, aber einen Moment lang konnte sich Jessica nicht erinnern, wo sie war; sie erinnerte sich jedenfalls nicht daran, geschlafen zu haben. Es schien, als seien erst Minuten vergangen. Sie wachte in ihren Klamotten auf, quer über dem Bett. Da das Telefon schon das dritte oder vielleicht vierte Mal klingelte, sprang sie fast darauf zu und stieß es zu Boden. Sie erwischte gerade noch den Hörer, bevor er runterfiel. Sie hatte schon immer gute Reflexe – ein wahrer Segen.

      »Jess, ich bin’s, Otto.«

      »Wie viel Uhr ist« – sie gähnte – »es?«

      »Gleich zehn. Du hast doch gesagt, du willst die Leiche im Leichenschauhaus sehen, bevor wir uns zurück nach Virginia aufmachen.«

      »Das hab ich wohl.«

      »Stadtler wartet nicht gerade mit angehaltenem Atem auf dich.«

      »Mit fischigem Atem vielleicht.«

      »Deswegen mag ich dich so, Jess, aber wir sollten niemanden allzu sehr ans Bein pinkeln, bevor wir gehen, okay?«

      »Ist das ein Befehl?«

      »Nenn es einen guten Rat. Kommst du?«

      »Gib mir zehn – nein – zwanzig Minuten, Chief. Ich muss noch duschen und mich anziehen.«

      »Ich treff dich in der Lobby.«

      »Super.«

      Sie schnappte sich schnell etwas zum Anziehen. Ihre Haare würde sie auf dem Weg trocknen lassen müssen – in letzter Zeit hatte sie sich kaum Gedanken um ihr Aussehen gemacht. Sie eilte vom Bett ins Bad. Als sie aus der Dusche schlüpfte, hörte sie ein Klopfen an der Tür.

      »Boutine, verdammt, ich bin noch nicht fertig.«

      Das Klopfen hielt an. Jemand sagte etwas auf der anderen Seite der Tür, aber sie konnte es nicht verstehen. Sie warf sich einen Bademantel über und öffnete die Tür. Ein Kellner stand mit einem Frühstückstablett vor ihr.

      »Zimmerservice, mit Grüßen von Zimmer 605.«

      Boutine war manchmal sehr aufmerksam, dachte sie bei sich selbst. »Oh, bitte, stellen Sie es auf den Tisch.« Sie hastete vor ihm her, um die Sachen wegzuräumen, die sie über den Tisch verteilt hatte. Dann suchte sie nach einem Trinkgeld, aber der Kellner meinte, jemand habe sich bereits darum gekümmert, und ging dann rasch.

      Sie schlang den Toast herunter, den Kaffee und das Rührei, während sie sich weiter anzog. Insgesamt brauchte sie etwa eine halbe Stunde, um in die Lobby zu kommen, wo sie Boutine in das Milwaukee Journal vertieft vorfand.

      »Irgendetwas über den Fall?«

      »Zu viel, verdammt. Ganz ehrlich, ich verstehe die Reporter nicht. Man bittet höflich um ihre Kooperation und sie nicken und sagen, ja, Sir, wie Sie wünschen, Sir, und dann locken sie die Informationen aus irgendeinem blöden Hilfssheriff-PR-Trottel, werfen noch ein paar Andeutungen in den Raum und zerstören damit praktisch alles, was man sich gegen einen Verdächtigen schon zurechtgelegt hat, bevor man den Bastard überhaupt in Gewahrsam hat.«

      »Sind sie schon auf die Vampir-Schiene gekommen?« Mittlerweile war sie sauer.

      »Nein, noch nicht.«

      Sie seufzte, schürzte die Lippen und nickte. »Wenigstens etwas.«

      »Ich hab eine Kopie des einen brauchbaren Fingerabdrucks, den du gefunden hast, nach Quantico gefaxt.«

      »Ich gehe mal davon aus, er ist nicht in den Akten, richtig?«

      »Richtig, Sherlock.«

      »War ja klar.«

      Sein fragender Blick ruhte auf ihr. »Ich hatte nicht viel Hoffnung, dass was dabei rauskommt, aber wieso hast du das auch gedacht?«

      »Die Natur des Verbrechens legt nahe, dass der Typ der Durchschnittsbevölkerung entspricht. Vermutlich weiß, Mittel- bis Oberklasse, passt sich an wie ein gruseliges Alien, das einen menschlichen Körper übernommen hat. Vielleicht doppelt, wenn nicht vierfach gespaltene Persönlichkeit, führt ein normales Leben am Tag, Traumnachbar, Mitglied im Rotary-Klub, Verwandte und Freunde denken, dass er ein ganz normaler Kerl ist, der mehr für sich bleibt. Lebt mit seiner Mutter, oder allein. Falls er verheiratet ist, steht er unter dem Pantoffel, wird von ihr völlig dominiert. Ist viel von zu Hause weg; jagt in der Nacht nach menschlichem Blut. Aber wir hätten schon Glück, wenn wir auch nur einen Strafzettel auf seinen Namen finden, geschweige denn eine Akte.«

      »Vielleicht solltest du beim psychologischen Profiling sein, Doktor.«

      »Vielleicht. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit könnte dieser Fall nicht zu lösen sein.«

      »Niemand hat gesagt, dass es leicht werden wird.«

      »Danke für das Frühstück«, sagte sie. »Nette Geste.«

      Er zuckte die Achseln. »Geht ja aufs Spesenkonto.«

      »Trotzdem …«

      »Freut mich, dass es dir geschmeckt hat.«

      Als sie auf die Tür zugingen, sagte sie: »Wir müssen noch ein paar Details herausfinden, die intern bleiben.«

      »Das ist einer der Gründe, wieso wir auf einer Autopsie bestanden haben.«

      »Die arme Frau wurde übel aufgeschlitzt und wir schneiden sie noch ein bisschen weiter auf. Kann schon verstehen, wieso die Einheimischen uns hassen.«

      »Da ist noch was anderes, das du wissen solltest.« Er legte ihr sanft die Hand auf den Arm, als er sie zum wartenden Auto führte. »Etwas, das mit ihrem abgetrennten Arm zu tun hat? Am Tatort?«

      »Davon weiß ich schon.«

      »Was weißt du davon?« Er lächelte halb, ungläubig. Er war sich sicher, etwas zu wissen, das sie nicht wusste. Das Lächeln machte seine wie in Stein gemeißelten Gesichtszüge weicher und sie sah den Jungen an die Oberfläche kommen, der Puzzle und Spiele liebt. In Quantico hieß es, dass er zur Entspannung ausgefeilte Kriegsspiele und Simulationen auf dem Computer spielte. Gerade half er beim Programmieren eines Software-Pakets, das der Polizei das psychologische Profiling erleichtern sollte – dieses System würde vielleicht einmal in jedem Kriminalistikkurs des Landes gelehrt werden, vielleicht sogar in jedem Polizeirevier.

      Sie sagte, während er lächelte: »Einer der Cops hat den Arm irgendwo im Raum aufgehoben und neben die Leiche gelegt.«

      »Woher, verdammt, wusstest du das? Der Typ ist heute früh zu mir gekommen. Sagte, er kann nicht schlafen, denn er hatte unheimlichen Schiss, dass du irgendwie seine Fingerabdrücke darauf finden würdest. Er war wohl einer der ersten am Tatort und er hat …«

      »Den Arm aufgehoben und ohne nachzudenken in der Nähe der Leiche abgelegt.«

      »Und es wirklich niemandem gesagt. Also, wie konntest du das wissen?«

      »Menschliche Natur und menschliche Dummheit«, sagte sie und stieg in den Wagen, während er noch darüber nachdachte und die Stirn runzelte.

      Im Auto gab Boutine dem Fahrer das Fahrtziel