Das Mädchen da oben auf der Treppe .... Harry Robson

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Название Das Mädchen da oben auf der Treppe ...
Автор произведения Harry Robson
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783347178731



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einfraßen. Anschließend musste ich das Gewehr reinigen und um 20: 00 h auf der Wache prüfen lassen. Otto, der große Kriegsherr, erbot sich, mir das Gewehr zu reinigen, wenn ich noch „einen Halben“ dazulegte. Ich versprach ihm das Bier und er putzte wie der Teufel. Die Inspektion zeigte keinerlei Mängel, und Otto bekam auch weiterhin meine Übungsmunition.

      Ab und an wurde dann auf dem Manövergelände/Schießstand mit scharfer Munition geschossen. Da half mir dann auch kein Otto. Erstaunlicherweise war ich direkt unter den 3 besten Schützen, was Otto natürlich maßlos ärgerte.

      Die große Panik unter den Soldaten löste das Wort „36-Stundenübung“ aus. Hierbei musste der Soldat, mehr oder weniger auf sich selbst gestellt, einige Kriegsaufgaben lösen, nachts im Zelt biwakieren, in der freien Natur sein Geschäft verrichten, aus Konservendosen sein Essen zubereiten und noch so ca. 25 km mit großem Gepäck marschieren. Hier konnte mir der Zahnarzt nun auch nicht mehr helfen. Im Rahmen dieser Übung musste auch ein kleiner Fluss überquert werden. Frühmorgens wurde ein Schlauchboot an die Überquerungsstelle geschafft, einer ruderte auf die andere Seite und befestigte dort ein Sicherungsseil, welches dann an dem Schlauchboot befestigt wurde. Da passte immer ein Zug (ca. 12 Mann) hinein. Im Laufe von zwei Stunden wurde so die ganze Kompanie auf die andere Seite verbracht. Das „Bodenpersonal“, die Leute, die das Ganze sicherten, bestand vorwiegend aus Soldaten, die es geschafft hatten, sich rechtzeitig krankschreiben zu lassen. Leider hatte das bei mir nicht geklappt. Mein UFZ wollte mit aller Gewalt, dass ich die Übung mitmachte. Meine ewigen Zahnarzttermine gingen ihm auf den Sack!

      Als sich aber dann herausstellte, dass die Übung auch von einem ausgebildeten Rettungsschwimmer beaufsichtigt werden musste, und ich der einzig verfügbare war, war die „36-Stundenübung“ für mich gestorben. Ich saß am Ufer. Wenn jemand ins Wasser gefallen wäre, hätte ich ihn herausholen müssen. Das Wasser ging knapp bis zur Hüfte, wäre also lösbar gewesen.

      Während der Grundausbildung gab es keinen Heimaturlaub. Nach 6 Wochen durften wir samstags bis 22: 00 h raus. Das war’s. Natürlich nur in Uniform. Ich habe mit einem Kumpel ein paar Unterhosen gekauft, und wir waren zusammen essen. Endlich mal keinen Bundeswehrfraß. Andere Kollegen waren da schon weit fortschrittlicher. Einige fuhren nach Hamburg, um dort auf der Reeperbahn einmal so richtig die Sau raus zu lassen. Dort nahm man die Jungs ganz gelassen in die Arme, und als Hamburg mit ihnen fertig war, kamen sie ordentlich durchgeprügelt, nur noch mit Teilen der Uniform bekleidet, natürlich ohne Geld und Truppenausweis, viel zu spät wieder in der Kaserne an. Es hagelte Disziplinarstrafen!

      In Sichtweite der Kaserne stand ein Zweifamilienhaus. Von dort winkten immer Frauen zu uns herüber. Die „Braut des Soldaten“, hieß nur so, als Braut konnte man sie, trotz des Laufes, nicht benutzen. Je länger wir in der Kaserne eingesperrt waren, umso größer wurde das Verlangen nach einer Braut für Life. Es war aber ausdrücklich gewarnt worden, dass diese Frauen allesamt kranke Nutten waren, die zwar billig, aber auch hochansteckend waren. Bevor wir das erste Mal rausgelassen wurden, zeigte die Oberste Heeresleitung einen Film, in dem alle bekannten und verfügbaren Geschlechtskrankheiten in epischer Breite erklärt und auch gezeigt wurden. Alles in allem eine sehr unappetitliche Geschichte. Das hätte Warnung genug sein müssen, aber wie sagte der Turnlehrer…

      Mein Bettnachbar, also der, der unter mir lag, hatte sich einen Besuch bei den Damen gegönnt und berichtete mit stolzgeschwellter Brust, wie er es „denen“ gezeigt habe. Drei Hühner habe er „gefickt“ und dafür nur 30 DM bezahlt. Billiger ging es nun wirklich nicht. Die Mädels haben jedoch nicht nur 30 DM genommen, sondern ihm auch noch einen ausgewachsenen Tripper geschenkt. Er hatte also mehr bekommen, als er gegeben hatte. Eine echte „Win-Win-Situation“. 14 Tage lang musste er mit vielen anderen morgens um 06: 00 h im Sanitätsbereich auflaufen. Dort gab es eine Spritze gegen den ungebetenen Gast und das Verbot, sich sexuell zu betätigen.

      Ich hingegen besaß drei neue Unterhosen, hatte lecker gegessen, kein Geld verloren und auch keine Krankheit gewonnen. Eben auch Win-Win.

      9. Kapitel

      Am 01.07.1970 wurde ich zur Marineversorgungsschule (MVS) nach List/Sylt versetzt. Dort wurde mir dann schon wieder Schreibmaschine und Steno beigebracht, außerdem die Bundeswehrregeln für den Schriftverkehr. Da konnte nicht jeder so schreiben wie er wollte. Formalismus über Alles. Allerdings konnte ich diese Fähigkeiten gut gebrauchen, wie sich noch herausstellen sollte. Immerhin durfte man von Sylt aus einmal im Monat nach Hause fahren, was ich nicht versäumte. Es war eine Ochsentour. Man musste betteln, dass man Freitagmittag den Zug nach Hamburg nehmen durfte. Von dort aus war man dann gegen 22: 20 in Köln. Die Bimmelbahn nach Bergheim brauchte eine weitere Stunde, so dass man kurz vor Mitternacht zu Hause war. Zurück ging es dann Sonntagnachmittag gegen 16: 00h, so dass man Montagmorgen mit dem 1. Zug in Sylt eintraf und um 09: 00h in der Kaserne sein konnte.

      Die MVS bildete unter anderem auch die Köche für die Marine aus. Diese Ausbildung dauerte ebenfalls 3 Monate. Hier traf ich dann Otto wieder, den großen Kriegsherrn aus der Grundausbildung. Er stand an der Essensausgabe und führte wieder das große Wort. Nur von ihm würde es abhängen, ob jemand genug zu essen bekäme, denn er würde die Portionen einteilen. Also bekamen Typen, die er nicht mochte, kleinere Portionen oder zu wenig oder gar kein Fleisch. Irgendwie saß es ihm noch immer in den Knochen, dass ich ihn beim Schießen um Längen geschlagen hatte. Damals wollte ich ihn trösten und gemeint: Du wirst doch Koch, da musste nicht schießen können, ein scharfes Messer tut es doch auch. Diese wohlmeinenden, tröstenden Worte, hatte er irgendwie in den falschen Hals bekommen und nun war ich Feind, also ein Typ, der für kleine Portionen stand.

      Nun war ich nicht der Typ, der sich mit ihm geschlagen hätte. Ich lernte ja „Schreibstube“ und hatte Zugang zu den Schreibmaschinen. Ich verfasste also meine erste Beschwerde über Otto und seine Auffassung darüber, wie Portionen zu verteilen waren. Eigenartiger Weise wurde das sofort akzeptiert. Ich wurde Mitglied im Küchenbeirat, und Otte schälte eine Woche lang nur Kartoffeln.

      Auf Sylt habe ich meine „Liebe“ zum Laufen entdeckt. Man konnte ja auch außer saufen nix anderes machen. Es war ein Einödstandort. Ich schloss mich der Laufgruppe an und erreichte gute Zeiten auf 5.000 Meter. Da es immer irgendwelche Wettbewerbe gab, konnte man jedes Mal mit der Teilnahme einen Tag Sonderurlaub abgreifen und das war ja etwas, das zählte. Man musste nicht gewinnen, nur teilnehmen. Der Sonderurlaub konnte aber erst nach den 6 Monaten Grundausbildung genommen werden. Aber das war ja egal.

      Auf diese Weise trug ich zusätzliche 14 Urlaubstage zusammen und wog nur noch 68 kg.

      10. Kapitel

      Zum 1.10.1970 wurde ich dann zu meinem endgültigen Standort versetzt: „Amphibische Transportgruppe“ in Emden. Das war eine sogenannte „Komandoeinheit“, die die Aufsicht über das „Marineversorgungsbataillon“ in Emden hatte. Das bedeutete, dass in meiner Einheit nur Stabsoffiziere, „Höhere Tiere“ saßen. Aus dem Grund existierten auch nur drei Gefreite. Einer in der Schreibstube beim Spieß, einer war für den Kartenraum zuständig, und ich wurde der Registratur zugeteilt. Das ist die Stelle, bei der die Post ankommt. Hier wird die Post an die Beteiligten verteilt, hingetragen, abgeholt, umgetragen, abgelegt und fertige Post wird abgefertigt.

      An dieser Stelle folgendes: Stellen sie sich vor, sie besäßen eine Bank mit 100 Mitarbeitern. Es gäbe keine Öffnungszeiten, keinen Publikumsverkehr und auch kein Geld. Dieser Zustand beschreibt meine Tätigkeit. Es gab keinen Krieg, keinen Feind und auch nicht die Aussicht darauf, dass einer kommen würde.

      Das bisschen Arbeit musste für die Zeit von 08: 00 bis 17: 00 h reichen. Kein Wunder, dass ich auf allerlei dumme Ideen kam. So war es üblich, dass die Offiziere sich täglich um 11: 00 h zur „Lagebesprechung“ trafen. Hätte es Krieg gegeben, hätte man dann darüber beraten, wie mit dem Feind umzugehen sei. Es gab aber keinen Krieg. Dafür gab es Kaffee, der von den zivilen Schreibkräften zubereitet wurde. Weiter standen in einem Schrank diverse Alkoholika. Die dienten den Offizieren zur Stärkung, wenn die Lage es erforderte. Ich glaube, dass die Lage 1970 sehr ernst war, denn die leeren Stärkungsmittel lagen abends im Papierkorb. Diese mussten von der Registratur geleert und der Inhalt entsorgt werden. Dadurch wurde ich täglich über den Ernst der Lage informiert. Mit der Hand am Puls der Zeit.

      Gegen