Todesspiel ohne Skrupel - Zwei Thriller. A. F. Morland

Читать онлайн.
Название Todesspiel ohne Skrupel - Zwei Thriller
Автор произведения A. F. Morland
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745213232



Скачать книгу

      6

      Schwer zu sagen, wie die korrekte Adresse lautete, in der das Crack-Haus lag. Irgendein besonders schlauer Witzbold hatte vor kurzem sämtliche Straßenschilder in der Gegend abmontiert und in anderer Reihenfolge wieder angebracht. Lustig war das für niemanden. Aber andererseits kannte man sich in dieser Gegend entweder aus, oder man machte einen weiten Bogen um die South Bronx.

      Wir machten keinen Bogen.

      Es war ein Tatort wie viele andere. Vielleicht war das Aufgebot an uniformierten Beamten etwas größer und ihre Bewaffnung etwas schwerer. Beamten mit kugelsicheren Westen bezogen Stellung und sicherten die Umgebung ab. Man konnte nie wissen.

      Ein Lieutenant erläuterte uns den Stand der Ermittlungen.

      Die Opfer hießen Pat und Cyrus Borinsky. Sie waren Crack-Dealer gewesen und hatten es offenbar abgelehnt nach der Pfeife der KILLER ANGELS zu pfeifen.

      Jedenfalls sprach einiges dafür, dass sie hinter dieser Hinrichtung standen. Schließlich befanden wir uns hier mitten in ihrem Gebiet, wie sie es bezeichneten.

      "Das ganze wird ausgehen wie das Hornberger Schießen", sagte der Lieutenant nicht ohne Ärger in der Stimme. "Meine Leute gehen gerade von Haus zu Haus und befragen Zeugen. Aber glauben Sie, von denen wird irgendeiner den Mund aufmachen?"

      "Trotzdem müssen wir mit größter Sorgfalt vorgehen", meinte ich. "Selbst wenn es erst scheint, als würde nichts dabei herauskommen... Jede Kleinigkeit kann uns am Ende weiterbringen..."

      Einige Trauben von Schaulustigen aus der Umgebung hielten sich in sicherem Abstand und beobachteten die Aktivitäten der Polizei.

      Ein junger Mann fiel mir auf.

      Er hatte dunkles Haar und einen Oberlippenbart. Im rechten Ohr hing ein Ring, der in der kalte Wintersonne blitzte.

      Sein Gesicht wirkte nachdenklich.

      Er starrte wie gebannt auf die beiden Metallsärge, mit denen die Leichen weggeschafft wurden.

      "Heh, was ist los, Jesse?", hörte ich Milos Stimme.

      Ich antwortete nicht.

      Im selben Moment drehte der junge Mann sich ruckartig um und lief davon. Er setzte zu einem Spurt an, ehe er nach ein paar Dutzend Metern anhielt. Er atmete tief durch und wischte sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht.

      Ich fragte mich, was mit dem Jungen los war.

      Was hatte der Anblick der Metallsärge in ihm ausgelöst?

      Ich hörte auf meinen Instinkt und folgte dem Mann.

      "Wo willst du hin, Jesse?"

      "Einen Moment."

      Ich hätte es nicht erklären können. Nicht einmal Milo.

      Den jungen Mann hatte ich bald eingeholt. Ich fühlte die Blicke der Schaulustigen auf mir. Misstrauische Blicke.

      Der junge Mann stand in Gedanken versunken da. Eine tiefe Furche hatte sich mitten auf seiner Stirn gebildet. Dann drehte er mit einer ruckartigen Bewegung den Kopf in meine Richtung.

      Wir wechselten einen Blick.

      Ich sah den Gedanken an Flucht deutlich in seinen Augen.

      "Was wollen Sie?", fragte er.

      Ich holte meinen Ausweis und betete meinen Spruch herunter.

      "Agent Trevellian, FBI!"

      Ein Muskel zuckte unruhig in seinem Gesicht.

      Er hielt mir die ausgestreckten Hände hin. "Ich weiß, ich habe das Recht zu schweigen..."

      "Hören Sie auf mit dem Quatsch", erwiderte ich.

      Er verzog das Gesicht.

      "Habt ihr Cops etwa euren Spruch geändert? Komisch - die, mit denen ich zuletzt zu tun hatte, waren wohl noch nicht auf dem neuesten Stand..."

      "Ich habe nur ein paar Fragen", sagte ich.

      Er grinste.

      "Ah, jetzt kommt ihr auf die schleimige Tour und tut so, als wärt ihr Sozialarbeiter! Und dabei habt ihr die Handschellen schon griffbereit am Gürtel hängen..."

      "Du glaubst wohl, dass du dich auskennst", erwiderte ich.

      "Natürlich!"

      Milo war mir indessen gefolgt.

      Er stand neben mir.

      Dem jungen Mann mit dem Ohrring schien das nicht zu behagen. Das unruhige Flackern in seinen Augen gefiel mir nicht. Genauso wenig wie die Tatsache, dass beinahe die gesamte Muskulatur seines Körpers angespannt war.

      "Wie heißt du?", fragte ich.

      Er wirkte wie erstarrt.

      Und dann machte er eine Dummheit.

      Er griff plötzlich unter seine Lederjacke. Blitzartig riss er etwas heraus. Im gleichen Moment hatten Milo und ich unsere Pistolen gezogen.

      Der junge Mann grinste.

      Er hatte keine Waffe in der Hand, sondern einen Führerschein. Den warf zu uns herüber.

      Ich hob ihn auf.

      "Das war lebensgefährlich, was Sie da gemacht haben", stellte Milo fest.

      "Ohne ein gewisses Risiko hat man nicht das Gefühl, dass man wirklich lebt", erwiderte der junge Mann. Ich sah in den Führerschein. Er hieß Alberto Marias. Es war eine Adresse in East Harlem angegeben, die vermutlich nicht mehr stimmte.

      Marias öffnete die Lederjacke.

      "Ich bin unbewaffnet", erklärte er.

      "Warum machst du so etwas?", fragte ich.

      "Ich wollte sehen, wie schnell du bist, G-man!"

      "Red' nicht so einen Unfug!"

      "Gefällt dir die Antwort nicht? Dann gib dir selber eine bessere!"

      Ich machte einen Schritt auf ihn zu. Meine Pistole steckte ich wieder ins Gürtelholster zurück.

      Ich gab ihm den Führerschein zurück.

      "Zufrieden?", fragte er.

      Ich ließ mich durch seinen aggressiven Tonfall nicht irritieren.

      "Dort in dem Haus sind zwei Männer erschossen worden..."

      "Na und?"

      "Dafür, dass dich das gar nicht interessiert, stehst du schon eine ziemliche Weile hier herum. Hast du die Opfer gekannt?"

      "Ich kenne viele Leute."

      "Auch Patrick und Cyrus Borinsky?"

      Er zuckte die Achseln. Er wich meinem Blick aus. Sein abweisender Unterton wurde schwächer. Etwas gedämpfter sagte er dann: "Das waren Crack Dealer. Sieht so aus, als hätte jemand euch Cops die Arbeit abgenommen..."

      "So sieht das keiner von uns."

      "Ach, nein?", brauste er auf.

      "Jedenfalls keiner, der seinen Job ernstnimmt - und das sind die allermeisten."

      "Du musst es ja wissen!"

      "Hast