Название | Das große Buch der Berlin-Krimis 2017 - Romane und Erzählungen auf 1000 Seiten |
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Автор произведения | Alfred Bekker |
Жанр | Ужасы и Мистика |
Серия | |
Издательство | Ужасы и Мистика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783745201185 |
2
Norbert Artlinger ging auf und ab. Die für Berlin enorm große zweihundert Quadratmeter Wohnung, die Artlinger in einem Altbau bewohnte, bot genug Platz dafür. Artlinger brauchte diesen Platz.
Er war Galerist und Kunst bedeutete ihm in mehrfacher Hinsicht alles. Beruflich und privat. Beruflich war er Galerist und privat mit einer Künstlerin liiert. Vor einem Jahr war Jarmila Mohnheim bei ihm eingezogen.
Die hohen Wände waren seitdem mit ihren großformatigen Bildern vollgehängt, die ein fröhliches Durcheinander von Formen und Farben darboten.
Nur war sie damit bislang nicht besonders erfolgreich gewesen - und das, obwohl sie nun einen der erfolgreichsten Galeristen der Berliner Kunstszene in mehrfacher Hinsicht an ihrer Seite hatte.
Sie hatte ihren Vornamen geändert und nannte sich nun Jarmila anstatt einfach und schlicht Jana Mohnheim. Und außerdem benutzte sie seit einiger Zeit vorwiegend Tierblut anstatt Ölfarbe und anstatt eines Pinsels ihren eigenen Körper, mit dem sie sich auf der Leinwand wälzte.
Das alles hatte ihr allerdings nur in den Boulevard-Medien einige Aufmerksamkeit eingebracht. Ihrer Wertschätzung in der Kunstszene waren diese Aktionen eher abträglich gewesen und der Wert ihrer Bilder hatte sich nicht gesteigert. Die meisten erwiesen sich schon auf Grund ihrer außerordentlich großen Formate als unverkäuflich und so hingen sie nun im Dutzend in Artlingers Wohnung. Wenigstens waren hier die Räume hoch genug, um Gemälde, die derartig aus dem Rahmen fielen, aufzuhängen.
In Wien standen ihnen nun wichtige Gespräche mit Galeristen aus Europa bevor und außerdem hatten sie einen Termin mit einem Event-Manager aus Basel, der Jarmilas Karriere etwas auf die Sprünge helfen sollte.
Dass sie wirklich die künstlerische Potenz hatte, um ganz groß herauszukommen, daran glaubte nicht einmal Artlinger.
Er musste es schließlich wissen.
Er hatte zahllose Künstler aufsteigen und fallen sehen. Von den meisten sprach schon nach wenigen Jahren niemand mehr. Eine kleiner Hype, damit hatte es sich für das Gros. Über längere Zeit oben zu bleiben, das schafften nur die wenigsten. Und eigentlich gab es keine Indizien dafür, dass ausgerechnet Jarmila dazugehören sollte.
Bei einem anderem Künstler hätte Artlinger vielleicht argumentiert, dass sich der ganze Aufwand nicht lohnte.
Aber bei Jarmila galten andere Regeln. Sie war einfach besserer Laune, wenn sie zumindest die Illusion hatte, dass es aufwärts ging. Also machte Artlinger auch diese Aktion mit.
Und davon abgesehen, war Wien ohnehin immer eine Reise wert.
Aber jetzt hatte sich alles geändert.
Norbert Artlinger griff zum Telefon.
„Wen rufst du an?“, fragte Jarmila.
„Das Büro.“
„Jetzt? Wieso das denn?“
„Wir werden unseren Flug etwas verschieben müssen.“
“Was?”
“Ja, du hast richtig gehört.”
3
Ich trug unter der Lederjacke eine schusssichere Weste.
Man macht schon einiges mit, nur damit man nichts abkriegt.
Angenehm ist das nicht, kann ich Ihnen sagen!
Und eine Zulage gibt es auch nicht dafür.
Über Headset war ich mit den anderen BKA-Kollegen funktechnisch verbunden, die an diesem Einsatz beteiligt waren. Da ich den Reißverschluss meiner Lederjacke geschlossen hatte, um die Kevlar-Weste zu verbergen, steckte meine Dienstwaffe in der Seitentasche und nicht im Holster. Meine Hand hatte sich um den Griff der Pistole gelegt, sodass ich sie jederzeit herausreißen konnte.
Zusammen mit meinem Kollegen Rudi Meier ging ich die Straße entlang, vorbei an einem Club, der sich „Bordsteinschwalbennest“ nannte.
Aber so verrucht, wie der Name vermuten ließ war das „Bordsteinschwalbennest“ nicht. Es war ein Nachtclub der Luxusklasse, in dem viel Geld umgesetzt und wenig Gewinn gemacht wurde. Aber das war nach unseren Ermittlungen auch gar nicht das, was der Besitzer im Sinn hatte.
Das „Bordsteinschwalbennest“ diente unseren Ermittlungen nach der Geldwäsche. Dreckige Drogendollars sollten weiß gewaschen werden. Der Besitzer hieß Dima Modesta und war keineswegs ein unbeschriebenes Blatt.
Er galt als treuer Gefolgsmann der Russen-Mafia-Größe Vladi Gruschenko und hatte sich in dessen Organisation vom Türsteher und Schläger aufwärts hochgedient und war offenbar auf seine alten Tage mit dem nicht gerade anstrengenden Job belohnt worden, einen Club zu führen, der keine Gewinne, sondern nur Umsatz zu machen brauchte.
Immer dasselbe Spiel.
Formal war Modesta der Besitzer – aber unser Kollegen hatten ermitteln können, auf welchen verschlungenen Finanzpfaden Vladi Gruschenko seinen Strohmann mit dem nötigen Kapital ausgestattet hatte. Das alles lief über mehrere Scheinfirmen in Liechtenstein, der Schweiz und auf den Cayman Islands.
Wir hatten genug gegen ihn gesammelt, um ihn festnehmen zu können. Damit brach dann auch für Modestas Boss Vladi Gruschenko ein wichtiges Stück aus dem Imperium heraus, das diese graue Eminenz des organisierten Verbrechens aufgebaut hatte.
Rudi und ich hatten den Eingang zum „Bordsteinschwalbennest“ passiert. Ich machte an einem Zeitschriftenladen Halt und sah mir die Magazine im Drehständer an, den ich mit der Linken leicht bewegte. Rudi ging noch ein Stück weiter und blieb dann zwischen zwei parkenden Fahrzeugen stehen. Er tat so, als wollte er über die Straße gehen. Da die Straße stark befahren war, konnte er dort eine ganze Weile bleiben, ohne dass es auffällig war und gleichzeitig den Eingang des „Bordsteinschwalbennest“ beobachten.
Es war später Vormittag. Da war der Nachtclub natürlich noch nicht geöffnet. Es gab lediglich hin und wieder Lieferverkehr.
Wir wussten, dass Dima Modesta hier auftauchen würde. Er sah dann nach dem Rechten und traf sich auch mit Geschäftspartnern.
Maximal eine halbe Stunde dauerten diese Aufenthalte.
Dima Modesta war ein sehr misstrauischer Mann.
Offenbar hatte er sich vorgenommen, nie wieder so einfach in seiner Privatwohnung verhaftet zu werden, wie es im Zusammenhang mit seiner letzten Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung und Nötigung der Fall gewesen war. Er besaß zwar ein Luxus-Apartment, das auch von unseren Kollegen überwacht wurde – aber dort hielt er sich so gut wie nie auf.
Statt