Название | Die Eiswolf-Saga. Teil 1-3: Brudermord / Irrwege / Wolfsbrüder. Drei historische Romane in einem Bundle |
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Автор произведения | Holger Weinbach |
Жанр | Историческая литература |
Серия | Die Eiswolf-Saga |
Издательство | Историческая литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783862827718 |
Faolán versuchte, die Tür zu erreichen, aber er konnte sich nicht aufraffen. Er streckte eine Hand aus, doch sie war zu weit von der Tür entfernt. Schon nach wenigen Augenblicken begann sie zu zittern und fiel kraftlos zu Boden. Erschöpft drehte sich Faolán auf den Rücken und starrte an die Decke der kalten Zelle, ohne sie tatsächlich zu sehen … Seine Augen wurden glasig und eine willkommene Dunkelheit brach über ihn herein.
* * *
Faolán lag wach auf dem Zellenboden, doch es kam ihm vor, als schliefe er noch. Er war der Welt auf merkwürdige Weise entrückt und es schien ihm unmöglich, diesem Dämmerzustand zu entkommen. Der Novize versuchte, sein Umfeld zu begreifen, doch es entglitt ihm jedes Mal, wenn er glaubte, es festhalten zu können. Nur mit Mühe konnte er seine Augenlider zeitweise offen halten, immer wieder umfing ihn bewusstlose Schwärze.
Die Tür zu seiner Zelle öffnete sich. Grelles Licht zerschlug die wohltuende Dunkelheit. Schatten bewegten sich und Wasser rann plötzlich über seine glühende Stirn. Die Kühlung war nur von geringer Dauer, die Feuchtigkeit schien auf seiner Haut augenblicklich zu verdampfen. ‚Das Feuer der Hölle, dachte Faolán und erinnerte sich an ein Paar glühende, rote Augen.
Mit einem Mal fiel der steinerne Boden unter ihm ab und Faolán verlor jeglichen Halt. Die Decke kam ihm entgegen, und er fühlte sich schwebend, wie von Engeln getragen. Doch hier gab es keine Engel, nur düstere Schatten. Einer von ihnen trat dicht an ihn heran und flößte ihm ein Gebräu ein. Ein Brennen breitete sich plötzlich vom Rachen bis in den Magen aus und Faolán hätte den Sud am liebsten wieder von sich gegeben. Doch er war zu schwach um sich dagegen zu wehren.
Danach begann er aus der Zelle zu schweben, weiter durch die Hallen des Klosters, ohne auch nur eine Gliedmaße zu bewegen. Merkwürdige, dunkle Gestalten begleiteten ihn stumm auf seinem Weg. Gebäude, mit ihrer aus Stein geschlagenen Allmacht, zogen an ihm vorüber und blickten mit ihren dunklen Fenstern anklagend und verurteilend auf ihn herab. War das der Weg zum Jüngsten Gericht?
Faolán versuchte auszumachen, wo er sich befand. Er vernahm Stimmen, deren Worte er nicht verstand. War das die Sprache der ewigen Verdammnis? Schließlich kam ihm etwas bekannt vor. Es war abermals eine Stimme und Faolán glaubte, sie einem Mann zuordnen zu können, den seine Erinnerung als Abt Degenar bezeichnete. Er hörte sie für einen kurzen Augenblick, dann verschwamm wieder alles und er besaß keine Vergangenheit mehr. Die strahlende Sonne blendete ihn, trachtete ihn zu verbrennen. Weiter schwebte er durch die Welt, mit einem Schmerz, der unbarmherzig hinter seinen Augäpfeln hämmerte.
Dunkelheit und Kälte umfingen ihn mit einem Mal. Faolán öffnete seine Augen und fand sich in einer Kammer wieder, die sich um ihn zu drehen schien. Der Raum streckte sich weit in die Höhe und eine harte Holzplatte schmiegte sich an seinen Rücken. Faolán glaubte das Schlagen einer Tür zu vernehmen und es wurde noch finsterer.
Im schwachen Licht sah Faolán Bruder Wunholds Antlitz über sich schweben. Weshalb er sich an ihn erinnern konnte, wusste Faolán nicht. Wahrscheinlich hatte es mit seiner Verdammnis zu tun. Der Kopf des Mönches war so unerträglich nahe, dass seine Nasenspitze wie flüssiges Wachs mit Faoláns Gesicht zu verschmelzen begann. Lippen flüsterten Worte, die wie dicker Sirup in Faoláns Ohren drangen, sie zu verstopften drohten und die Welt immer dumpfer klingen ließen. Am liebsten hätte er geschrien, wäre er dazu in der Lage gewesen!
Doch der Kopf des Mönches schwebte und redete weiter vor sich hin, unerbittlich, unerträglich.
Feuer wurde herbeigeholt und flackerte verzehrend vor Faoláns Gesicht. Er war verdammt dazu, dieses Höllenwerk zu betrachten. Er war unfähig, seine Augen davor zu verschließen. Die Fratze des Heilers gaffte Faolán unentwegt an. Finger begannen über sein Gesicht zu fliegen und zu krabbeln, flink wie unzählige Spinnenbeine. Erneut wollte ein seltsam würziger Sud seinen Rachen hinabsteigen, drohte ihn zu ersticken, doch diesmal versuchte Faolán sich dagegen aufzubäumen.
Vergeblich!
Sein Magen schien zu zerreißen. Am liebsten hätte er alles wieder von sich geben, doch sein Körper versagte ihm diesen Dienst.
Faolán war zu erschöpft. Er konnte sich nicht wehren, konnte sein Schicksal nicht abwenden. Mit einem tiefen Atemzug ergab er sich dem Unabwendbaren, ganz gleich, was es sein würde. Schließlich umfing ihn erlösende Schwärze, lockte ihn mit Vergessen. Faolán hieß sie willkommen und folgte ihr mit einem schwachen Lächeln, selbst wenn dieser Weg die ewige Verdammnis bedeutete.
* * *
Ein nasses Tuch lag kühlend auf Faoláns Stirn. Er hielt seine Augen geschlossenen und tastete mit seinen Fingern vorsichtig danach. Eine fremde Hand war schneller und hielt ihn davon ab, sich weiter zu regen. „Bleib’ ruhig liegen. Ich werde mich darum kümmern!“
Es war Bruder Wunholds Stimme. Was war geschehen? Der Mönch entfernte das Tuch, tränkte es in frischem Wasser und legte es wieder auf die fiebrige Stirn. Mit geschlossenen Augen genoss Faolán die Kühlung und nutzte seine übrigen Sinne, um herauszufinden, wo er sich befand.
Er lag in einem Bett, das nicht das seine war und sich auch nicht im Schlafsaal der Mönche befand. Das Kissen war ungewöhnlich groß und weich. Auch die Decke war schwerer als gewohnt. Ein Wohlgeruch von Kräutern und etwas Weihrauch stieg ihm in die Nase. Das Husten eines anderen Mannes bestätigte seine Vermutung schließlich: Er befand sich im Krankensaal des Hospitals.
Langsam öffnete Faolán seine Augen. Grelles Morgenlicht drang durch die hohen, schmalen Fenster und durchflutete den weiß getünchten Raum, in dem sich mehrere Krankenlager befanden. Das Licht schien hier eine besondere Kraft zu besitzen. Neben seinem Bett saß Bruder Wunhold, der ihn beobachtete.
„Was ist …?“, brachte Faolán mühselig hervor. Eine Hand des Mönches gebot ihm Einhalt, während die andere einen Becher mit frischem Wasser reichte. Faolán trank langsam, während der Heiler begann, die Begebenheiten zu schildern.
„Ich werde dir kurz berichten, was geschehen ist. Allerdings nur, wenn du still zuhörst. Du musst dich noch schonen und das Sprechen kostet dich zu viel Kraft.“
Faolán nickte kurz und Bruder Wunhold begann zu schildern, was geschehen war, nachdem Prior Walram den Novizen in die Büßerzelle gesperrt hatte. Demnach wurde er zwei Tage ohne Wasser und Nahrung unter Verschluss gehalten. Außer Walram wusste niemand im Kloster, wo sich Faolán befand. Erst als sich der Abt der Angelegenheit annahm, wurde der Vorfall klarer. Der Bibliothekar hatte schließlich den entscheidenden Hinweis auf Walram gegeben. Allerdings war es trotzdem schwierig gewesen, Faolán zu finden, denn Prior Walram war wie vom Erdboden verschwunden. Ob er sich bewusst fern hielt, konnte nicht geklärt werden. Auffällig und ungewöhnlich war aber, dass er selbst den Andachten nicht beiwohnte.
Faolán wurde eher zufällig entdeckt und aus seiner Büßerzelle befreit. Sein Fieber war zu diesem Zeitpunkt bereits so weit vorangeschritten, dass sein gesamter Körper glühte und sein Geist jeglichen Bezug zur Realität verloren hatte. Ohne zu zögern hob der Abt die verhängte Strafe auf, und Faolán wurde unverzüglich ins Hospital gebracht. Die Behandlung war, nach Angaben des Heilers, kein einfaches Unterfangen gewesen. Böses Blut hatte sich bereits in der Bisswunde festgesetzt und bahnte sich seinen Weg am Halse des Novizen entlang. Es erforderte drei Tage allen Könnens des Mönches, ehe er den Jungen außer Gefahr sah. Seither war etwa eine weitere Woche vergangen und Faolán war überrascht, dass er sich an nichts erinnern konnte.
Weiter berichtete Bruder Wunhold, dass Faoláns Freunde, Konrad und Ering, so häufig am Krankenlager gewacht und geholfen hätten, wie es ihre täglichen Pflichten und Aufgaben erlaubten. Drogo und seine Anhänger hingegen hätten genau das Gegenteil zu bewirken versucht und die beiden Freunde ständig daran gehindert. Von den ausführlichen Schilderungen des Mönches wurde Faolán langsam schläfrig. Noch bevor der Bericht zu Ende war, umfing ihn bereits heilsamer Schlaf, den er so dringend benötigte.
Als Faolán wieder erwachte, wusste er nicht, wie viel Zeit vergangen war. Die Sonne ließ den Krankensaal wieder in