Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland

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Название Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket
Автор произведения A. F. Morland
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212730



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schloss die Tür, verließ die Wohnung und schlich die Treppe hinunter.

      Im Hof vor dem Haus sog er die kühle Morgenluft ein. Dann huschte er durch den Torbogen der Einfahrt und überquerte die Straße.

      Der neue Tag dämmerte bereits herauf, und Barry hatte das unbestimmte Gefühl, dass es ein entscheidender Tag werden würde.

      17

      Es war nicht die schlechteste Nacht gewesen. Wenn ihm nicht ständig die verlorenen Millionen durch den Kopf gegangen wären, hätte man sie sogar gut nennen können.

      Silvester Cord stieg ins Taxi und nannte eine Adresse in TriBeCa ein Bistro, in dem er manchmal frühstückte.

      Muriel hatte sich nicht lange geziert. Entzückt, endlich mal wieder von dem smarten Cord zu hören - so ungefähr hatte sie ins Telefon geflötet - hatte sie vorgeschlagen, sich zum Dinner bei >Le Bemardin< zu treffen. So von Angesicht zu Angesicht könnte man sich doch viel besser unterhalten.

      Also hatte sich Cord in die 155. Straße bringen lassen und sich den Bauch mit einer halb durchgegarten Seezunge gefüllt, während Muriel ihm von ungefähr einem halben Dutzend Filmen erzählte, die sie in den letzten Wochen gesehen hatte und deren Titel ihm heute Morgen schon wieder entfallen waren.

      Von Trauer und einsamer Witwe jedenfalls keine Spur, und im Bett hatte sie sich aufgeführt wie eine Katze, die man tagelang nicht an ihren Futtertrog herangelassen hatte.

      Muriel hatte sich also in jeder denkbaren Weise als ausgesprochen offen gezeigt - nur was den Tod ihres Mannes betraf, nicht. Der Arme sei eben verunglückt - Fallschirm hat sich nicht geöffnet, tragisch, aber so was kommt vor.

      Cord hatte angedeutet, dass er in ganz scheußlichen Schwierigkeiten steckte, und dass sein alter Herr ihm da heraushelfen könnte. Der Haken an der Sache wäre nur, dass er das nicht ums Verrecken wollte.

      Erst gegen Morgen, als Cord schon kaum noch konnte, hatte Muriel versprochen, gewisse Connections anzuzapfen. Um die Mittagszeit wollte sie ihn anrufen, hatte sie versprochen.

      Nach dem Frühstück ließ sich Cord von einem Cabby in die Gegend des Washington Square fahren. Dort bewohnte sein Vater mit seiner Lebensgefährtin ein weiträumiges Haus, das in dem chaotischen Baudrang der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts errichtet worden war. Im Stil eines kleinen Loire Schlösschens.

      »Du kommst, um dich zu entschuldigen, nehme ich an.« Hamilton Cord, Silvesters Vater, stand mit dem Rücken zu ihm am Fenster, als er das sagte. Mit dem Rauch seiner Zigarre versuchte er eine Fliege einzunebeln, die orientierungslos über die Scheibe krabbelte.

      »So könnte man es nennen.« Silvester sprach gedehnt und leiser als üblich. »Es gibt einfach Menschen, von denen kommt man nicht los.«

      Cord kannte seinen Vater. Er war als 20jähriger in der Normandie dabei gewesen, als es gegen die Nazis ging. Da hatte er gelernt, dass das Leben aus einem einzigen Augenblick besteht aus dem Augenblick nämlich, den man gerade lebt. Was davor war und was danach kam, interessierte ihn nur beiläufig. Vermutlich hatte er einfach vergessen, dass er einen Sohn hatte.

      »Die Sache damals war dumm von mir, Dad«, sagte Silvester. Seine Stimme klang so ehrlich wie die des Wirtschaftsministers, wenn er lächelte und Steuererhöhungen in den nächsten Monaten ausschloss. »Ich war sauer wegen Ma. Das musst du verstehen.«

      Der Alte lachte laut ohne sich umzudrehen. »Du bist jetzt noch sauer, Silvester, aber du kannst es dir nicht mehr leisten, sauer zu sein, stimmt’s? Die Zeichen in Japan stehen auf Sturm, und eine Versöhnung mit mir wäre sagen wir - hilfreich.«

      Cord presste die Lippen zusammen. Blanker Hass ließ ihn die Fingernägel in seine Handballen bohren. Wem steht denn deine Kohle zu, wenn nicht mir, du Scheißkerl?, dachte er, und er sagte: »Dad, ich wollte nur mal sehen, ob du noch auf eigenen Beinen gehst, weiter nichts.«

      Hinter Cord ging eine Tür auf. Er zwang sich, sich umzudrehen und die Frau anzulächeln, die er zu sehen erwartete.

      »Hallo, Suzanne, schön dich zu sehen.« Er reichte ihr die Hand. »Wie geht es dir?«

      Die brünette Frau war groß, fast so groß wie sein Vater. Eine modische Brille, kobaltblau, gab ihrem scharf geschnittenen Gesicht etwas Intellektuelles. Ihre 43 Jahre sah man ihr nicht an.

      Sie war Managerin in dem Zigarettenkonzern gewesen, in dessen Vorstand Cords Vater gesessen hatte.

      »Danke«, sagte sie, ohne seine ausgestreckte Hand zu beachten. »Was verschafft uns die Ehre?«

      »Nenn es Heimweh, nenn es eine alte Gewohnheit, vielleicht irgendwas dazwischen.« Cord zuckte mit den Schultern.

      Suzanne sah ihn durchdringend an, und er wusste genau, was sie dachte: Der Schleimbeutel braucht Geld, dachte sie.

      »Hör zu, Silvester.« Sein Vater drehte sich endlich um. »Nennen wir es doch einfach einen finanziellen Engpass. Kriegsbeil hin, Kriegsbeil her wie viel brauchst du?«

      Cord verschlug es zunächst die Sprache. Er hatte schon vergessen, wie großzügig sein Alter sein konnte.

      »Nun«, druckste er herum, »ich bräuchte schon eine größere Summe...«

      »Eine Million?« Der alte Cord sah ihn prüfend an und kam dabei paffend auf ihn zu.

      Er war ein stattlicher Mittsechziger, braungebrannt und mit schneeweißem Haar. Ein ebenso weißer, akkurat in Form gehaltener Schnurrbart verlieh ihm endgültig die Ausstrahlung eines adligen Schlossherren in Old England.

      »Sagen wir anderthalb Million, so viel kann ich lockermachen - anderthalb Million zunächst als zinslosen Kredit. Okay?«

      Cord zwang sich zu einem Lächeln. »Das hört sich gut an.« Etwas, das nach Dankbarkeit geklungen hätte, kam nicht über seine Lippen. »Ich werde drüber nachdenken.«

      »Denk aber nicht zulange nach, Silvester«, sagte der alte Cord. »In ein paar Tagen machen wir einen kleinen Ausflug nach Hawaii. Sobald meine Yacht aus dem Inspektionsdock kommt, laufen wir aus.«

      Später saß er in einer Bar vor einem Bier. Er war zu Fuß durch die Straßen hierher gelaufen. Um seine Wut abzureagieren. Anderthalb Million! Dieser geizige Scheißkerl!, dachte er ärgerlich. Ich hab mehr als viermal so viel verloren. Aber er will auf seinem verdammten Geld sitzen bleiben, dieser geile eitle Sack mit seiner arroganten Schlampe!

      Er bestellte noch ein Bier und brütete finster vor sich hin.

      Natürlich könnte er die anderthalb Million einsacken und sich dann aus dem Staub machen, aber... er schüttelte sich. Der Gedanke, noch mal ganz von vom anfangen zu müssen, bescherte dem Spießer in ihm einen Brechreiz.

      Warum sollte ich so ein Risiko eingehen? Das Geld ist doch da! Es sitzt nur der falsche Mann drauf... Er schätzte das Vermögen seines Vaters auf knapp 20 Millionen. Irgendwann geht der ganze Dollarsegen sowieso an mich über. Warum nicht, bevor der Scheißkerl es alles auf den Kopf haut in seiner Verschwendungssucht? Oder bevor er es dieser geldgierigen Schlampe vermacht?

      Das Gedudel seines Handys scheuchte ihn aus seinen finsteren Gedanken. Doch nur, um ihnen sofort neue Nahrung zu geben, denn Muriel meldete sich.

      »Hi, Baby«, säuselte sie. »Ich habe ein Treffen für dich klargemacht. Heute Abend im Lexington Hotel. Dort findet eine Vernissage statt. Frag nach der Geschäftsführerin und sag, du hättest ein Beratungsgespräch mit ihr vereinbart.«

      18

      Barry lief an diesem Morgen ziellos durch die Straßen. Der kleine Zeiger seiner Armbanduhr rückte unerbittlich auf zehn Uhr zu.

      Zehn Uhr - dann wollte die Chefin ihn sprechen!

      Vor seinem geistigen Auge erschienen immer wieder zwei Frauen: Theresa Vanhouven, die ihn flehend ansah, und seine Mutter in schmutzigen Laken, die ihn aufforderte, die