Название | Schwarzer Honig |
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Автор произведения | Harriette Van der Ham |
Жанр | Биографии и Мемуары |
Серия | |
Издательство | Биографии и Мемуары |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783748298816 |
Der Kellner bringt Wasser und eine Schale mit Makadamia-Nüssen. Farrah eröffnet das Gespräch und fragt Harriette, was sie nach Lamu führt. Sie wundert sich über diese Frage, denn das hatte sie ihm bereits am Nachmittag erzählt. Aber vielleicht war diese Information nicht für ihn, sondern für Alice gedacht. Harriette wiederholt ihre Geschichte vom Nachmittag über ihr gerade erworbenes Haus in Malindi und ihre Umbaupläne. Sie erzählt von ihrer Suche nach ausgefallenen Möbelstücken. Es scheint Alice nicht zu interessieren. Sie schaut Harriette nicht einmal an. Farrah aber nimmt sich jetzt Zeit, so wie er es am Nachmittag versprochen hatte. Er hört ihr zu. Er will mehr wissen über Harriette, warum ausgerechnet Kenia, was sie vorher gemacht hat und so weiter und so fort. Es entwickelt sich ein Gespräch zwischen Farrah und Harriette, in dem sie mehr über ihn und seine Frau erfährt. Alice kommt aus Australien. Die beiden haben sich in Nairobi kennengelernt. Alice wollte auf Lamu leben und letztendlich ist Farrah mit ihr nach Lamu gezogen. Beide haben sich nun ein kleines Imperium hier aufgebaut. Imperium! Harriette empfindet das als übertrieben, aber so hat Farrah es gerade genannt. Harriettes erster Eindruck wird nun bestätigt. Dieses ‘Königspaar von Lamu’ scheint eine Menge Einfluss zu haben.
“Ich reise morgen wieder nach Malindi. In den kommenden Wochen werde ich mit dem Umbau meines Hauses beginnen. Ich weiß jetzt, was Ihr an Möbeln fertigt. Ich komme darauf zurück, wenn es soweit ist”, verspricht sie ihm. Kurz darauf verabschiedet sich Farrah.
“Das Büro wartet”, lacht er und steht auf. Er gibt ihr die Hand. “Wir hören voneinander”.
Alice steht auch auf, beugt sich kurz zu ihr und verabschiedet sich, ohne das geringste Lächeln. Harriette will ihr die Hand geben, aber Alice ignoriert ihren Versuch. Und so schreiten die beiden von dannen. Harriette schaut ihnen nach. Welch ein merkwürdiges Paar!.
*
Zwei Monate nach ihrer Rückkehr - es ist Anfang Dezember - kommt Harriettes Container mit ihrem Hab und Gut in Mombasa an. Sie freut sich darauf, ihre persönlichen Sachen wieder um sich haben zu können. Sie erscheint bei der Hafenbehörde von Mombasa mit einem dicken Packen Dokumente in ihrer Hand. Trotz der guten Vorbereitung der Spedition erwartet sie ein Spießrutenlaufen. Harriette verbringt einen ganzen Tag in der Hafenbehörde, wird von einer zur anderen Abteilung geschickt, aber nach vielen Stunden Geduld, Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen wird der Container freigegeben. Sie hätte das alles viel schneller erledigen können, wenn sie in jeder Abteilung mit ‘Chai’6 nachgeholfen hätte, erklärt Subhash ihr später.
“Ja, das ist in diesem Land Teil des Alltags. Ohne ‘Chai’ geht hier fast gar nichts”.
Harriette verabscheut es, jemandem Geld geben zu müssen, um zu vermeiden, dass diese Person ihr nicht das Leben schwer macht. Wenn jemand hilfsbereit und freundlich ist, gibt sie gerne und dann ist das auch gerechtfertigt. Sie macht es sich zu einem ihrer Grundsatzprinzipien in Kenia, nie und nimmer wen auch immer mit ‘Chai’ zu bestechen, wohl wissend, dass da so manch schwierige Situation auf sie zukommen wird.
Zwei Tage später kommt ihr Container endlich in Malindi an. Es ist wie Weihnachten: ein Wiedersehen mit Dingen, die ihr so am Herzen liegen.
Auch Alessio kommt mit seinen Bauvorschlägen. Sie gehen alles gemeinsam durch und nach einigen kleinen Änderungen stimmt Harriette zu und unterzeichnet den Umbauvertrag. Alessio wird nach Erhalt der ersten Ratenzahlung sofort beginnen und das ist morgen!
Und dann kommt Panya als neues Familienmitglied in die Villa Waridi. Eine kleine, junge, verkommene, schwarze Hündin, die von Touristen verwahrlost am Straßenrand gefunden und beim Tierarzt abgegeben wurde. Harriette nimmt sie bei sich auf. Molly, Tom, Dick und Harry haben nichts dagegen und schnell integriert und entwickelt sich Panya zu einer wahren Schönheit. Sie ist sehr anhänglich und sozial. Für Harriette ein Traumhund!
Ein neuer Start in einem fremden Land ist nicht einfach, aber Harriette ist zufrieden mit dem, was sie bis jetzt erreicht und umgesetzt hat. Sie lernt jeden Tag. Sie lernt, dass Distanz zu den Mitarbeitern nicht Arroganz, sondern eine lebensnotwendige Umgangsform ist, dass Freundlichkeit gut, Überlegenheit aber besser ist. Sie lernt strikt und konsequent zu sein, ein ‘Muss’ in diesem Land. Sie lernt aus ihren Fehlern: in den ersten Wochen ihres neuen Lebens in Afrika kauft Harriette Unmengen an Zucker und Ugali für die Mitarbeiter ein, ohne dass ihr wirklich klar ist, was diese damit machen. Aber wie viel sie auch an Vorräten kauft, innerhalb weniger Tage sind sie verschwunden. Wie können drei Personen in einer Woche zwei Kilo Zucker und vierzehn Kilo Ugali konsumieren? Sie ist wohl zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um zu bemerken, dass Jengo, Mosi und Furaha den Löwenanteil der Lebensmittel einfach mit nach Hause nehmen. Auch verschwindet innerhalb einer Woche ein fünfzig Kilogramm schwerer Sack mit Reis, den sie für die Hunde gekauft hat. Endlich fällt der Groschen.
Harriette lernt, deutliche Spielregeln aufzustellen: Pro Woche gibt es eine festgesetzte Menge an Zucker, Tee, Ugali und Reis. Wenn die Menge am ersten Wochentag schon verschwindet, Pech! Es wird erst wieder in der kommenden Woche eingekauft. Und siehe da: das klappt!
Eine weitere Spielregel, die Harriette aufstellen muss, ist der Umgang mit Diebstahl im eigenen Haus. Harriette weigert sich, in ihrem Haus alles hinter Schloss und Riegel aufbewahren zu müssen. Wertsachen wie Schmuck allerdings bringt sie in einen Banksafe. Die unterliegen also keiner Gefahr.
“Sollte aber irgendetwas verschwinden aus meinem Haus, teile ich euch das mit”, erklärt sie ihren Mitarbeitern. “Sollte keiner von euch innerhalb von 24 Stunden zu mir kommen, um den Diebstahl zu bekennen, dann entscheide ich, ohne weitere Angabe von Gründen, wer von euch fristlos entlassen wird”.
Trotz dieser Warnung verschwinden im Laufe der Jahre auf mysteriöse Art und Weise CDs, Kleidung, die Musikanlage, Motorsäge, Ersatzwasserpumpe, und so verabschiedet sich Harriette immer wieder von einem Mitarbeiter, ob dieser nun der Täter war oder nicht.
Harriette lernt auch Geduld. Sie erklärt Furaha jeden Tag aufs Neue, dass sie einen abgestaubten Fotorahmen wieder so hinstellen soll, wie er stand, also vertikal und nicht horizontal.
“Furaha, schau mal genau auf das Foto”, sagt Harriette, als das Foto zum hundertsten Mal liegt statt zu stehen. Furaha schaut auf das Foto. Harriette warte und wartet. Langsam neigt Furaha ihren Kopf zur Seite.
“Ah, sorry mama!”, sagt sie, und stellt den Rahmen vertikal wieder auf seinen Platz. Sie hat es begriffen, für heute. Morgen ist ein anderer Tag.
Sie lernt, dass Neuanschaffungen nur eine kurze Lebensdauer haben. Der berühmte Eimer! Harriette weiß nicht, wie viele Eimer sie im Laufe der Jahre angeschafft hat, aber in kürzester Zeit sind sie unbrauchbar. Das gleiche gilt für Besen, Sägen, Buschmesser. So hat sie einmal ein teures Set Küchenmesser aus Europa mitgebracht. Endlich mal ein paar gute Messer hier im Haus, denkt sie. Bereits am nächsten Tag wird eines der Messer vom Gärtner missbraucht, um Zweige vom Baum zu schneiden! Warum?
“Mama, die Säge ist kaputt. Wie soll ich denn sonst die Zweige abschneiden?” Es ist oft zum Verzweifeln!
Sie lernt mit der Ineffizienz von Behörden und Staatsbetrieben umzugehen: so empfängt sie jeden Monat Rechnungen, die weder sie noch ihr Haus betreffen. Man entschuldigt sich dafür, aber eine interne Korrektur des Fehlers wird nicht vorgenommen. Jeden Monat das gleiche Drama. Harriette weigert sich Rechnungen zu bezahlen, die sie nicht betreffen, und immer wieder bekommt sie zu hören, dass sie erst bezahlen müsse, danach könne man die Änderung im System vornehmen. Jeden Monat die gleiche Zeit- und Energieverschwendung. Sie lernt durchzuhalten.
Sie lernt, dass Zeit in Kenia eine andere Dimension hat als in Europa. Nichts hat Eile. “Sitz und warte!”, lautet die Devise.
Aber sie lernt auch vieles mit anderen Augen zu betrachten. Sie bewundert die körperliche Behändigkeit von jungen Arbeitern, die scheinbar mühelos barfuß in den Balkenkonstruktionen der Makuti-Dächer herumklettern - alles ohne jegliche Vorsichtsmaßnahme. In Europa würde jemand im Hochlader anfahren,