Das Krimi All Star Jahrbuch 2020: 7 Romane. A. F. Morland

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Название Das Krimi All Star Jahrbuch 2020: 7 Romane
Автор произведения A. F. Morland
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745213072



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vor mir.

      "Haben wir nicht bald Kommunalwahlen?", meinte ich, als der glattzüngige Vogel wieder davongeflogen war.

      Christine nickte. "Ja, ein paar Wochen sind es aber noch hin."

      "Kein Wunder, dass er sich tummelt, der OB!"

      "Das muss er auch, Michi."

      "Wieso?"

      "Weil der Vorsprung seiner Partei im Rat nur ganz knapp ist." Sie zuckte mit den Schultern. "Vermutlich wird er es dennoch schaffen. Und dann ..."

      Sie machte eine Pause, nahm den letzten Tropfen Sekt aus ihrem Glas und verschluckte sich daran.

      "Was › und dann‹?", hakte ich nach, nachdem ich ihr mit einem Schlag zwischen die Schulterblätter geholfen hatte. Sie atmete heftig und geräuschvoll.

      Als sie sich wieder gefangen hatte, fuhr sie fort: "Sag bloß, das weißt du nicht?"

      "Was denn?"

      "Na, das pfeifen doch die Spatzen von den Dächern und Journalisten aus den Redaktionsstuben! Für Dr. Werneck ist der Posten des OB doch nur eine Durchgangsstation."

      "Was du nicht sagst."

      "Werneck will höher hinaus. Landtag, Bundestag et cetera pp. Kannst du dir ja denken. Der Fraktionsvorsitz im Landtag wird von einem ziemlich alten Knochen besetzt. Man kann sich an zwei Fingern ausrechnen, dass der bald in Rente geschickt wird. Und die Hyänen sitzen bereits in den Startlöchern. Wart's ab! Bis dahin wird sich unser OB noch entsprechend ins Gespräch bringen! Voraussetzung ist natürlich, dass er bei den Wahlen seinen Sessel verteidigt."

      "Sonst kommt ein jäher Fall!"

      "So ist das nun einmal."

      Ich zuckte mit den Schultern. "Im Grunde interessiere ich mich kaum für Kommunalpolitik!"

      Christines Gesicht bekam jetzt einen tadelnden Ausdruck. "Solltest du aber!"

      "Ich weiß. Es ist aber nun einmal so."

      "Eine Schande! Und dabei erinnere ich mich, dass wir früher mal zusammen auf einer Friedensdemo waren."

      "Ich sagte Kommunalpolitik. Was politisch so am Südpol läuft, interessiert mich zum Beispiel brennend."

      Das Lächeln, das jetzt auf ihrem Gesicht erschien, wirkte ungewohnt sanft. "Du bist ein verdammter Zyniker geworden, scheint mir!"

      "Nein, das war ich immer schon."

      "Das glaube ich nicht."

      Ich hob die Augenbrauen und mein Sektglas. "Ach, nein? Und was bitte schön glaubst du?"

      "Dass du nur so tust!", war ihre knappe Antwort.

      Ich zuckte die Achseln. "Vielleicht hast du sogar Recht."

      13

      Ein Rudel von ziemlich flippigen Bekannten entführte mir Christine, aber ich hatte nichts dagegen.

      "Man sieht sich, Michi!", säuselte sie und hob dabei ihr inzwischen leeres Glas.

      Ich grinste. "Man sieht sich."

      Aber das hörte sie wohl kaum noch.

      Ich ging ein bisschen zwischen den Trauben von tatsächlichen und eingebildeten Kunstfreunden oder solchen, die wegen dem Sekt gekommen waren, hin und her und ließ den Blick über Christines Werke schweifen.

      Eine gepflegte Langeweile, die das Auge entlastete. "Ein Fanal der Einfachheit, das mit seiner Klarheit direkt in das multimediale Herz jenes wüsten Bildermeeres trifft, in dessen Fluten wir alle zu versinken drohen", so hätte das ein Aspekte-Moderator vielleicht mit geschwollener Kehle über den Sender gebracht.

      Mein Blick blieb an einer buckligen Endfünfzigerin haften, die eine Lesebrille mit halben Gläsern vorne auf der Nasenspitze trug und ihrem Begleiter mit großer Gestik die Bilder erklärte.

      Universitätsdozentin, tippte ich.

      Sie glaubte wahrscheinlich, dass sie in ihrem engen Strickkleid hip aussehe, aber es wirkte nur lächerlich. Dahinter sah ich Dr. Werneck stehen. Er schien den Bildern etwas ratlos gegenüberzustehen, aber die Leute um ihn herum interessierten sich ohnehin mehr für den OB als für Kunst.

      Der Presse-Mann blitzte eifrig.

      Und Dr. Wernecks Tiger-Lächeln blitzte im selben Rhythmus mit.

      Ich sah diesem Basar der Eitelkeiten eine Weile amüsiert zu und überlegte, welche dieser gockelartigen Geschöpfe ich zu jenen heiteren Kurzgeschichten verarbeiten würde, die man an Tageszeitungen verkaufen kann.

      Dann sah ich Dr. Werneck plötzlich herumwirbeln. Ein junger Mann hatte sich durch die Menschentraube von hinten an den Oberbürgermeister herangearbeitet und ihn bei der Schulter gefasst.

      Ich staunte nicht schlecht.

      Der junge Mann war ein Bekannter. Es war der Filzlockige, der nach Lammers Tod unter den Schaulustigen gewesen und dann wie von Sinnen geflüchtet war, nachdem ihn eine Passantin angesprochen hatte.

      Ich sah wieder dieses unruhige, panische Flackern in seinen Augen.

      Auf Dr. Wernecks Gesicht stand ein fragendes Stirnrunzeln. Er schien den jungen Mann zu kennen, denn er beugte sich sofort zu ihm.

      "Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment!", wandte er sich dann an sein Rudel und ließ sich von der Filzlocke davonziehen.

      Ich sah auf die Uhr.

      Es wurde Zeit für mich, fand ich. Meine tägliche Dosis Kultur hatte ich schon deutlich überschritten.

      Ich sah zu, dass ich irgendwo mein Glas loswurde und machte mich aus dem Staub.

      Als ich hinaus in die Nacht trat, kam mir ein Schwall kalter Luft entgegen. Es war eine sternklare Nacht, und ein paar Straßen weiter bewies ein verhinderter Porschepilot, dass man mit einem Opel auch richtig Gas geben kann.

      Ich hatte meinen Fiat in einer nahen Seitenstraße geparkt, wahrscheinlich im Halteverbot, aber ich setzte darauf, dass Münsters Politessen bei Nacht nicht unterwegs waren.

      Ich hoffte es jedenfalls.

      "Was willst du?", durchschnitt eine harte Männerstimme die klare Nachtluft.

      Ich erkannte sie sofort.

      Sie gehörte Dr. Werneck, den ich in einiger Entfernung zusammen mit dem Filzlockigen unter einer Straßenlaterne stehen sah.

      Ich blieb stehen.

      Die beiden hatten mich nicht bemerkt, so intensiv waren sie damit beschäftigt, mal etwas leiser und dann wieder ziemlich laut aufeinander einzureden.

      "Ich brauche das Geld!", sagte der Filzlockige.

      "Hartmut!"

      "Papa, jetzt mach doch nicht so'n Theater!"

      "Bist du in Schwierigkeiten?"

      "Gib mir einfach die Scheine und frag mir nicht dauernd Löcher in den Bauch, hörst du?"

      Dr. Werneck griff in die Jackettinnentasche und holte seine Brieftasche hervor. Er nahm alle Scheine heraus, die darin waren. "Hier", sagte er. "Mehr habe ich im Moment nicht!"

      "Ein Scheck!"

      "Hat das nicht bis morgen Zeit, Junge?"

      "Es hat nicht bis morgen Zeit, kapiert! Ich brauche es jetzt!"

      "Schrei doch nicht so!"

      "Fünftausend Euro sind doch für dich nicht viel. Ich weiß nicht, was du darum so ein Brimborium machst!"

      Dr. Werneck seufzte. "Wenn ich deine Einstellung hätte, glaubst du, da wäre ich je nach oben gekommen?"

      "Nein, dann wärst du wahrscheinlich so 'ne Niete wie ich. Das wolltest du doch