Der Mann, der nicht verlieren kann. Rick Reilly

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Название Der Mann, der nicht verlieren kann
Автор произведения Rick Reilly
Жанр Биографии и Мемуары
Серия
Издательство Биографии и Мемуары
Год выпуска 0
isbn 9783455009583



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nach der Runde sind nicht minder krass. In seinen Score scheint immer eine Art Trump-Rabatt eingerechnet zu werden. Wenn er zur Mittagszeit mit einer höchst fragwürdigen 77 ins Clubhaus kommt, ist daraus auf der Rückfahrt schon eine 75 geworden – beim Abendessen dann eine 72.

      Doch der Trump-Rabatt gilt nicht nur für seine eigenen Scores. Jeder, den er mag, hat ebenfalls Chancen auf den Trump-Rabatt. Der legendäre Golfer Lee Trevino erzählt von einem Fall, als er auf einem der Plätze Trumps eine 72 spielte. Danach traf er im Umkleideraum auf Trump.

      »Und, wie ist es gelaufen?«, fragte Trump.

      »Zweiundsiebzig«, antwortete Trevino.

      Trump war begeistert und fing an, die Golflegende in seinem Clubhaus herumzureichen. »Das hier ist der große Lee Trevino. Er hat gerade eine 70 gespielt!« Beim nächsten Mitglied ging es weiter: »Wissen Sie, wer das ist? Lee Trevino! Er hat eben eine 68 gespielt!« Und kurz darauf: »Er hat eine 66 gespielt!«

      Zum Schluss sagt Trevino: »Ich musste machen, dass ich wegkomme, sonst hätte ich noch den Platzrekord geknackt!«

      Nicht nur bei Golfergebnissen dreht Trump gerne an den Zahlen. Ob Marktwert, Zuschauerzahlen, Körpergewicht – ganz gleich, ob er die Zahl nach oben oder unten korrigieren muss, es zählt am Ende nur das Ergebnis, das ihn als Gewinner dastehen lässt.

      Nicht einmal seine Gebäude bleiben davon verschont. Sein 68 Stockwerke hoher Trump Tower in New York City hat zum Beispiel gar keine 68 Stockwerke, sondern nur 58. Da steckt natürlich eine Geschichte dahinter. Als der Bau fertig war, fehlten dem Trump Tower mit 202 Metern knapp 13 Meter bis zum knapp 215 Meter hohen General Motors Building ganz in der Nähe. Trump sagte sich, okay, die ersten 19 Stockwerke sind für Geschäfte reserviert, was sollte ihn also daran hindern, die erste Etage mit Wohnfläche als 30. Etage auszuweisen anstatt als 20.? Auf diese Weise hätte er zehn Etagen auf einen Schlag dazugewonnen, die oberste Etage wäre damit Nummer 68, das hört sich zumindest höher an als das GM Building mit seinen lediglich 50 Stockwerken. Genau das tat er dann auch. Und die Idee gefiel ihm so gut, dass er seinen Trump World Tower (der in Wirklichkeit 70 Stockwerke hat) kurzerhand auf 90 Etagen aufblies.

      So harmlos diese Lüge daherkommt, sie wurde im April 2018 zum Problem für die New Yorker Feuerwehr, als in einem Apartment im Trump Tower ein Feuer ausbrach. Beim Notruf wurde ein Feuer im 50. Stock gemeldet, aber die Feuerwehrleute vor dem Gebäude zählten von außen hoch und sahen ein Feuer in Etage Nummer 40. Gab es vielleicht zwei Brände? Was zum Teufel ging hier vor?

      Ich bin 1,85 Meter groß. Ich habe viele Male neben Trump gestanden, und zwar jedes Mal Auge in Auge. Auch mit Barack Obama bin ich übrigens auf Augenhöhe. Wenn Sie sich Fotos ansehen, auf denen Obama und Trump zusammen zu sehen sind, sind sie ziemlich genau gleich groß. Das tut natürlich weh. Als dann aber der Leibarzt des Weißen Hauses im Januar 2018 Körpergröße und Gewicht Trumps kundtat, hatte Trump plötzlich »1,90 Meter, 108 Kilogramm«. Praktischerweise blieb Trump damit um genau 0,1 BMI-Punkte unterhalb der Kategorie »fettleibig«. Mit seinen tatsächlichen 1,85 Meter müsste er gut fünf Kilo abspecken, um den Makel der Adipositas abzuwenden. Nun ist natürlich nicht auszuschließen, dass Trump seit unserer letzten direkten Begegnung um fünf Zentimeter gewachsen ist, aber bei einem Mann von über 70 Jahren ist das doch eher unwahrscheinlich.

      Manchmal erledigt auch das Personal des Weißen Hauses diese Zahlenspielereien für ihn. Erinnern Sie sich an die kurze Karriere von Anthony Scaramucci als Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses? An seinem ersten Arbeitstag wollte »The Mooch« demonstrieren, wie sportlich Trump ist. »Ich habe ihn im Madison Square Garden gesehen«, sagte Scaramucci nach Angaben von Reportern, die das Ganze aufgenommen haben, »er steht da im Mantel an der Freiwurflinie und netzt einen Wurf nach dem anderen ein. Er versenkt Ein-Meter-Putts mit tödlicher Sicherheit. Ich sehe hier einen Mann, der sich niemals unter Druck setzen lässt. Er ist einfach ein phantastischer Wettkampftyp.« Alles gut und schön – bis das Weiße Haus die Mitschrift von Scaramuccis Pressekonferenz veröffentlichte. Die »Ein-Meter-Putts« hatten sich auf wundersame Weise in »Zehn-Meter-Putts« verwandelt.

      Trump macht oft ein großes Tamtam um die 68, die er nach eigener Aussage einmal auf dem berühmten und schwierigen Platz eines Country Clubs in Los Angeles gespielt hat. Schon das wäre eine unglaubliche Leistung, selbst für den Besitzer eines der Selbstgefälligkeit geschuldeten Handicap 3 wie Trump. Der Kurs ist wirklich verdammt anspruchsvoll, voller Tücken und Gefahren, teuflischer Grüns und so tiefer Bunker, dass du einen Londoner Doppeldeckerbus darin verstecken kannst. Trump schwebte also eines Nachmittags mit breiter Brust im Clubhaus ein und prahlte mit der 68, die er gerade gespielt hätte. Sofort stieß er auf größte Zweifel. »Im Leben nicht«, beschieden ihm Clubmitglieder, die es sich auf der Terrasse neben dem 18. Loch gemütlich gemacht hatten.

      Aber Trumps Freunde nennen ihn auch gerne mal »Double Down« (Mister »Jetzt-erst-recht«), und das tun sie nicht ohne Grund.

      »Hab ich wohl gespielt«, sagte er. »Und es war sogar eine saubere 68.«

      Ach, gibt es auch andere?

      Der führende Profi dieses Clubs ist ziemlich pedantisch, was die Regeln angeht. Er ist sogar bei der PGA of America als Funktionär für die Regeln zuständig. Der würde eher in Stöckelschuhen spielen als einen Regelverstoß begehen. Kaum war Trump wieder weg, zitierte er die zwei Caddys der Gruppe in sein Büro. Die beiden trugen noch immer ihre weißen Overalls, kamen ins Büro und nahmen Platz. Der Profi schloss die Tür.

      »Also«, sagte er. »Mr. Trump behauptet, er hätte heute eine 68 gespielt. Trifft das zu?«

      Die beiden Caddys sahen sich fragend an.

      »Nicht im Entferntesten«, antwortete der eine.

      »In tausend Jahren nicht«, ergänzte der andere.

      »Im besten Falle eine 79«, korrigierte der erste.

      Die 68 kam zustande – laut Aussage der beiden – durch Ballwürfe, Kicks und Golfbälle, die straflos aufs Fairway zurückbefördert wurden. Da wurden Bälle anderer Spieler weitergespielt, es gab Wiederholungsschläge und Mulligans überall und jederzeit. Und das typische Geräusch, das der Plastikball macht, wenn er in die Plastikschale des Lochs kullert, wurde an dem Tag nur selten vernommen. »Er spielte wirklich nicht schlecht, aber eine 68 dürfte es wohl kaum gewesen sein«, sagt der langjährige NBA- und College-Basketballtrainer Mike Dunleavy, der in der Gruppe dabei war. »Ein paar Bälle wurden inkorrekt versetzt und Ähnliches mehr.« Beziehungsweise: Es gab so viel Trickserei und Beschiss, dass am Ende kein Mensch wusste, was er wirklich gespielt hatte. Für jeden anderen wäre ein Ergebnis in den hohen 70ern auf diesem Platz ein Ergebnis zum Einrahmen gewesen. Trump reichte das nicht im Entferntesten.

      Greg Puga aus Los Angeles, im Jahr 2000 U.S. Mid-Amateur Champion und lange Jahre als Spieler und Caddy aktiv, hat schon viele Male mit Trump im gleichen Flight gespielt.

      Er hat von der 68 gehört – und er gehört quasi zum Inventar in den Caddy-Räumen von L.A. –, und er glaubt kein Wort davon. »Achtundsechzig?«, wundert sich Puga. »Auf dem Kurs? Ihr wollt mich wohl verarschen. Nicht einmal auf dem Minigolfplatz in Long Beach würde der eine 68 hinbekommen. Keine Chance. Im Leben nicht.«

      Wer aus einer 78 eine 68 machen will, muss schon ein paar clevere Tricks auf Lager haben. Daran jedenfalls herrscht bei Trump kein Mangel.

      *Der unsichtbare Ball

      »Ich habe oft mit ihm gespielt«, erzählt ein häufiger Gast in Trumps Viererrunden. »Einmal war ich auf dem Fairway, und er war neben dem Grün, aber ein wenig hinter einem Hügel. Er glaubte wohl, dass niemand zuschaut, aber ich habe es gesehen. Ich sah, wie er eine Chip-Bewegung seitlich des Hügels gemacht hat, allerdings kam kein Ball geflogen. Dann ging er den Hügel hoch, griff mit der Hand ins Loch und zog einen Ball heraus. Den musste er schon die ganze Zeit in der Hand gehabt haben. Er hob den Kopf und rief ›Der Chip hat gesessen!‹ Im Ernst jetzt, wer tut so etwas?«

      *Aufklauben und Einsacken

      Bei diesem listigen kleinen Trick spielt man auf dem Grün den Annäherungsschlag und sammelt den Rest dann einfach rasch auf, ganz gleich, wie weit der