Название | Leni Behrendt Classic 59 – Liebesroman |
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Автор произведения | Leni Behrendt |
Жанр | Языкознание |
Серия | Leni Behrendt Classic |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740966010 |
»Es stimmt auffallend, mein Freund«, bestätigte Frau von Steinbrecht. »Deshalb muß an der kleinen Schwester schon etwas Besonderes sein, weil sie mir so angenehm werden konnte.
Und nun werde ich auch verraten, warum sie jetzt schweigt. Nicht etwa aus Verstocktheit oder bösem Gewissen heraus, Frau Oberin, sondern um Schwester Maria nicht anzugeben.«
Sie ließ sich nicht durch Schwester Angelikas verängstigten, beschwörenden Blick beirren, sondern fuhr fort: »Mit der Ausrede, zum Herrn Professor befohlen zu sein, drückte Schwester Maria ihrer Kollegin Angelika die Schüssel in die Hände, was dieses kleine gutmütige Schäfchen auch geduldig geschehen ließ, obgleich es zum Frühstück gehen wollte, das einzunehmen es noch keine Zeit gefunden hatte. Schwester Angelika nahm also zu ihrer eigenen Arbeitsfülle auch noch die Arbeit Schwester Marias auf sich, die es sich unterdessen im Park bei spannender Lektüre und Konfitüren gut sein läßt. Ich habe es selbst beobachtet.«
Mit heimlichem Vergnügen sah die Sprecherin, wie die Oberschwester nach Luft schnappte, während der Professor den Kopf schüttelte, als könne er das alles nicht begreifen.
»Haben Sie denn tatsächlich jetzt –«, er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, »– jetzt um halb zwölf Uhr noch immer kein Frühstück gegessen, Schwester Angelika?«
»Nein.« Die arme Schwester Angelika wußte vor grenzenloser Verlegenheit nicht mehr, wohin sie schauen sollte, aber wie von einer heimlichen Macht gezwungen sah sie die Oberin an, deren Miene nichts Gutes verhieß, und hastig setzte sie hinzu: »Aber das schadet doch wirklich nichts.«
Wieder traf sie der durchdringende Blick des Professors, der sie von neuem erzittern ließ, was dem Gestrengen nicht entging.
»Schwester Angelika, warum haben Sie bloß so große Angst vor mir?« fragte er gütig. »Habe ich Ihnen denn schon etwas getan, das dieses rechtfertigen könnte?«
»Nein, Herr Professor«, preßte sie scheu hervor.
»Na also. Und nun ziehen Sie sich erst einmal um, denn wie ich sehe, haben Sie von dem nassen Segen auch gehörig etwas abgekriegt. Und dann frühstücken Sie endlich.«
»Und dann, lieber Professor, sind Sie hoffentlich damit einverstanden, daß Schwester Angelika mir für den Rest des Tages zur Verfügung steht«, mischte sich Frau von Steinbrecht wieder ein.
»Selbstverständlich, gnädige Frau«, stimmte er sofort zu.
»Zuerst muß ich aber noch den Boden säubern«, wagte das Aschenputtelchen mit einem ängstlichen Blick auf die Oberschwester einzuwenden.
Doch der Professor winkte ungeduldig ab.
»Das kann eine der Putzfrauen erledigen. Bitte, Frau Oberin, geben Sie den Auftrag.«
Diese verneigte sich mit einer Steifheit, die wahrhaftig Bände sprach.
Schwester Angelika war somit entlassen und suchte ihr Heil in der Flucht. Dabei passierte es, daß sie über ihre eigenen Füße stolperte, sie konnte aber gerade noch verhindern, daß sie der Länge nach hinpurzelte.
Während Frau von Steinbrecht und Professor Nordershoff der Enteilenden mit lachenden Augen nachschauten, strömten die der Oberschwester, die sich unbeobachtet glaubte, so viel Haß aus, daß die beiden sich betroffen ansahen.
Der Chef des Hauses räusperte sich und rief dann die Oberschwester in die Wirklichkeit zurück: »Das wäre nun wohl auch überstanden. Jetzt werde ich mich wohl endlich ohne Zwischenfall umkleiden können.
Und, was ich noch sagen wollte, Frau Oberin: Schicken Sie mir doch bitte nach dem Mittagessen Schwester Maria in mein Arbeitszimmer, denn ich halte es an der Zeit, ihr einmal ihr reizendes Köpfchen zu waschen.«
»Aber, Herr Professor, mit solcher Lappalie brauchen Sie doch nicht Ihre kostbare Zeit zu vergeuden«, sagte die Oberschwester hastig. Ihr Liebling Schwester Maria sollte keine Strafpredigt von dem Professor bekommen. »Ich werde mit allem Nachdruck mit ihr sprechen.«
»Ich möchte es selber tun«, entgegnete er betont und wandte sich fast gleichmütig von der Oberschwester ab, um Frau von Steinbrecht zuzulächeln. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag, gnädige Frau. Gegen Abend schaue ich wieder bei Ihnen herein.«
*
Kurz vor zwei Uhr erschien Schwester Maria, wie befohlen, bei dem Professor. Bescheiden verharrte sie an der Tür.
»Die Frau Oberin hat mir gesagt, daß Sie mich haben rufen lassen, weil ich mich für etwas rechtfertigen soll, was wie eine Missetat aussieht«, sagte sie mit sanfter Stimme. Ihre Augen waren groß auf ihn gerichtet, und ihr Madonnengesicht drückte so viel Unschuld aus, als ob sie wirklich kein Wässerchen würde trüben können. Mit kluger Berechnung hatte sie ein paar Löckchen unter der steifen Schwesternhaube hervorgezupft, und der Spiegel hatte ihr verraten, daß ihr Anblick erfreulich war, ganz besonders für einen Mann.
Es mußte gesagt werden, daß Professor Nordershoff sie unwillkürlich mit Wohlwollen betrachtete. Sie wirkte so reizend, daß sie eigentlich für jeden Patienten eine Art Medizin sein mußte. Aber er erinnerte sich daran, warum er sie hatte rufen lassen.
»Treten Sie ruhig ein bißchen näher, Schwester Maria«, forderte er sie auf, »und dann erklären Sie mir bitte, weshalb Sie heute morgen eigenmächtig Schwester Angelika einen Auftrag gegeben haben, der eigentlich Ihnen zustand.«
Sie machte ein paar graziöse Schritte vorwärts, blieb in angemessener Entfernung vor seinem Schreibtisch stehen.
»Eigenmächtig? Wie entsetzlich, daß Sie es so sehen«, antwortete sie scheinbar völlig niedergedrückt. »Ich habe mich bereits selber geprüft und erkannt, daß dieser Eindruck durchaus erweckt werden könnte, besonders, wenn er von jemandem beurteilt wird, der die Hintergründe nicht kennt.«
»Frau von Steinbrecht hat mir eine rein sachliche Beobachtung mitgeteilt, Schwester Maria. Vielleicht könnten Sie mir Ihre Hintergründe verraten?«
»Ach, Herr Professor, es handelt sich doch um den Patienten auf Zimmer fünfzehn. Er scheint keine Angehörigen zu haben, denn ich habe noch nie bemerkt, daß er Besuch bekam. Die Nachtschwester war nicht dazu gekommen, ihn zu versorgen. Ich gebe zu, daß ich weiß, wie sehr dieser Patient unsere liebe kleine Schwester Angelika förmlich vergöttert. Da brachte ich es nicht übers Herz, zumal er ja schon ein bißchen vernachlässigt war, ihn zu enttäuschen, und nur deshalb bat ich Schwester Angelika, mir die Aufgabe abzunehmen.«
Das war mit sanfter Stimme und so überzeugend gesagt, daß es dem Professor glaubwürdig klingen mußte. Aber so ganz deckte es sich nicht mit dem, was Frau von Steinbrecht ihm berichtet hatte.
»Schön«, sagte er, »nehmen wir einmal an, daß es den Tatsachen entspricht. Aber wie kamen Sie danach dazu, sich in den Park zu setzen, in einem Buch zu lesen, soviel ich weiß, und Konfekt zu naschen? Schwester Angelika gegenüber hatten Sie behauptet, zu mir befohlen worden zu sein.«
Überzeugende Überraschung malte sich auf Schwester Marias hübschem Gesicht. »Aber, Herr Professor, ich wollte unsere Angelika nicht in Verlegenheit bringen. Deshalb benutzte ich diese Ausrede. Und im Park? Ja, es stimmt, daß ich dort gewesen bin. Es waren für mich ja einige Minuten freie Zeit herausgekommen, die ich selber gar nicht angestrebt habe. Ich habe sie dazu genutzt, mich in ein Fachbuch zu vertiefen. Sie sagen doch auch immer, daß man nie genug dazulernen kann.«
Wie gut sie sich aus der Affäre zu ziehen wußte!
Professor Nordershoff konnte sie nach dieser Darstellung nicht einmal mehr tadeln. Er sagte nur noch gelassen: »Wie angenehm, daß Sie Konfekt bei diesem Studium naschen konnten.«
Schwester Maria lächelte bestrickend liebenswürdig. »Der Sohn einer unserer Patientinnen, übrigens ein Rechtsanwalt,