Haus der Hüterin: Band 11 - Die Bedrohung. Andrea Habeney

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Название Haus der Hüterin: Band 11 - Die Bedrohung
Автор произведения Andrea Habeney
Жанр Языкознание
Серия Haus der Hüterin
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783947612758



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von einem großen pflanzenfressenden Tier und das Runde sind Klöße. Sie werden aus Kartoffeln gemacht, einer Frucht, die in der Erde wächst. In der Schale ist Salat.“

      Kairos sah sie aus unergründlichen Augen an. „Ich danke für die Erläuterung, jedoch kenne ich einige der Speisen. Allerdings nicht alle.“

      „Nach Eurem Aussehen stammt ihr ursprünglich wohl nicht von der Erde?“, fragte Rylee neugierig, und zerteilte dabei einen Kloß.

      Er sah an sich herunter. „Auch das weiß ich nicht. Sieht auf der Erde niemand aus wie ich?“

      „Nein“, erklärte sie. „Der goldene Schimmer überall auf Euch. So etwas gibt es bei Menschen nicht.“

      Er sah verwirrt aus. „Ich habe das Gefühl hier gelebt zu haben“, sagte er langsam. „Aber dann … Ich erinnere mich nicht. Nur Dunkelheit.“ Sein Gesicht wurde abweisend, und Rylee verzichtete auf weitere Fragen.

      Einige Minuten aßen sie schweigend.

      „Schmeckt wieder köstlich!“, erklärte Rylee, und Percival stimmt sofort zu.

      Kairos neigte den Kopf. „Es schmeckt sehr angenehm.“

      Maj sah verlegen weg und räumte die Teller ab. Dann brachte sie den Nachtisch.

      Rylee würde Zimmermann, Mitglied der deutschen Ortsgruppe der Gesellschaft, der beim Angriff der Fremden getötet worden war, ewig dankbar sein. Er hatte ihr die seltene Nachspeise Bacluva gebracht, die für jeden den Geschmack annahm, den er bevorzugte. Indem sie eines ihrer magischen Bilder darauf geeicht hatte, besaß sie einen unerschöpflichen Vorrat. Für Rylee schmeckte der Nachtisch heute wie Vanilleeis mit heißen Himbeeren. Amüsiert beobachteten Maj und sie, wie Kairos einen Löffel zum Mund führte und vorsichtig probierte. Optisch machte Bacluva nicht viel her, und so erlebte manch einer eine Überraschung, wenn er die unscheinbare Creme in den Mund schob und die Geschmacksexplosion einsetzte.

      „Ambrosia, wie kann das sein?“, rief ihr Gast und nahm noch einen Löffel.

      Rylee erklärte ihm den Trick.

      „Die Speise der Götter“, sagte er ehrfürchtig und sah auf seinen Teller. „Ich … erinnere mich. Nicht daran, wann ich sie gegessen habe. Aber an die Speise selbst!“

      Rylee wechselte einen Blick mit Maj. „Was genau ist Ambrosia?“

      Kairos suchte nach Worten. „Es ist … eine Süßspeise, ein Trank, eine Salbe …“ Hilflos sah er sie an. „Wieso kann ich mich daran erinnern und an sonst nichts?“

      Rylee wechselte einen Blick mit Maj, doch die Tabatai zuckte kaum merklich mit den Achseln.

      „Ich weiß es wirklich nicht. Wir sollten vielleicht jemanden finden, der sich mit Gedächtnisverlust auskennt. Nur wen? Ich kann Euch schlecht zu einem menschlichen Arzt bringen. Warten wir lieber noch ein bisschen. Vielleicht kommt Euer Gedächtnis nach und nach von selbst zurück. Dass Ihr Euch an eine Speise erinnert, ist doch ein guter Anfang.“

      Sie legte den Löffel weg und brachte ihre Schale zur Anrichte. Percival aß ungerührt seine zweite Portion und schien dem Gespräch nicht zu folgen.

      Boh kam in die Küche, dicht gefolgt von Amelie. Er maunzte Maj an und sie beeilte sich, eine Schüssel mit Thunfisch zu füllen. Boh stupste Amelie an und ging dann zwei Schritte zurück. Er setzte sich und beobachtete, wie sie sich dem Schälchen näherte und zierlich kleine Bissen fraß. Als sie satt war, leckte sie sich die Schnauze sauber und ging zu Boh, um ihren Kopf an seinem zu reiben.

      Rylee beobachtete den Austausch zufrieden. Die beiden Werkatzen gaben ein wunderschönes Paar ab. Amelie ließ Boh stehen, lief zu Percival und sprang graziös auf seinen Schoß. Der junge Hüter schrak zusammen, doch sein Gesicht erhellte sich rasch wieder, als er erkannte, wer da plötzlich auf ihm saß. Er streichelte sie zärtlich.

      Boh fraß, was Amelie ihm übrig gelassen hatte, beäugte Kairos und kam dann zu Rylee.

      Als er Stimmen an der Haustür hörte, bog er jedoch ab und wartete in der offenen Küchentür. Es waren Stephan in Begleitung von Emmea und Squeech, die von der Baustelle zurückkamen. Maj stand auf und holte weitere Teller aus dem Schrank.

      Alle drei hatten rote erhitzte Gesichter und strahlten Begeisterung aus. „Die Bodenplatte ist fertig!“, rief Emmea strahlend. „Wenn es in diesem Tempo weitergeht, können wir nächste Woche einziehen!“ Sie sah Rylees Blick, und ein Anflug schlechten Gewissens mischte sich unter die Freude. „Bitte versteh das nicht falsch. Wir fühlen uns superwohl hier. Nicht wahr Squeechi?“

      Der junge Squatch nickte entschieden. „Natürlich. Securus Refugium ist wie ein zweites Zuhause für uns.“

      „Aber ein eigenes Haus!“, unterbrach Emmea ihn. „Das ist so …“ Sie suchte nach Worten.

      „Supertoll?“, fragte Rylee grinsend.

      „Genau!“, rief Emmea und lachte schon wieder.

      „Setzt euch“, bat Rylee und nickte zu den freien Stühlen. „Das ist Kairos“, erklärte sie. „Emmea, Squeech und Stephan. Ihr kennt Euch ja schon.“

      „Stephan war so freundlich, mich zu dieser Herberge zu weisen“, bestätigte Kairos mit einem Kopfnicken.

      Stephan sah müde aus. Er schien zwar mit Begeisterung den Hausbau zu überwachen, Rylee, die ihn schon einige Zeit kannte und ihm einmal recht nahe gestanden hatte, sah jedoch den Schmerz in seinen Augen. Erst vor wenigen Tagen hatte Nalani, seine Freundin, sich als Betrügerin entpuppt, die es auf sein beträchtliches Vermögen abgesehen hatte. Rylee nahm an, dass Nalani es geschafft hatte, einiges von Stephans Besitztümern auf die Seite zu schaffen. Sie respektierte jedoch, dass er nicht darüber sprechen wollte und fragte ihn nicht nach Einzelheiten.

      Der Schamane ließ sich auf den Stuhl neben Kairos sinken. „Woher kamt Ihr eigentlich? Ich dachte, ich hätte Euch aus dem Wald auftauchen sehen, aber da findet man kilometerweit nichts als Bäume.“

      Kairos sah ihn verwirrt an. „Woher? … Ich … weiß es nicht. Ich war plötzlich da, auf der Lichtung.“

      Stephan setzte sich aufrecht. „Ihr wisst nicht, wie Ihr dorthin gekommen seid? Hat Euch jemand niedergeschlagen?“

      Kairos hob, aufmerksam von allen Anwesenden beobachtet, die golden schimmernde Hand und strich sich über das glänzende Haar. „Ich glaube nicht“, sagte er dann. „Ich spüre keinen Schmerz. Es ist, als wäre ich aus einem tiefen Schlaf erwacht. Als hätte mich etwas gerufen.“

      Rylee sah irritiert von Stephan zu Maj. „Was hat Euch gerufen?“, fragte sie nach.

      Kairos wandte sich ihr zu. „Keine Ahnung. Etwas … oder jemand.“ Er hob hilflos die Schultern. „Aber niemand war da. Ich habe gewartet, und, als ich Hunger bekam, bin ich losgelaufen.“

      „Vielleicht könnt Ihr mich zu der Lichtung bringen?“, fragte Stephan. „Möglicherweise finden wir dort etwas, das auf Eure Herkunft schließen lässt.“

      Kairos überlegte einen Moment. „Ich kann mich nur noch an die ungefähre Richtung erinnern und weiß nicht, ob ich sie wiederfinde. Und ich habe mich gründlich auf der Lichtung umgesehen, bevor ich mich auf den Weg gemacht habe, um irgendwo Menschen zu finden. Es stehen einige bearbeitete Steine dort, aber sonst konnte ich keinen Hinweis auf meine Herkunft entdecken.“

      Stephan erklärte: „Ich bin Schamane und verfüge über einige besondere Fähigkeiten. Vielleicht kann ich durch sie etwas mehr erfahren.“ Er stand auf.

      „Jetzt?“, fragte Rylee überrascht. „Es wird bald dunkel! Möchtest du nichts mehr essen?“

      „Nein danke. Aber du hast recht. Heute ist es zu spät. Ich werde jetzt nach Hause gehen und mir die Lichtung morgen früh, wenn es hell wird, ansehen.“

      „Ich komme mit“, erklärte Rylee und rief damit ein Lächeln bei Stephan hervor.

      Der Morgentau durchnässte ihre Jeans, und Rylee fluchte innerlich, dass sie