Rockstar | Band 1 | Erotischer Roman. Helen Carter

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Название Rockstar | Band 1 | Erotischer Roman
Автор произведения Helen Carter
Жанр Языкознание
Серия Rockstar Roman
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783862772575



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blutete sie noch immer stark.

      »Er muss ins Krankenhaus. Mit dem Blutverlust kann ich hier nicht umgehen. Die Gefahr ist zu groß, dass er mir kollabiert«, stellte sie sachlich fest.

      Das Wort Krankenhaus schien Armstrong zu alarmieren, denn er öffnete plötzlich seine Augen und sah Ivy direkt an. »Kein Krankenhaus!«, stieß er hervor.

      Sie zuckte weniger unter seinen Worten, als mehr unter dem Blick aus seinen tiefgrünen Augen zusammen. Beinahe schienen sie sich in sie zu bohren. Nie zuvor hatte sie einen Menschen mit solcher Augenfarbe gesehen. Wahrscheinlich trägt er grüne Kontaktlinsen, sagte sie sich, wie um sich selbst wieder auf den Boden der Wirklichkeit zu befördern.

      »Ich kann das hier nicht verantworten«, insistierte sie.

      »Scheiß drauf ...«, knurrte Armstrong. »Nähen Sie das verdammte Loch zu und gut!« Die Art, wie er redete, passte wenig zu seinem erzengelgleichen Aussehen.

      Sie schüttelte bockig den Kopf. Mit schnellen Schritten ging sie zu dem Telefon, das an der Wand hing, nahm den Hörer ab und wollte gerade auf die erste Taste drücken, als Woodrow bei ihr war und den Finger auf die Gabel legte.

      »Was tun Sie da?«, fragte er scharf.

      »Ich rufe die Polizei an. Das da ...«, sie zeigte auf Armstrong, »... ist eine Stichwunde!«

      »Es war ein Unfall«, versetzte Woodrow.

      »Ein Unfall? Hat er sich beim Gemüseputzen geschnitten?«

      Woodrow sah sie beinahe flehend an und schüttelte den Kopf, woraufhin Ivy – sie wusste selbst nicht, warum – den Hörer wieder auflegte.

      Mit zusammengepressten Lippen richtete sie ihre Instrumente, reinigte die Wunde und zog dann die Betäubungsspritze auf.

      »Was ... tun Sie?«, fragte Armstrong und blickte ein wenig unsicher auf die Metallschale an seiner Seite.

      »Ich werde jetzt die Wunde nähen. Aber zuvor bekommen Sie eine Spritze, damit Sie es besser aushalten.«

      Er sah nicht begeistert aus, doch zeigte er auch keinen Widerstand mehr.

      Ivy fädelte den medizinischen Faden ein und begann, die Wunde sauber zu verschließen. Als sie fertig war, klebte sie ein Wundpflaster auf die Naht. »Setzen Sie sich auf. Ich muss den Verband anlegen«, kommandierte sie und Armstrong richtete sich sofort auf. »Nicht so hastig. Ihnen wird schwindelig.«

      Schon verdrehten sich seine Augen und er sank wieder zurück. Es war ein merkwürdiges Gefühl, diesen großen, kraftvollen Körper zu spüren, die warme glatte Haut und trotzdem zu wissen, wie schwach er in diesem Moment war.

      »Noch mal«, sagte Ivy ruhig, als sie sah, dass wieder etwas Farbe in seine Wangen zurückgekehrt war. »Aber diesmal langsam ...« Ihre Stimme schwankte zwischen Fürsorglichkeit und Kommandoton.

      Mit ihrer Hilfe setzte er sich vorsichtig auf und diesmal wurde ihm auch nicht schwindelig.

      »Heben Sie jetzt die Arme an ...«

      Armstrong streckte seine Arme wie ein Gekreuzigter zur Seite und Ivy war überrascht von ihrer Länge. Dennoch passten sie zu seiner Gesamtgröße.

      »Heben Sie ihr Haar hoch, sonst wickle ich es mit ein ...«

      Er tat wie ihm befohlen, und sie begann mit dem Verband.

      Als Ivy fertig war, setzte sie sich an ihren Schreibtisch und warf ein paar Zeilen auf ein Briefpapier mit der Adresse der Praxis.

      »Was ist das?«, fragte Woodrow misstrauisch.

      »Meine Rechnung.«

      »Ihre – was? Jeff ist ...«

      »Zahlbar sofort«, fügte Ivy ungerührt an.

      »Das ist doch wohl ein Witz«, knurrte der Manager und baute sich vor dem Schreibtisch auf, wobei er einen Blick auf das Papier warf.

      »Ihr Freund hat offensichtlich eine Ader dafür, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Lebensbedrohliche Schwierigkeiten. Und ich habe keine Lust, auf meinen Kosten sitzen zu bleiben.« Ungerührt blickte sie zu Armstrong, der sein Hemd ignorierte und nur seinen Mantel überzog. Der Verband um die Brust gab ihm etwas Verwegenes.

      »Und wenn Ihr Freund wieder nüchtern ist, sollte er zur Nachuntersuchung kommen.« Sie hatte in seine Augen gesehen und wusste genug, um zu erkennen, dass er nicht nur Alkohol konsumiert hatte.

      Während Woodrow knurrend die Pfundscheine auf den Tisch blätterte, sagte Ivy lächelnd: »Das muss nicht unbedingt hier sein.«

      Ein böser Blick traf sie, doch das kümmerte sie nicht. Sie zählte die Scheine und schob sie dann in die Schublade. Plötzlich fiel ein mächtiger Schatten auf sie.

      Armstrong hatte sich neben ihr aufgebaut. Er hielt den Geldbeutel seines Begleiters in der Hand und warf ihr eine Zwanzig-Pfund-Note hin. »Für Ihre Bemühungen.« Damit wandte er sich ab und ging mit langen Schritten hinaus.

      Ivy schluckte. So schnell sie konnte, fasste sie sich, suchte eine Schachtel Tabletten aus dem Medikamentenschrank und gab sie Woodrow. »Falls die Schmerzen losgehen.«

      Als die beiden Männer verschwunden waren, räumte sie das Behandlungszimmer auf und ging dann in ihr Büro. Mit leerem Blick sah sie auf die Papiere, an denen sie zum Schluss gearbeitet hatte, doch sie konnte sich nicht mehr konzentrieren.

      »Das muss warten«, murmelte sie und erhob sich, um zu gehen.

      ***

       Kapitel 3

      Die Band besaß ein Wohnmobil, das in seinen Ausmaßen einer mehr als geräumigen Wohnung alle Ehre gemacht hätte. Für jeden der Musiker, sowie den Manager, gab es eine Schlafkabine, dazu eine Küche, ein Bad und einen Aufenthaltsbereich, der von einem großen Esstisch und mehreren Stühlen dominiert wurde. Die größte Koje allerdings hatte Bones bekommen, nicht zuletzt wegen seiner Körperlänge.

      Er war verschwitzt und ausgelaugt von der Bühne gestiegen, hatte nichts und niemanden mehr zur Kenntnis genommen und war zum Wohnmobil gegangen, das in einem abgesperrten und bewachten Bereich hinter der Halle geparkt war.

      Auf Tour sein, war die Hölle, fand er. Im Moment wusste er nicht einmal, wo sie sich befanden.

      Für seinen Spruch: »Es ist großartig, hier in ... zu sein«, ließ er sich immer einen kleinen Zettel schreiben und an den Mikrofonständer kleben. Er nannte dann den Ort und vergaß ihn wieder. Da er sowieso nicht mehr als die Halle zu sehen bekam, spielte es auch keine Rolle. Früher hatte er immer versucht, wenigstens ein paar Stunden durch die jeweilige Stadt zu fahren, aber das hatte er aufgegeben. Die Zeitpläne waren so eng, das Budget so gering, dass er nur das sah, was an ihm vorüberzog, wenn der Bus fuhr.

      Sein Haar klebte nass an seinem Kopf und seine Ohren waren noch taub vom Schreien der Menge und der Lautstärke der Musik. Seine Nerven waren angespannt wie die Saiten seiner Gitarre, doch innerlich fühlte er sich vollkommen leer. Er hatte alles gegeben. Es war nichts mehr übrig. Kurz schloss er die Augen, atmete die kühle Nachtluft ein und drückte dann die Klinke runter.

      Unter die Dusche und dann schlafen, bis sie am nächsten Ort auf der Liste ankamen. Sein Magen knurrte, doch er war zu erschöpft, um zu essen. Seine Arme zitterten vom intensiven Gitarrenspiel. Und die Wunde an seiner Seite schmerzte wieder.

      Als er den Bus bestieg, war er leer. Bones war der Erste, der zurückgekommen war. Er liebte diese wenigen ruhigen Minuten, bevor das Inferno hereinbrach. Wenn seine Bandkumpels mit Anhang johlend und grölend einfielen wie der Hunnensturm.

      Er betrat das Bad, das mit hellem Holz verkleidet war wie das ganze Wohnmobil. Modernste Technik überall. Leise Musik erfüllte die Luft. Mit müden Griffen zog er sein schweißnasses T-Shirt über den Kopf. Solange er noch den Verband tragen musste, konnte er nicht wie gewohnt mit freiem Oberkörper auf die Bühne. Die Schlagzeilen und Spekulationen konnte er sich vorstellen. Die brauchte er weiß Gott nicht auch noch. Er öffnete seinen Gürtel und stieg aus der Jeans. Dann