Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen

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Название Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman
Автор произведения Christine von Bergen
Жанр Языкознание
Серия Der Landdoktor Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939878



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tat ihr schon weh.

      »Wie bist du hierher gekommen?«, fragte sie dennoch.

      »Wir sind alle hier. Deine Eltern, Jenny, die Brunners und ein Polizist. Wir haben dich alle gesucht.« Christian blickte hoch. Dann glitt ein Zug sichtbarer Erleichterung über sein Gesicht. »Da kommt der Landarzt. Er wird dich jetzt untersuchen. Aber vorher …« Rasch beugte er sich noch einmal über sie. »Ich liebe dich, und bitte verzeih mir. Ich habe mich wie ein blöder Hammel benommen. Du sollst wissen, dass ich in Zukunft immer zu dir stehen werde. Das schwöre ich dir bei meinem Leben. Und ich glaube, deine Eltern haben jetzt auch ihre Fehler erkannt. Alles wird gut werden.«

      *

      Matthias lächelte, als er neben den Verliebten angekommen war. Gern hätte er den beiden ein bisschen Zeit gegeben, aber seine Pflicht als Arzt verbot ihm dies.

      »Ich muss Angela untersuchen«, sagte er.

      Christian richtete sich auch sofort auf und räumte den Platz. Matthias kniete sich an die Seite der jungen Frau.

      »Kümmern Sie sich auch um das Kitz, das dort hinten liegt?«, bat seine Patientin ihn zuallererst.

      Typisch für sie. Sie dachte eher an die anderen als an sich.

      »Erst muss ich dich untersuchen«, erwiderte er energisch. »Die Bergwacht wird gleich hier sein und dich bergen. Dann werde ich nach dem Kitz schauen, und falls es noch leben sollte, kommt es gleich mit auf die Trage.«

      Seine Worte zauberten ein beruhigtes Lächeln auf Angelas bleiches Gesicht. Sie entspannte sich sichtlich.

      Schnell stellte er die dicke Beule an ihrem Hinterkopf fest. Da sie blutete, musste sie genäht werden. Er war sich sicher, dass Angela eine starke Gehirnerschütterung hatte. Viel wichtiger jedoch war jetzt der Zustand ihres Rückens.

      Er untersuchte sie auf ihre Reflexe hin und atmete auf. Alle Reaktionen deuteten daraufhin, dass ihre Wirbelsäule den Sturz heil überstanden hatte, was einem Wunder gleichkam. Wie ihre Schleimhäute zeigten, schien sie auch keine inneren Verletzungen zu haben. Natürlich musste er die Diagnosen noch durch Ultraschalluntersuchungen und Computertomographie abklären.

      »Die Bergwacht ist da«, hörte er Christian jetzt erleichtert neben sich sagen.

      *

      Nun ging alles sehr schnell. Mit großer Behutsamkeit bargen die Männer der Bergwacht die Verletzte, betteten sie und auch das Kitz auf die Trage, legten eine Decke über beide und schnallten sie fest. Dann hoben sie die Trage mit einer speziellen Vorrichtung aus der Tiefe.

      Oben angekommen, stürzte sich Monika auf ihre Tochter. Weinend fiel sie auf dem Boden zusammen.

      »Bitte, Kind, verzeih uns. Wir …, wir …«

      Sie wurde von einem Weinkrampf geschüttelt, der wenige Sekunden später einen Asthmaanfall auslöste. Dr. Brunner gab ihr eine Spritze. Währenddessen trugen die Bergwachtler die Trage zum Rettungswagen.

      »Bringt sie in die Miniklinik!«, rief Matthias ihnen nach. »Und nehmt das Kitz auch mit.

      Ulrike Brunner und Christian fuhren mit der Bergwacht. Die Arztfrau musste in der Miniklinik alles für die Untersuchungen vorbereiten, und Christian wollte Angela nicht mehr allein lassen. Axel Häferle und Jenny kümmerten sich um Monika, deren Anfall langsam verebbte. Währendessen rief der Landarzt über Handy Schwester Gertrud an, die ihm bei der medizinischen Versorgung der Geborgenen zusammen mit seiner Frau assistieren sollte. Dann machte er sich mit Wachtmeister Kruse zusammen schleunigst zu Fuß auf den Rückweg. Die Familie Häferle wollte es etwas langsamer angehen lassen. Alle drei standen noch unter Schock, obwohl sie inzwischen wussten, dass sich ihre Tochter nicht das Leben hatte nehmen, sondern nach dem verletzten Tier hatte sehen wollen. Dennoch waren die Stunden der ausgestandenen Angst mehr als genug gewesen, zu erkennen, dass sich im Hause Häferle ab sofort etwas ändern musste.

      *

      Der Landarzt atmete auf, nachdem die Ultraschalluntersuchungen und eine Computertomografie von Angelas Kopf seine Diagnosen bestätigt hatten.

      Angela hatte eine schwere Gehirnerschütterung, wegen der sie eine Woche in der Miniklinik bleiben musste, aber weder Verletzungen an der Schädeldecke noch an der Wirbelsäule, dafür aber jede Menge Prellungen. Die Kopfwunde war mit ein paar Stichen genäht. Über Infusionen bekam seine Patientin Schmerzmittel und Medikamente gegen die Bildung von Blutgerinnseln verabreicht. Nachdem er Angela versorgt hatte, kümmerte er sich umgehend um das Rehkitz. Als passionierter Jäger war dies nicht das erste Mal, dass er ein verletztes Tier behandelte. Und es sollte ihm auch in dieser Nacht gelingen, dem kleinen Waldwesen eine neue Chance zum Leben zu schenken.

      *

      Längst hatte die Kirchenglocke von Ruhweiler zwölf Mal geschlagen. Schwester Gertrud hatte sich angeboten, den Rest der Nacht bei ihrer Patientin in der Miniklinik zu verbringen. Nachdem hier wieder das Zepter in ihren Händen lag, schickte sie Christian energisch nach Hause.

      »Sie können nichts mehr tun, junger Mann«, sagte sie. »Ihre Verlobte braucht jetzt absolute Ruhe und Schlaf.«

      »Nur noch ein paar Minuten«, bat Christian sie mit dem für ihn so typischen Lächeln, das selbst einen so harten Knochen wie die altgediente Helferin nun weich stimmte. So zeigte sich der Praxisdrache, wie Gertrud von manchen Patienten genannt wurde, nachgiebig und täuschte noch Beschäftigung vor.

      »Aber nur ein paar Minuten, in denen ich den Untersuchungsraum aufräume«, fügte sie mit strengem Blick hinzu.

      *

      »Bitte, sieh mich an«, sagte Christian zärtlich zu der geliebten Frau. Er saß dicht neben ihr auf dem Rand des Krankenbettes und hielt ihre Hand in seiner. »Ich muss noch eines wissen. Wolltest du dir wirklich nicht das Leben nehmen?«

      Diese Frage beschäftigte ihn, seit sie Angela in der Schlucht gefunden hatten.

      Da lächelte sie ihn an.

      »Nein, das wollte ich nicht«, antwortete sie. »Als ich in den Wald gegangen bin, wollte ich nur allein sein. Ich war so verzweifelt, weil ich dich verloren glaubte und mich von meinen Eltern so getäuscht fühlte. Ich war fest entschlossen, von hier weg zu gehen. Irgendwann wurde es dann dunkel, ich verlor die Zeit aus den Augen, wollte auf keinen Fall zurück nach Hause. Es war ja eine so schöne Nacht, und ich kenne die Gegend gut.« Sie hielt inne, lächelte ihn zärtlich an. Er bemerkte, wie schwer ihr das Sprechen fiel, und wollte sie nicht noch mehr anstrengen. Er wusste jetzt, was ihm wichtig war.

      »Ich sah das kleine Kitz dort unten…«

      »Ist schon gut«, flüsterte er und küsste sie auf die Wange. »Übrigens, Dr. Brunner sagte, es hätte gute Chancen zu überleben. Er hat ihm in seiner Garage ein Bett gemacht. Es ist nicht das erste Kitz, das er aufziehen wird.«

      Da atmete Angela erleichtert aus.

      »Jetzt kann ich gut schlafen«, sagte sie leise und schloss die Augen.

      »Darf ich dir vorher noch etwas sagen?«, fragte er hastig.

      Sie öffnete die Lider. »Alles, was du willst, wenn es nur etwas Schönes ist.«

      »Ich möchte, dass wir ganz schnell heiraten. Solche Erlebnisse wie heute, diese Angst, die ich um dich hatte, die Erkenntnis, wie mies ich mich dir gegenüber verhalten habe, als ich dich einfach gehen ließ … All das wiegt Monate des näheren Kennenlernens auf. Ich wusste zwar schon vom ersten Moment an, dass du die Frau bist, die ich will, aber jetzt möchte ich diesem Wissen auch so bald wie möglich Ausdruck verleihen, indem ich dir meinen Namen gebe. Ich will, dass du ganz zu mir gehörst. Und um deine Eltern musst du dir keine Sorgen mehr machen. Auch sie haben heute ihre Fehler erkannt. Und wie ich sie kennengelernt habe, sind sie durchaus in der Lage, ihr Leben allein zu meistern. Sie haben heute Abend ihre eigenen Grenzen gesprengt. Deinen Vater habe ich als energisch handelnden Mann erlebt und deine Mutter als durchaus toughe Frau, die mit ihrem kranken Knie einmal um die Welt gewandert wäre, um dein Leben zu retten.« Er lächelte Angela an und strich ihr mit all der Zärtlichkeit, die er für sie im Herzen empfand, die Tränen