Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman. Christine von Bergen

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Название Der Landdoktor Staffel 3 – Arztroman
Автор произведения Christine von Bergen
Жанр Языкознание
Серия Der Landdoktor Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939878



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Angelas Vater, ihre Mutter oder Jenny – irgendeiner wollte immer etwas. Und meistens ließ sich Angela nach dem Telefonat mit ihrem Freund dann auch noch einmal im Elternhaus sehen, um das Gewünschte zu erledigen. Immerhin schien ihre Familie einen Mann an ihrer Seite akzeptieren zu wollen. Damit hatte sie gar nicht gerechnet. Deshalb wollte sie die Situation nicht auf die Spitze treiben und gleich auch noch ein paar ihrer bisherigen Pflichten niederlegen.

      *

      In der Nacht von Freitag auf Samstag wälzte sich Monika Häferle unruhig im Bett. Es war eine schöne Nacht, mit einem klaren runden Mond und abertausend Sternen am Himmel, aber Angelas Mutter hatte kein Auge für diese Schönheit der Natur. Der Gedanke daran, dass ihre Tochter am kommenden Tag nach Freiburg zu ihrem Freund fahren und dort bis Sonntag bleiben wollte, raubte ihr den Schlaf. Ein Gefühl größter Unsicherheit befiel sie.

      Was sollte sie ohne ihre Älteste tun? Was wäre, wenn sie wieder einen Asthmaanfall bekommen würde? Niemand, auch ihr Mann nicht, konnte sie so gut beruhigen wie Angela. Schon jetzt spürte sie, wie sich um ihre Brust eine Klammer legte, die enger und enger wurde. Kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn. Jäh richtete sie sich im Bett auf. Mit klammen Fingern öffnete sie den Halsausschnitt ihres Nachthemds. Ihr Mann bekam davon nichts mit. Natürlich nicht. Axel lag schnarchend neben ihr und zeigte ihr den breiten Rücken.

      Sei vernünftig, befahl sich Monika, nur weil Angela übers Wochenende weg sein wird, musst du jetzt keinen Asthmaanfall bekommen. Du hast in deiner Jugend auch Freunde gehabt, und deine Mutter ist nicht daran gestorben.

      Nachdem sie so hart mit sich ins Gericht gegangen war, löste sich das eiserne Band um ihre Brust auch tatsächlich wieder ein bisschen. Und trotzdem. Ihre Gedanken gingen weiter auf Reise.

      Sie stellte sich vor, wie es weitergehen würde, falls sich aus der Bekanntschaft zwischen Angela und dem Vetter von deren Freundin etwas Ernstes entwickeln sollte. Vielleicht würde ihre Tochter sogar wieder wegziehen und sie alle hier allein lassen. Aber war das nicht der normale Gang im Leben einer jungen Frau? Sie selbst hatte damals auch ihr Elternhaus verlassen, um mit Axel eine Familie zu gründen.

      Monikas Kopf wollte in dieser Nacht nicht mehr zur Ruhe zu kommen. Und als morgens der Wecker klingelte, fühlte sie sich zerschlagen wie schon lange nicht mehr. Unsicherheit beherrschte plötzlich das Leben in ihrem Haus. Zwischen seinen Wänden breitete sich die Ahnung aus, dass es hier bald zu Veränderungen kommen würde, die sie, ihren Mann und auch Jenny vor schier unüberwindbare Probleme stellen würden. Nein. Angela, die mit ihrer ruhigen Kraft und sicheren Hand hier alles seit zwei Jahren lenkte, durfte nicht weggehen. Sie war der Anker der Familie. Was sollte sie mit ihrem Asthma und ihrer starken Arthrose im Knie ohne ihre ältere Tochter machen? Und ihr Mann? Und Jenny, die sich gerade in den Flegeljahren befand? Auch für ihre Jüngste war Angela ein Vorbild. Wenn Jenny sich doch noch so gut entwickeln würde wie ihre ältere Tochter, würde sie sich keine Sorgen mehr machen müssen. Falls Angela jedoch bald schon nicht mehr zu Hause leben würde, sah sie diesbezüglich wenig Chancen. Sie und ihr Mann würden mit Jenny allein gar nicht mehr nicht fertig werden.

      *

      Nach dem Mittagessen und nachdem sie die Küche aufgeräumt hatte, fuhr Angela nach Freiburg. Dieses Mal war ihr Ziel das alte Schwarzwaldhaus in den Wiesen vor den Toren der Stadt.

      Schon als sie es in der Ferne liegen sah, überkam sie das Gefühl, als würde sie in einen sicheren Hafen steuern. Und als Christian sie dann in die Arme schloss, war ihr zumute, als wäre dort angekommen, wo sie immer hatte sein wollen: An einem sicherem Ort, wo es nur Geborgenheit, Ruhe, Frieden und Liebe gab. Zumindest einmal ab jetzt vierundzwanzig Stunden lang.

      »Ich habe einen Kuchen gebacken«, teilte ihr Christian freudestrahlend mit.

      »Was hast du?« Sie glaubte, ihn falsch verstanden zu haben.

      Ein Mann, der Kuchen buk?

      »Du wirst dich noch wundern«, fuhr er mit geheimnisvollem Lächeln fort. »Ich kann auch kochen.«

      »Du … Du bist ja wirklich der Traummann schlechthin«, stammelte sie verwirrt.

      »Traummann und Traumfrau, das passt doch«, meinte er zwinkernd, bevor er sie wieder in die Arme nahm und voller Innigkeit küsste. Dann ließ er sie los. »Komm mit auf die Terrasse. Hast du Gepäck dabei?«

      »Im Kofferraum, nur eine Tasche.«

      Er öffnete ihn, nahm die Tasche heraus und trug sie in den Flur. Dann betraten sie Hand in Hand die große Holzterrasse, die einen unverstellten Blick auf das blühende Wiesental bot. Die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, Vögel zwitscherten in den Kirschbäumen mit den prallen roten Früchten, und in der warmen Luft hing der Duft frisch geschlagener Fichten.

      »Bis eben haben die Waldarbeiter dort oben ziemlich viel Lärm gemacht«, erklärte Christian ihr, der gesehen haben mochte, wie sie mit innerer Verzückung einen tiefen Atemzug gemacht hatte. »Für den Rest des Tages wird es aber bestimmt ruhig bleiben.«

      »Der Geruch ist einmalig«, sagte sie lächelnd. »Schöner als jedes Parfüm.«

      »Besser als Benzin und Diesel?«, fragte er mit einem Funkeln in den dunklen Augen.

      »Da sagst du etwas.« Sie seufzte. »Im Nachhinein bin ich ganz froh, dass ich meine damaligen Ziele, die Tankstelle zu vergrößern, nicht erreicht habe. Inzwischen sehe ich mich dort nicht mehr bis ans Ende meiner Tage an der Kasse sitzen.«

      »Das beruhigt mich außerordentlich.« Er sah sie ernst an. Dann zog er sie an sich und rieb seine Wange an ihrem Haar. »Weißt du, eines Tages möchte ich nämlich mit dir …«

      Der Ton, in dem er diese Worte aussprach, klang versonnen. Verträumt. Sie wusste genau, was er ihr sagen wollte, auch wenn er nicht weitersprach. Natürlich war es noch zu früh für sie beide, um Zukunftspläne zu schmieden, aber es machte sie glücklich, dass er sie jetzt schon in seine Zukunft einbezog.

      »Eines Tages möchte ich mit dir …« Wie schön das klang!

      Sie hob den Kopf, und sie sahen sich an. Ihre Blicke tauchten ineinander, wollten sich schließlich gar nicht mehr loslassen. Die Spannung zwischen ihnen steigerte sich mit jedem Atemzug. Wie von einem Magneten fühlten sie sich gegenseitig voneinander angezogen. Ein wohliger Schauer durchströmte die junge Frau, und die Sorgen, die sie so lange Zeit begleitet hatten, verschwanden hinter diesem alles einnehmenden Gefühl der Sehnsucht.

      »Ach, mein Engel …«, sagte Christian leise, während sein Blick Angelas Gesicht liebkoste, seine Hand mit einer Strähne ihres Haars spielte und die andere ihr zärtlich über die Wange strich. »Meine Angela …«, fügte er mit seinem einzigartigen Lächeln flüsternd hinzu.

      Angela hatte die Augen geschlossen, lauschte beinahe andächtig Christians sanfter tiefer Stimme, deren Klang sie durch ihre Gespräche am Telefon seit Tagen in sich trug. Jetzt spürte sie dazu noch die Wärme seines Körpers, die ihr die Sinne vernebelte und Gefühle in ihr weckte, die sie nicht für möglich gehalten hatte.

      »Dein Kuchen …«, murmelte sie, während sie sich an ihn schmiegte.

      »Der kann warten, oder?«, fragte er leise zurück.

      Dabei griff seine Rechte unter ihr Haar und legte sich auf ihren Nacken, die andere Hand glitt langsam ihren Rücken hinunter. Seine Berührungen schenkten ihr ein Kribbeln in den Adern, das sich in Windeseile warm und wohlig in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Alles in ihr verlangte nach diesem einen Mann. Nachdem sie ihm in den Gesprächen innerlich nähergekommen war und ihn jetzt nach ein paar Tagen wiedergesehen hatte, wusste sie, dass die Liebe auf den ersten Blick nicht nur erfunden war. Es war ihr passiert. Ein herrliches Gefühl. Wie leicht war plötzlich alles, und in ihrem Bauch spürte sie die sprichwörtlichen Schmetterlinge.

      Mit einem wohligen Seufzer, der ihr wie von selbst über die Lippen kam, drängte sie sich näher an Christian und hob ihr Gesicht zu ihm auf. Als sein Mund schließlich ihren berührte, wollte ihr Körper mit seinem verschmelzen.

      Da sagte Christian nur: »Komm.«

      Seine Arme hoben sie hoch und trugen sie