Der Bergpfarrer 152 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Название Der Bergpfarrer 152 – Heimatroman
Автор произведения Toni Waidacher
Жанр Языкознание
Серия Der Bergpfarrer
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740919627



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soll’s recht sein«, sagte Saskia. »Ich bin zu jeder Schandtat bereit.«

      Sie fühlte sich ausgesprochen wohl und wollte die zwei Wochen genießen.

      Florian schaute auf die Uhr und trank sein Bier aus.

      »So, seid mir net bös’«, sagte er, »aber ich muß los.«

      Er stand auf und gab Kathi einen Kuß.

      »Ich melde mich, und dann verabreden wir was. Und morgen nachmittag könntet ihr eigentlich auf einen Kaffee bei uns vorbeikommen«

      »Einverstanden«, nickte Kathi.

      Florian legte seinen Arm um Saskia, die genau wie die Freundin aufgestanden war, um den Bauernsohn zu verabschieden.

      »Also«, sagte er, »schön, daß du da bist.«

      Dabei schaute er ihr wieder tief in die Augen, daß Saskia unwillkürlich einen Schauer über ihren Rücken laufen spürte.

      »Ja, find’ ich auch«, erwiderte sie mit belegter Stimme.

      »Ich freu’ mich schon auf die Tage, die wir zusammen verbringen werden«, setzte er hinzu und strich ihr dabei bedeutungsvoll über das Haar.

      Saskia schluckte und wollte sich eigentlich mit einer Bewegung davon befreien. Doch dann unterließ sie es und gab sich gelassen.

      »Na, was sagst du?« fragte Kathi, als Florian gegangen war.

      Die Studentin nickte.

      »Fesch.«

      Insgeheim fragte sie sich, ob ihre Brieffreundin etwas davon bemerkt hatte, wie Florian mit ihr geflirtet hatte.

      »Sollten wir net auch aufbrechen?« fragte sie schließlich.

      »Na ja, ich müßt’ schon ins Bett«, antwortete Kathi. »Zwar haben mir die Eltern zugestanden, die ganze Zeit mit dir zu verbringen, aber ich würd’ schon gern’ zumindest das Melken am Morgen übernehmen.«

      »Das will ich auch«, erklärte Saskia. »Ich hab’ so was noch nie gemacht. Und den Stall ausmisten, das mußt mir auch beibringen.«

      Kathi lachte.

      »Du bist ja vor lauter Tatendrang net zu bremsen«, meinte sie. »Aber von mir aus. Mach’ dich bloß darauf gefaßt, daß der Wecker in aller Herrgottsfrühe klingelt!«

      *

      »Nanu, Hochwürden, Sie?« fragte Toni Wiesinger erstaunt, als der gute Hirte von St. Johann das Sprechzimmer des Arztes betrat. »Sind S’ etwa krank?«

      Sebastian Trenker schüttelte den Kopf.

      »Nein, mir geht’s bestens«, antwortete er und reichte Toni die Hand. »Ich will dich auch gar net lang aufhalten, das Wartezimmer ist ja voll. Bloß eine Frage. Hat sich der Moislinger-Karl mal wieder bei dir gemeldet, seit er so plötzlich ›abgereist‹ ist?«

      Dr. Wiesinger schüttelte den Kopf.

      »Merkwürdig«, sagte er, »genau an den hab’ ich heut’ morgen auch gedacht. Ist ja ein seltsamer Zufall, daß Sie jetzt herkommen und nach ihm fragen.«

      Karl Moislinger war ein Obdachloser, der sich in der Erntezeit hin und wieder bei einem Bauern verdingte. Beim letzten Mal war er unglücklicherweise bei der Arbeit vom Heuboden gefallen und hatte sich ein Bein und mehrere Rippen verletzt. Nachdem er wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden konnte, nahm Pfarrer Trenker Karl bei sich auf, wo er unter der Pflege der Haushälterin wieder ganz gesund werden sollte. Zunächst lief auch alles ganz harmonisch ab. Der Obdachlose wohnte in einem der Gästezimmer des Pfarrhauses, und Sophie Tappert verwöhnte ihn mit Speis und Trank. Gerne hätte sich Karl ein bissel nützlich gemacht, aber da er sich noch schonen sollte, achtete Sebastian darauf, daß sein Gast keine schweren Arbeiten verrichtete.

      Dann eines Tages, es war Samstagmittag, verschwand Karl Moislinger aus dem Pfarrhaus und wurde seither nicht wieder gesehen.

      Es dauerte eine Weile, bis der Bergpfarrer dahinterkam, was geschehen war. Karl hatte bei seinen Spaziergängen die Bekanntschaft von Maria Erbling gemacht. Die Witwe des früheren Poststellenleiters von St. Johann und gefürchtete Klatschtante des Dorfes hatte ein Auge auf den Obdachlosen geworfen, der jetzt, wo er im Pfarrhaus logierte, nicht nur manierlich ausschaute, sondern sogar einen recht feschen Eindruck machte.

      Zunächst war es nur die Bitte, etwas in ihrem Haus zu richten, mit der Maria an ihn herantrat, doch schon bald wurde Karl klar, welche Absicht dahintersteckte, und er ergriff die Flucht.

      »Ich hatte wirklich gehofft, daß er sich bei dir melden würd’«, sagte Sebastian. »Schließlich sollte ein Arzt ja danach schauen, was sein Bein macht, und ob die Rippen wieder zusammengewachsen sind.«

      »Vielleicht hat er ja irgendwo einen Kollegen aufgesucht«, meinte Toni Wiesinger. »In Garmisch gibt’s zum Beispiel eine Sozialstation, wo Dr. Jäger jeden Mittwochnachmittag eine kostenlose Sprechstunde abhält.«

      »Ich weiß«, nickte der Geistliche, »und ich hab’ Claudia auch schon gebeten, sich bei ihm nach Karl zu erkundigen. Aber dein Kollege sagte, daß er ihn noch nie dort gesehen hat.«

      »Vermutlich sind unsre Sorgen unbegründet«, sagte der Arzt und nahm eine dunkelbraune Flasche von seinem Schreibtisch. »Jedenfalls solang’ der Karl net an solches Zeug hier gerät.«

      Bei diesen Worten machte Dr. Wiesinger eine finstere Miene.

      »Was ist denn das?« erkundigte sich Sebastian.

      »Sie haben vorhin richtig bemerkt, daß das Wartezimmer voller Patienten ist«, sagte Toni. »Die Sommergrippe geht um, und die Leut’ greifen nach allen Mitteln, um wieder gesund zu werden.«

      Er hielt das Fläschchen hoch.

      »Aber anstatt zum Doktor zu geh’n, schlucken s’ lieber dieses Zeugs hier«, setzte der Arzt ärgerlich hinzu. »Die Flasche hab’ ich dem Stranninger weggenommen. Kommt der Kerl doch tatsächlich damit her und erzählt, er habe diese ›Medizin‹ beim Brandhuber gekauft, und ob ich ihm das net nachträglich verschreiben könnt’. Weil’s ja so teuer war, wollt’ er gern das Geld von seiner Krankenkasse erstattet haben. Na, dem hab’ ich aber was erzählt!«

      »Vom Brandhuber?«

      Sebastian schüttelte den Kopf.

      »Ja, werden die Leut’ denn nie gescheit!«

      Alois Brandhuber war der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann. In Vollmondnächten trieb er sich in der Gegend herum, um nach Kräutern und Wurzeln zu suchen, aus denen er seine obskuren Mixturen braute. Die Tees, Salben und Tropfen verkaufte er dann für viel Geld an seine gutgläubigen Mitmenschen, die hofften, dadurch von ihren Zipperlein geheilt zu werden.

      Es war ein ewiger Kampf, den der Bergpfarrer gegen den Brandhuber-Loisl führte, und ganz besonders verdächtig wurde es, wenn man von dem Scharlatan lange nichts hörte, wie es in der letzten Zeit gewesen war. Denn dann konnte man sicher sein, daß Loisl seine Geschäfte im Geheimen machte.

      »Gerade jetzt ist ja die beste Zeit, um dieses Zeug an den Mann zu bringen«, sagte der Arzt. »Die Leut’ wollen verständlicherweise gesund werden, und das schnell. Aber eine Grippe braucht nun mal ihre Zeit, bis man sie überstanden hat, da ist’s ein Irrtum, wenn man glaubt, mit den Brandhuberschen ›Medikamenten‹ nachhelfen zu können. Das ist nur rausgeschmissenes Geld!«

      »Ich werd’ mir den Burschen bei Gelegenheit vorknöpfen«, versprach Pfarrer Trenker. »Und diesmal wird er’s sich hoffentlich hinter die Ohren schreiben.«

      Er deutete auf das braune Fläschchen.

      »Was mag da wohl alles drin sein?«

      »Keine Ahnung«, erwiderte Dr. Wiesinger. »Aber ich schick’s gleich heut’ nachmittag und laß es analysieren.«

      »Gib mir Bescheid, wenn du das Ergebnis hast«, bat der Geistliche.

      »Mach’ ich«, nickte