Seewölfe - Piraten der Weltmeere 38. Roy Palmer

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 38
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954392957



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      Impressum

      © 1976/2014 Pabel-Moewig Verlag GmbH,

      Pabel ebook, Rastatt.

      ISBN: 978-3-95439-295-7

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

      Inhalt

       Kapitel 1.

       Kapitel 2.

       Kapitel 3.

       Kapitel 4.

       Kapitel 5.

       Kapitel 6.

       Kapitel 7.

       Kapitel 8.

       Kapitel 9.

       Kapitel 10.

       Kapitel 11.

      1.

      Panfilo de Retortilla fluchte.

      Er hatte seine schwere, aus Rohlederstreifen geflochtene Peitsche zusammengerollt und unter den linken Arm geklemmt. Während er über den Gang des Unterdecks lief, versuchte er, das Gleichgewicht zu halten. Das Schiff rollte und schlingerte in den kochenden Fluten der Karibik. Schwer krängte es nach Backbord, aber schon im nächsten Moment legte es sich wie ein angeschlagener Gigant auf die Steuerbordseite – so weit, daß es zu kentern drohte.

      Gleichzeitig hob und senkte sich die Galeone in ihrer Längsrichtung – mal schoß es die steilen Hänge von Wellenbergen hinauf und ritt über deren gischtende Kämme, mal neigte sich der Bugspriet den gähnenden schwarzen Tiefen der Wogenschluchten entgegen und leitete eine rasende Talfahrt ein. Dröhnend und heulend tobten die Urgewalten der Natur.

      Es war die Hölle.

      Panfilo de Retortilla, ein schlanker und sehniger Mann mit Oberlippenbärtchen, verlor auf halber Höhe des Niederganges die Balance. Mit der Schulter krachte er gegen die rechte Seitenwand. Er rutschte daran zu Boden. Beinahe wäre er die Holzstufen hinuntergestürzt und auf den Gang zurückgekehrt. Im letzten Augenblick stemmte er die Füße gegen die andere Seitenwand, stützte sich mit den Händen ab und richtete sich wieder auf.

      Voll Wut stürzte er auf Deck.

      Es lag nur zum Teil am Sturm, daß er so ungehalten war. Da war noch etwas anderes: ein Verdacht, den er schon seit langem gehegt hatte.

      Die Galeone holte wieder nach Backbord über. Der Spanier hatte seine Not, sich irgendwo festzuklammern und nicht über Bord gerissen zu werden. Grollend rollten die Brecher heran, türmten sich neben der Steuerbordseite hoch und rauschten als schwärzlich-grüne Wand hoch über das Schanzkleid hinaus. Das Wasser ergoß sich zischend über die Kuhl.

      Ein Seemann, der verzweifelt damit beschäftigt war, ein Fall zu klarieren, wurde durch die Wucht des Brechers von der Nagelbank fortgeräumt wie ein unnützer Sack Lumpen.

      De Retortilla war Zeuge, wie der Mann über das Backbordschanzkleid hinausgespült wurde. Er unternahm jedoch keinen Versuch, den Bedauernswerten zu retten. Es hätte ihn das Leben kosten können. In dieser Lage war sich jeder selbst der Nächste. Der Seemann schrie gellend, dann erstickte das Brüllen des Sturmes seine Laute. De Retortilla sah ihn in den brodelnden Fluten verschwinden.

      Panfilo de Retortilla biß die Zähne zusammen und hangelte an den über Deck gespannten Manntauen nach achtern. Er befand sich auf der Höhe der Kuhlgräting, als die Brecher erneut mit unbezwingbarer, furchtbarer Gewalt auf die Galeone einhieben. Der Mann mit dem Bärtchen duckte sich. Dann warf er sich hin und klammerte sich an der Gräting fest.

      Wassermassen prasselten auf ihn nieder, und er glaubte, ertrinken zu müssen. In diesem Moment verlor er auch seine Rohlederpeitsche. Der Sturm heulte stärker als je zuvor. Er rüttelte an der Dreimast-Galeone. Ein Ruck durchlief sie und fuhr bis tief in die Verspannungen, daß es bedrohlich knackte.

      De Retortilla rappelte sich auf. Er war bis auf die Haut durchnäßt. Die Kürbishose und das Schoßwams klebten ihm am Körper, seinen Hut hatte er längst verloren. Sein scharfgeschnittenes Gesicht hatte etwas von der Arroganz verloren, die es gewöhnlich zur Schau stellte.

      Er hastete an den Manntauen weiter. Von den anderen beiden Schiffen, die zu ihrem Verband gehörten, vermochte er in dem tobenden Wetter nichts zu erkennen. Wo waren sie? Abgefallen, vom Kurs abgekommen und auf rasender Irrfahrt durch das wogende Element? Oder gar bereits von der See verschlungen?

      Es kostete ihn viel Kraft, bis zum Achterkastell zu gelangen. Der aus Südost herantosende Sturm drohte ihn von den Füßen zu reißen. Ein falscher Griff, ein Fehltritt, und er würde gegen den Großmast geschleudert oder über die Kuhl gewirbelt werden. Dann würde er dem außenbords gegangenen Seemann und den anderen Schiffbrüchigen folgen, die schon in den Fluten trieben. Wer nicht ertrank, der würde von Haien zerrissen werden.

      De Retortilla blickte auf. „Wo ist Sagreras?“ schrie er. „Wo steckt der Kapitän?“

      Niemand konnte ihm eine Antwort geben. Der Rudergänger, der Stockmeister und die Offiziere, die sich auf dem Achterdeck versammelt hatten, zuckten nur mit den Schultern. Sie hatten alle Hände voll zu tun. Sie klammerten sich an den Nagelbänken, am Schanzkleid und an der Five-Rail fest, flehten zum Himmel, fochten einen erbitterten Kampf gegen das drohend über ihnen schwebende Schicksal und versuchten zu retten, was noch zu retten war.

      Sie trachteten danach, das Schiff vor dem Querschlagen und Kentern zu bewahren. Sinnlose Befehle wurden über Deck geschrien. Die Mannschaft hatte bereits jegliche Kontrolle über sich selbst und über ihr Schiff verloren. Die Galeone hatte sich in ein in panischer Angst dahingaloppierendes Roß verwandelt, das seinem Herrn durchgegangen war.

      De Retortilla zog den Kopf ein, als über ihm die Segel zu schlagen begannen. Das Knattern war gewaltig. Es übertönte noch das Orgeln des Sturmes. Die Mannschaft schrie in Todesangst, und die Offiziere auf dem Achterdeck beteten mal zu Gott, mal riefen sie den Leibhaftigen an. Der Stockmeister brüllte auf den Rudergänger ein, als sei dieser für das Chaos verantwortlich.

      Endlich hatte de Retortilla das Backbordquerschott des Achterkastells erreicht. Er riegelte es auf. Bevor neue Brecher heranfegten und ihm zusetzten, tauchte er im Dunkel des Niederganges unter. Er stieg nach unten und hastete wankend auf dem Gang entlang, der zur Kapitänskammer führte. Ohne anzuklopfen, riß er die Tür auf.

      Ein untersetzter Mann in Uniform fuhr mit hochrotem Kopf aus einer Ecke der Kammer hoch. „Sie! Zum Teufel, was fällt Ihnen ein, hier so einfach ...“

      „Kapitän Sagreras!“ rief de Retortilla erbost. „Das Schiff fährt mitten durch sämtliche Feuer der Verdammnis, und Sie verkriechen sich feige in Ihrer Kammer!“

      „De Retortilla! Ich verbiete Ihnen, so weiterzureden. Ich ...“

      „Feigling!“ brüllte der Mann mit dem Oberlippenbärtchen. Er stolperte in den Raum, das Schlingern des Schiffes ließ keine vernünftigere Gangart zu. „Sie elender Narr haben feige Ihren Posten oben auf der Hütte verlassen.“

      „Das ist infam!“

      „Das ist die Wahrheit!“

      „Ich