Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman. Sissi Merz

Читать онлайн.
Название Dr. Brinkmeier Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Sissi Merz
Жанр Языкознание
Серия Dr. Brinkmeier Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740943028



Скачать книгу

gefahren, zum Strohmüller. Da arbeitet dein Schwiegersohn in spe jetzt. Und wie es ausschaut, weiß sein neuer Brotherr ihn durchaus zu schätzen. Der stellt ihm nämlich eine ganze Wohnung zur Verfügung, wo er mit seiner Familie leben kann. Tja, wie es ausschaut, ist der Strohmüller dir über, Rudi.«

      Während der alte Landarzt geredet hatte, war die Miene des Bauern immer abweisender geworden. Nun begehrte er auf: »Red doch keinen Schmarrn, Sepp! Ich glaub nie und nimmer, daß ein anständiger Bauer diesem Taugenichts da unter die Arme greift. Das hast nur erfunden, um mich in Zugzwang zu bringen.«

      »Mei, Rudi, denk doch mal logisch nach. Wozu sollte ich dich belügen? Kannst doch nach Schlehbusch fahren und dich selbst von der Wahrheit überzeugen. Und wenn du mal deine Vorbehalte gegen den Thomas vergißt, dann wird dir auch aufgehen, daß der Bursch es verdient. Schließlich ist er sehr fleißig. Der wird es mal zu was bringen. Und du bist der Dumme, weil du ihn hast ziehen lassen. So schaut es nun mal aus.«

      Damit hatte Josef seinen Besucher nun doch zum Nachdenken gebracht. Rudolf Graf wurde plötzlich sehr schweigsam. Und als Thomas Berger eine Weile später Christa beim Doktorhaus absetzte, bat der Bauer seinen Spezl: »Sag dem Burschen, ich will ihn sprechen. Er soll noch auf einen Sprung einikommen.«

      »Bist sicher?« Josef mußte schmunzeln, als Rudolf ihn anfuhr, sich zu beeilen. »Also schön, du scheinst es ernst zu meinen.«

      Christa war erschrocken, als sie hörte, daß der Vater im Doktorhaus auf sie wartete. Sie griff nach der Hand ihres Liebsten und bat ihn: »Bleib noch da, Thomas. Allein fürchte ich mich. Wer weiß, was der Vater im Schilde führt.«

      »Ich komme natürlich mit«, versicherte er ihr sofort.

      Ein wenig beruhigter betrat Christa da das Doktorhaus. Doch ihr Herz klopfte noch immer aufgeregt, als sie dem Vater dann gegenüberstand. Dieser gab sich spröde wie immer.

      »Hast da alles, was du brauchst?« fragte er knapp.

      Sie nickte. »Freilich, Vater, es geht schon. Mußt dir um mich keine Sorgen machen.«

      »Weiß ich selbst, daß ich das net muß«, knurrte er. Als er dem strengen Blick des alten Landarztes begegnete, fuhr er ein wenig zugänglicher fort: »Ich denke, wir sollten uns vertragen. Was macht denn das für einen Eindruck, wennst hier im Doktorhaus Wurzeln schlägst? Ich möchte, daß du heimkommst, Christa.«

      »So? Und wie stellst dir das vor?« fragte sie unsicher.

      Der Bauer horchte auf; es war das erste Mal, daß er von seiner Tochter Widerworte hörte. »Ja, mei, das sollte doch kein Problem sein. Nimm das Butzerl und komm mit.« Er gab sich einen Ruck. »Und du, Thomas, kommst freilich auch wieder zurück, gelt? Ich bin hier, um euch die Hand zur Versöhnung zu reichen.«

      Christa meinte, sich verhört zu haben. Ein erleichtertes Lächeln zeigte sich auf ihren ebenmäßigen Zügen, während Thomas unbewegt wirkte.

      »Und du denkst, das geht so einfach?« fragte er schließlich mit erzwungener Ruhe. »Du hast deine Tochter schlecht behandelt, sie terrorisiert, solange sie zurückdenken kann…«

      »Thomas, net!« Christa warf ihm einen ängstlichen Blick zu, aber er fuhr entschieden fort: »Die Wahrheit muß einmal gesagt werden. Es hat keinen Sinn, wenn wir jetzt so tun, als wäre nix geschehen. Schau, Bauer, ich hab’ deine Tochter von Herzen lieb und will, daß sie endlich glücklich wird. Falls die Christa sich entschließen sollte, heimzukehren, dann mußt du ein bissel mehr tun, als nur herzukommen und guten Willen zu zeigen.«

      »Sackerl Zement, wennst mir jetzt mit Forderungen kommst, dann vergessen wir das Ganze lieber gleich wieder«, knirschte der Alte. »Bei mir muß sich ein jeder seine Sporen selbst verdienen. Da kriegt keiner was geschenkt, auch wenn er zur Familie gehört, das solltest dir gleich merken!«

      »Du hast mich mal wieder falsch verstanden, Bauer«, erklärte der Bursch gelassen. »Ich will gar nix von dir. Und ich werde höchstens der Christa zuliebe wieder auf deinem Hof arbeiten. Aber deiner Tochter, der hast vieles abzubitten. Und ich finde, du könntest auf der Stelle damit anfangen.«

      »Du hast dein Enkelkind noch gar net angeschaut«, beschwerte Christa sich da. »Komm, Vater, ich möchte dir die Kleine zeigen. Sie schläft im Moment.«

      Nur zögernd folgte der Bauer seiner Tochter. Und als er dann das kleine Wesen betrachtete, das da friedlich schlummernd vor ihm lag, wurde ihm der Hals plötzlich eng.

      »Schaut ein bissel aus wie du als Kind«, stellte Rudolf schließlich fest. »Mei, Christa, es tut mir alles recht von Herzen leid. Du sollst wissen, daß ich dir nie was Böses gewollt habe. Daß ich allerweil so streng gewesen bin, hatte schon seine Gründe. Deine Mutter hat mich verlassen, und ich wollte nicht, daß du es ebenso machst. Jetzt weiß ich, daß ich vieles falsch gemacht habe. Leider läßt sich die Uhr nimmer zurückdrehen. Aber ich kann doch in Zukunft wenigstens versuchen, dir ein besserer Vater zu werden. Und dem Butzerl ein Großvater…«

      Christa fiel dem Vater um den Hals, und er hielt sie fest. Wie lange hatte sie sich das gewünscht und doch nie gewagt, darauf zu hoffen. Der Bauer war immer abweisend und überaus streng gewesen, nie hatte es ein liebes Wort oder eine Zärtlichkeit gegeben, in all den Jahren nicht. Und nun hielt er sie im Arm, und sie konnte die Tränen der Erleichterung und Rührung nicht mehr zurückhalten. Ein wenig unbeholfen reichte Rudolf seiner Tochter ein Taschentuch und bat sie: »Sei nimmer traurig, Christa. Ich will mich bemühen, kein solcher Haustyrann mehr zu sein, das verspreche ich dir. Wennst nur heimkommst…«

      »Ich komme gern. Aber ich muß erst mit dem Thomas reden. Weißt, er hat eine neue Anstellung. Und der Bauer möchte ihn gerne halten, hat ihm sogar eine kleine Wohnung angeboten.«

      »Ich hab’s schon gehört.« Er atmete tief durch. »Na, wenn Fremde sich so großzügig geben, dann will ich euch auch keine Steine mehr in den Weg legen. Du kannst dem Thomas sagen, ich hab’ nix gegen ihn als Jungbauern. Freilich muß er zuerst mal beweisen, daß er der Arbeit auch gewachsen ist.«

      »Magst ihm das nicht selbst sagen? Er würde sich bestimmt freuen«, meinte die junge Frau, aber ihr Vater wehrte ab.

      »Ich geh jetzt besser heim. Ihr sollt euch in aller Ruhe über alles unterhalten. Und wenn ihr euch einig seid, dann sagt ihr mir Bescheid, gelt?«

      Bevor der Bauer das Doktorhaus verließ, drückte er noch Josef Brinkmeier herzhaft die Hand und ließ diesen wissen: »Ihr seid schon recht, du und dein Sohn. Ich muß euch dankbar sein, daß ihr mir den Kopf gewaschen habt. Jetzt wird mir langsam klar, daß ich fast einen ganz schrecklichen Fehler begangen hätte.«

      »Ist schon recht, Rudi, hast schließlich noch die Kurve gekriegt. Und nur darauf kommt es an.«

      *

      Schwester Mary reichte Dr. Bruckner eine aufgezogene Spritze und fragte: »Was ist eigentlich vorgefallen zwischen Ihnen und Doktor Kennedy? Wieso gehen Sie sich neuerdings aus dem Weg?«

      Die Medizinerin setzte die Spritze und sprach noch ein wenig beruhigend auf den kleinen Patienten ein. Dann wandte sie sich der schwarzen Nonne zu und erklärte: »Der Kollege Kennedy hat mir deutlich gemacht, daß er mich hier nicht mehr haben will. Er hat mir geraten, auch nach Deutschland zu gehen, so wie Max.«

      »Was? Das kann ich nicht glauben!«

      »Glauben Sie es nur, Mary, denn es stimmt. Sehen Sie, ich habe da einen Fehler gemacht. Ich dachte, es geht Tom darum, mit mir ein Team zu bilden und gute Arbeit zu leisten. Aber das scheint nur vordergründig seine Motivation zu sein. In erster Linie will er hier herrschen. Vom ersten Moment an sollte alles nach seinem Kopf gehen. Deshalb hat er auch versucht, alles, was Max und ich aufgebaut haben, zu zerstören. Ich habe ihn durchschaut. Und das gefällt ihm nicht.«

      »Aber wie soll es denn nun weitergehen? Sie sind doch auf einander angewiesen. Wenn Sie nicht richtig zusammenarbeiten…«

      »Das tun wir schon, keine Angst. Aber ich habe ihm den Wind aus den Segeln genommen, was seine Ambitionen angeht. Ich glaube, das nimmt er mir sehr übel. Das ist allerdings sein Problem.« Sie lächelte schmal. »Ich