BLACK STILETTO. Raymond Benson

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Название BLACK STILETTO
Автор произведения Raymond Benson
Жанр Языкознание
Серия Black Stiletto
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958351639



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– in dieser Welt existierten böse Menschen.

      Meine Mom war nicht allzu erfreut, als sie in die Polizeistation kommen und mich abholen musste. Der Polizist war freundlich und brachte mich hinein, damit ich meine Geschichte erzählen konnte. Und das tat ich. Ich sagte einfach, dass ich allein auf den Ölfeldern herumgelaufen war und das Baby schreien gehört hatte. Das war die Wahrheit. Der Polizist meinte, ich sei ein »braves Mädchen« gewesen und hätte das Richtige getan. Was aus dem Baby wurde, weiß ich nicht – ich nehme an, dass man es in ein Waisenhaus brachte.

      Aber ich wusste, dass ich sein Leben gerettet hatte. Und das fühlte sich gut an.

      3| Judys Tagebuch 1958

      Als ich dreizehn war, im Frühling 1951, heiratete meine Mutter ein zweites Mal. Sie hatte sich einen anderen Bohrarbeiter namens Douglas Bates geangelt, und so wurde aus Betty Cooper eine Betty Bates.

      Von dem Moment an, als ich den Kerl zum ersten Mal sah, wusste ich, dass er Schwierigkeiten bedeuten würde.

      Das war diese seltsame Intuition, die ich besaß. Er kam bei ihrem ersten Date durch die Tür, mit diesem schmierigen Lächeln im Gesicht und einem Funkeln in den Augen, von dem ich eine Gänsehaut bekam. Rückblickend denke ich, dass er mehr an mir als an meiner Mutter interessiert war. Er konnte es gar nicht erwarten, ein junges Teenager-Mädchen in die Finger zu bekommen, also heiratete er schnell eine Frau, die ihn eigentlich gar nicht interessierte, um so seine Beute einkreisen zu können.

      Douglas war zehn Jahre älter als meine Mutter. Davor war er schon einmal verheiratet gewesen, dann geschieden, und hatte mit einer ganzen Reihe von Frauen angebändelt, bevor er schließlich in einer Bar meine Mutter traf. Ich kenne die Umstände seiner ersten Ehe nicht, aber ich gehe jede Wette ein, dass seine Frau ihn verlies. Höchstwahrscheinlich, weil er sie zusammengeschlagen hat. Denn das tat er auch gern mit meiner Mutter.

      Oh, natürlich, zu Anfang war er freundlich und half im Haushalt. Meine Brüder schienen ihn von Anfang an zu mögen. Sie waren selten da, gingen zur High-School, und John würde im Mai seinen Abschluss machen. Meine Mutter schwärmte einfach nur für Douglas, weil er ein Mann war und sich für sie interessierte. Aber mich legte er keine Sekunde rein. Ich traute ihm nicht. Er war ein Lügner und ein Kriecher.

      Da gab es dieses eine Wochenende, gleich als die Sommerferien begannen. Meine Mutter war auf Arbeit, putzte bei jemand das Haus, und meine Brüder waren irgendwo draußen unterwegs. Ich war allein in meinem Zimmer und las ein Buch. Ich dachte, ich hätte meine Ruhe. Aber der gute alte Douglas arbeitete an diesem Tag nicht, also klopfte er an meine Tür und wollte hereinkommen. Eigentlich wollte ich das nicht, aber er war mein Stiefvater, also ließ ich ihn herein. Zumindest war er sauber – er musste gebadet haben, bevor er anklopfte. Was aber auch bedeutete, dass er etwas vorhatte.

      Er fing an, mir Komplimente zu machen, beinahe so wie meiner Mutter. Meinte, wie süß und schön ich doch sei und wie groß ich doch schon geworden war. Ja, genau. Wo er mich doch erst seit fünf Monaten kannte.

      »Sieh mal, was ich habe«, sagte er. »Eine Überraschung!«

      Und dann besaß er die Dreistigkeit, einen Flachmann mit Whiskey hervorzuholen! Dazu zauberte er zwei Plastikbecher hervor, goss in jeden ein wenig ein, und dann hielt er mir einen davon hin! Ich war dreizehn Jahre alt, Herrgott noch mal! Ich lehnte natürlich ab.

      »Komm schon, Judy«, bettelte er. »Du wirst es mögen. Damit fühlt man sich gleich besser.«

      Genau. Ich hatte gesehen, was das Zeug mit meiner Mutter anstellte.

      »Wo liegt das Problem? Bist dir zu fein dafür, kleine Miss Saubermann?«

      »Ich versuche, zu lesen. Lass mich bitte allein.«

      Und dann sagte er: »Weißt du, Judy, du wirst jetzt erwachsen, und du wirst dich bald für Jungs interessieren. Und ich meine nicht, mit ihnen Fußball zu spielen. Du wirst wissen wollen, wie man das so macht.«

      Ich sah ihn an, als wäre er einfach nur verrückt geworden. Aber er redete weiter.

      »Ich will dir nur helfen, weißt du? Ich könnte dir ein paar – Sachen beibringen. Dinge, die dein Freund mögen wird. Was meinst du?«

      »Nein. Verschwinde.«

      »Nun, Judy …«

      Und dann schrie ich ihn an. »Verschwinde! Lass mich in Ruhe!« Ich schnappte mir eines der Bücher und warf es nach ihm. Es traf ihn mitten im Gesicht. Junge, Junge, das machte ihn wütend. Er lief rot an und stürmte auf mich zu, als wollte er mich windelweich prügeln. Doch dann hörten wir, wie die Haustür zuschlug. Frank rief, um zu sehen, ob jemand zuhause war.

      »Frankie!«, schrie ich.

      Douglas zog sich in den Türrahmen zurück und versuchte, locker zu wirken. Frank erschien und fragte: »Was macht ihr hier?«

      »Nichts«, antwortete Douglas. »Ich wollte nur nachsehen, ob deine Schwester etwas zu Essen haben will.«

      »Nun, ich könnte was vertragen«, sagte Frank. Er schöpfte keinen Verdacht.

      Douglas funkelte mich böse an und zog dann mit Frank von dannen. Ich schlug die Tür zu. Unglücklicherweise besaß die Tür kein Schloss, um sie zu verriegeln.

      Von da an wurde Douglas unleidlich. Er schrie meine Mutter oft an, und die beiden stritten viel. Mom gab für gewöhnlich schnell nach, besonders dann, wenn er sie schlug. Einmal passierte das, als wir drei Geschwister dabei waren. Wir waren entsetzt, und John baute sich vor dem Widerling auf.

      »Hör auf, meine Mutter zu schlagen!«, sagte er, so bedrohlich, wie man mit achtzehn Jahren nur sein konnte. John hätte einen beachtlichen Gegner abgegeben, aber mein Stiefvater war ein großer Mann. Er hatte mit Sicherheit mehr Erfahrung in handfesten Auseinandersetzungen als John.

      Douglas sagte ihm nur, dass er die Klappe halten sollte, und verließ das Haus. Mom fing an zu weinen, und wir versuchten, sie zu trösten.

      »Du solltest ihn verlassen«, riet ich ihr.

      Sie sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Was fällt dir ein?«, fragte sie. »Wie könnte ich so etwas tun? Wovon sollen wir dann leben? Wo kommt dann Geld her? Wir haben gerade erst geheiratet. Ich kann keinen Mann verlassen, den ich gerade erst geheiratet habe.«

      Ich zuckte als Antwort nur mit den Schultern und starrte meine Brüder an. Die Blicke, die wir austauschten, verrieten, dass sie meine Meinung teilten. Aber sie würden sich nicht zwischen Mom und unseren Stiefvater stellen.

      John hatte Glück. Er verließ uns, sobald er die High-School beendet hatte. Wie mein Dad ging er zum Militär, nur dass er sich bei der Army und nicht in der Navy einschrieb. Lieber freiwillig melden als eingezogen werden, sagte er. Der Korea-Krieg tobte, und er wollte wirklich dorthin und seinem Land dienen. Mom wollte nicht, dass er geht – das wollte keiner von uns, außer Douglas. Der Bastard war froh, dass er das älteste Kind loswurde. Ein Hindernis weniger auf seinem Weg zum Ziel – mir. John kam ins Ausbildungslager und wurde wohl von da nach Korea geschickt. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich keine Ahnung, was aus ihm geworden ist, ob er noch lebt oder nicht.

      Wenn Douglas nicht gerade auf dem Ölfeld arbeitete oder meine Mom verprügelte, ballerte er draußen auf einem angrenzenden leeren Grundstück mit einem seiner Schießeisen herum. Er besaß mehrere Waffen – Pistolen und Gewehre – und er übte Zielschießen, relativ regelmäßig. Manchmal lief er mit einer Pistole ums Haus herum, tat so, als wäre er ein Cowboy und versuchte, die Waffe so schnell aus seinem alten Holster zu ziehen wie die Revolverhelden. Er vergötterte John Wayne und die anderen Cowboys aus den Filmen und hielt sich selbst für einen Gesetzlosen oder so etwas in der Art. Es machte mich krank.

      Mit der Zeit machte Douglas meinem Bruder und mir das Leben zur Hölle. Wenn Mom nicht gerade als Prellbock für seine Aggressionen herhalten musste, dann war Frank an der Reihe. Mein Stiefvater behandelte ihn wie Dreck. Deshalb blieb Frank so oft und so lange es nur ging von zuhause weg. Er hatte in der High-School zu tun, hatte Freunde