Название | Seewölfe - Piraten der Weltmeere 56 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954393732 |
Was die Gesamtlage betraf, so hatte Hasard sich von den empfangenen Nackenschlägen immer noch nicht wieder erholt. Seine miserable Laune hatte die allgemeine Stimmung auf der „Isabella“ nicht gerade gehoben. Kurzum, die Atmosphäre war schwül bis erdrückend.
„Na schön“, sagte Matt Davies. „Hasard will keine unnötigen Risiken eingehen, weil er der Meinung ist, uns sowieso zu sehr in diese ganze Sache ’reingerissen zu haben. Also gut, wir sollen vorläufig weder mit spanischen Schiffen noch mit algerischen Piraten zusammenstoßen. Wir dürfen kein Aufsehen erregen, zumal wir so tun, als wären wir harmlose Handelsfahrer aus Irland. Wir markieren immer noch wie in Vigo und Cadiz, und unser Kapitän heißt Philip Drummond. Alles klar und richtig, aber ich hab die Schnauze voll, so richtig gestrichen voll.“
Carberry hatte sich genähert. Er stellte sich vor Matt hin und stemmte die Fäuste in die Seiten. „Was soll denn das heißen, Matt? Hast du nicht mehr alle Tassen im Schapp? Deine Nörgelei kennt man ja, aber langsam grenzt sie an Aufwiegelung zur Meuterei. Paß bloß auf, sonst packe ich dich bei den Hammelbeinen und zieh dir die Haut ...“
„... in Streifen von deinem Affenarsch“, vervollständigte Matt. „Geschenkt, Profos. Du weißt, wie ich das meine. Nur bist du auch schon ganz zappelig. Hier passiert überhaupt nichts mehr. Das Leben an Bord ist sterbenslangweilig. Wenn wir bloß diesen Uluch Ali finden und zusammenstauchen könnten – aber Essig ist’s damit.“
„Wir müssen Geduld haben“, sagte der Profos eindringlich. „So was läßt sich nicht über das Knie brechen. Reißt euch doch zusammen. Zumarraga hat in Algier einen Mittelsmann gehabt, einen maurischen Kaufmann namens Ishak Azem ...“
„... der auch mit Uluch Ali zu tun hat“, unterbrach Al Conroy. „Wissen wir ja. Wären wir bloß erst in Algier.“
„Ganz nebenbei, wißt ihr, was wir brauchen?“ sagte Blacky.
Carberry nickte und gab ein undeutliches Grunzen von sich. „Landgang. Das ist es. Wir Kerle – ich schließe mich da gar nicht aus – brauchen mal wieder ein bißchen Abwechslung. Wein. Spiel. Einen richtigen Zug durch sämtliche Spelunken, die diese Satansbraten von Arabern zu bieten haben. Und, na ja, ich schätze, gegen dunkle Schönheiten hätte keiner von uns was einzuwenden.“
„Du schätzt?“ Jeff Bowie lachte auf. „Da kannst du sicher sein.“
„Mal wieder so ein zartes Stück Weiberfleisch zwischen den Fingern halten“, schwärmte Matt Davies. Es fehlte nicht viel, und er verdrehte auch noch die Augen.
„Am Eisenhaken zappeln lassen, wolltest du sagen.“ Das war Sam Roskill. Er grinste breit von einem Ohr zum anderen.
Matt Davies geriet in Rage. „Hör auf, Mann. Ich kann mit dem Haken noch ganz was anderes. Ich kann mir damit in der Nase bohren, Spundlöcher verdübeln, jemand den Schädel einschlagen, dir den Arsch aufreißen ...“
„Mann, stell die Leier ab“, sagte Al Conroy. „Diese ewige Sprücheklopferei. Ich kann das nicht mehr hören. Immer das gleiche.“
Ja, sie waren nervös wie gereizte Stiere und drohten, sich gegenseitig ins Gesicht zu springen. Hasard verweilte immer noch auf dem Achterdeck. Er stützte sich auf die Schmuckbalustrade, die den Querabschluß zur Kuhl bildete, und beobachtete. Verstehen konnte er nur Wortfetzen, aber er vermochte sich auch so seinen Reim auf das Gespräch der Männer zu bilden.
Ähnliche Situationen hatten sich bisher zwei- oder dreimal an Bord seiner Schiffe eingestellt. In diesen Fällen hatte er dann seine Männer schichtweise auf Landgang geschickt, und das drüben in der Neuen Welt, in spanischem Feindgebiet. Zuweilen wurde eben auch die beste Crew der Welt unmutig, und dann begann die Lunte eines Pulverfasses zu schwelen. Dann mußte Abhilfe geschaffen werden.
Zur Zeit konnte Hasard nur darauf hoffen, daß der Wind nicht drehte oder es unliebsame Überraschungen anderer Art gab. Das war alles. Land herzaubern konnte er nicht, eine Ladung grellgeschminkter Liebesdienerinnen schon gar nicht.
Unten auf der Kuhl rettete Gary Andrews vorläufig die Lage, indem er phantasierte: „Endlich mal wieder den Hintern eines drallen Frauenzimmers streicheln und in einen vollen Ausschnitt gucken.“
„Greifen“, sagte Al.
Stenmark, der Schwede, ergriff jetzt auch das Wort und unterstrich das Gesagte durch eine Geste. „Hafenhuren reihenweise flachlegen, das wäre was. Algier, bereite dich auf unseren Besuch vor!“
Carberry senkte plötzlich den Kopf und schob das Rammkinn vor. Er dachte an Vigo und an ihren letzten Besuch in einem mit Pomp und Plüsch überladenen Prachtbordell, und ihm fiel dabei ein, daß man hin und wieder einen kalten Guß auf den Schädel kriegte, wenn man allzuviel herumsponn.
„He“, sagte er. „Augenblick mal. Wir gehen diesmal nicht unter Christenmenschen, sondern unter Muselmanen. Seid ihr Heringe denn überhaupt sicher, daß die Knaben es mit den Hurenhäusern halten wie wir Engländer, wie die Spanier und sonst alle auf unserem Kontinent?“
„Bestimmt“, erwiderte Blacky. „Im Grunde sind sie doch Menschen wie wir, oder? Und ein Mann bleibt nun mal ein Mann. Ich hab mal gehört – von wem, weiß ich nicht mehr –, die Anbeter von Allah dürfen sich sogar einen ganzen Schwung Frauen auf einmal halten.“
Sam Roskill nickte. „Harem nennt man das. Aber Ed meint was anderes. Wenn es in Algier Frauen für uns gibt, ist noch lange nicht gesagt, daß sie sich auch mit Andersgläubigen einlassen.“
Matt schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Schockschwerenot, daran habe ich noch nicht gedacht. Profos, mal bloß den Teufel nicht an die Wand.“
Mitten in ihre Unterhaltung hinein platzte der Ruf Dan O‘Flynns. Der Junge richtete sich im Hauptmars auf, streckte die Hand aus und schrie: „Land, Land! He, ho, wir haben es geschafft, verdammt und zugenäht, die Küste ist in Sicht!“
Edwin Carberry atmete auf. „Ein Segen. Hoffentlich haben wir auch bald Algier vor der Nase.“
„Laut unserer Positionsbestimmung können wir nicht weit davon entfernt sein“, entgegnete Al Conroy. „He, Ed, Hasard hat uns allen doch nun was über richtige Navigation beigebogen. Zweifelst du an unseren Künsten?“
„Ich weiß nur, daß ihr ein gottverfluchter Sauhaufen von Rübenschweinen und Affenärschen seid“, sagte Carberry. Er grinste erleichtert, zum einen, weil sich der Crew endlich die dringend nötige Abwechslung bot, zum anderen, weil er wieder seinen Lieblingsspruch hatte anbringen können.
Hasard hatte das Spektiv ans Auge gehoben. Die „Isabella“ schob sich mit gut fünf Knoten Fahrt auf den flachen Streifen zu, der sich grau und etwas vage über der südlichen Kimm erhob. Bald nahm er schärfere Konturen an, wuchs höher hinaus und war mit bloßem Auge zu erkennen. Hasard sah klar und deutlich, daß sie auf eine größere Ansammlung von weißen, zusammengewürfelt wirkenden Häusern zuhielten.
„Ben, Shane, Ferris, Old O‘Flynn!“ rief er. „He, ihr Himmelhunde auf der Kuhl und auf der Back! Wir haben Algier vor uns.“
Die Mannschaft brach in Jubelrufe aus.
Carberry grinste, kratzte sich sein mächtiges Kinn und sagte: „Na bitte. Jetzt werden wir ja bald wissen, wie es da mit den Frauenzimmern steht.“
Vorläufig konnte von Vergnügen noch keine Rede sein. Sie waren mit der „Isabella“ auf eine halbe Seemeile an die Stadt heran, da löste sich aus dem Gewirr von Schiffsleibern und Masten im Hafen eine zweimastige Schaluppe mit Lateinersegeln und steuerte auf sie zu. Der Wind hatte wieder auf Nordwest gedreht, sie hatte keinerlei Schwierigkeiten, an den Wind zu gehen und mit direktem Kurs auf die Karavelle zuzuhalten.
Hasards Männer drängten sich am Steuerbordschanzkleid der Kuhl und des Achterdecks. Die „Isabella“ segelte über Backbordbug exakt nach Süden und