Название | OUTBREAK - Hinter den Linien |
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Автор произведения | Luke Duffy |
Жанр | Языкознание |
Серия | Outbreak |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783958352094 |
Seit die Toten ihre geistlosen Attacken bleiben ließen, spekulierten die Menschen im Lager, dass die Milliarden von Leichen, die nun auf der Erde umgingen, möglicherweise im Begriff waren, ein Eigenbewusstsein zu entwickeln. Viele erschauderten wegen der Vorstellung und wollten nicht glauben, dass ihre Gegner lernen und sich erinnern konnten.
»Also, wir kommen wohl besser mal in die Gänge.«
Nachdem die beiden Soldaten die Treppe hinuntergestiegen waren, schmatzten ihre Stiefel im saugenden Schlamm, als sie den Platz vor dem breiten Stahltor betraten. Zu zweit begannen sie, sich für das Bevorstehende zu wappnen: Sie zogen ihre dicken, wasserdichten Mäntel aus Nylon aus, die bereits löcherig und rissig waren und sich nicht einmal mehr bei einem leichten Schauer bewähren konnten, rollten sie fest zusammen und stopften sie anschließend in ihre kleinen Rucksäcke, die auch Wegzehrung und Wasser enthielten.
Nun waren sie für den Kampf gerüstet; bereit zum Losziehen, nun da sie nichts, was kein notwendiges Rüstzeug war, in ihren Taschen verstaut hatten. Ihre Waffen waren mit Schalldämpfern ausgestattet und zum Schutz gegen die Elemente eingefettet, während ihre Munition leicht zugänglich in Fächern ihrer kugelsicheren Westen steckte. Am Körper trugen sie Kleidung aus Wildleder und Jeansstoff in mehreren dicken Lagen übereinander, darüber Bein- und Armschienen aus geformtem Hartleder-Platten aus Keramik, um ihre Glieder zu schützen.
Sie überprüften sich sorgfältig gegenseitig, um sicherzugehen, dass ihre Gurte auch festgezurrt waren und nichts verrutschen konnte, wobei sie auch auf alles achteten, was vielleicht hervorstach und ergriffen werden konnte oder dazu führen könnte, dass sie irgendwo hängen blieben.
»Seid ihr zwei Herzchen endlich fertig mit Beschnuppern?«
Als sie sich umdrehten, kam zwischen dem Wall und den Gebäuden der Überlebenden hastig eine Frau auf sie zu. Sie hatten ihre Stimme bereits erkannt, doch ihre dunklen Umrisse und die stolzierende Gangart mit den großen Schritten waren ebenso unverkennbar.
»Mist«, fluchte der eine leise. »Hier kommt der Führer.«
Sie blieb vor ihnen stehen, als ob ihr das kalte Wasser, das durch ihr Haar und über ihr blasses Gesicht strömte, überhaupt nichts ausmachte. Für eine Frau war sie recht groß, hatte schroffe, markante Züge und hellblaue Augen. Selbst jetzt, nach all dem Leid und Schrecken, der ihnen widerfahren war, funkelten sie wie durch ein Licht, das tief in ihrem Inneren zu leuchten schien. Optisch hatte sie einmal etwas hergemacht, und sogar heute noch, nachdem endlose Strapazen hinter ihr lagen – ganz zu schweigen von den vielen weiteren, die sich zweifellos noch anschließen würden –, strahlte sie eine natürliche Schönheit aus. Darum musste sie sich nicht bemühen, denn dies hing genauso mit ihrer Haltung zusammen wie mit ihrem äußeren Erscheinungsbild.
»Du kommst also, um dich von uns zu verabschieden, Captain?« Der größere Mann grinste sie an, während er sich am Kinnschutz seines Helms zu schaffen machte. »Du verdrückst unseretwegen doch wohl keine Tränen, oder?«
»Schön wär's, aber träum ruhig weiter«, gab sein Kamerad zurück und nickte ihr zu. Dann steckte er sich eine Zigarette an und nahm einen kräftigen Zug. »In ihren Adern fließt schließlich kein Blut, sondern Stickstoff.«
Sie lächelte kurz und schaute dabei zu, wie der blasse blaue Qualm der brennenden Zigarette in den Regenhimmel hinaufstieg. Dass sie das Rauchen aufgegeben hatte, war schon Jahre her, doch auch nach so langer Zeit ertappte sie sich hin und wieder dabei, Sehnsucht nach einer Kippe zu verspüren.
Sie betrachtete die zwei Soldaten nun einen Moment lang. Gedanken an längst vergangene Tage drängten sich in ihr auf.
Sie waren die Einzigen, die sie noch hatte – diese beiden Männer, der strahlende Riese und sein dürrer Freund mit der Hakennase.
Über die Jahre hinweg waren die anderen von der grausamen neuen Welt verschlungen worden, und jetzt war von ihrer alten Gruppe nur noch dieses Paar übrig geblieben. Sie liebte diese Kerle; sie erachtete sie als ihre Männer und Familienmitglieder. Lange hatten sie Seite an Seite gekämpft, ihr persönliches Umfeld sterben sehen und gemeinsam um ihren Verlust getrauert.
So hart und kaltschnäuzig sie auch wirkte: Die Männer kannten sie gut genug und stellten nie in Abrede, dass sie ihr viel bedeuteten. Sie war eine wahre Anführerin, leidensfähig und ausdauernd, egal welchen Herausforderungen sie sich auch stellen musste. Auch weil sie sich nicht davor scheute, das Unerlässliche zu tun, hatten sie ihre Fähigkeiten schon früh erkannt und sie, obwohl es ihr zuwider gewesen war, zu ihrem Oberhaupt auserkoren.
»Passt einfach dort draußen auf euch auf, ihr zwei. Keine Heldentaten!«
Das Paar drehte sich um und stakste langsam über den Platz. Die aufgeweichte Erde spritzte von ihren Stiefeln hoch, während sie zu der schmalen Nische im Beton gingen, die sich ein Stück weit vom Haupttor entfernt an der Mauer befand.
Zu ihrer Rechten ließen die Köche unter dem Zelttuch ihrer Freiluftküchen die Hände rundgehen. Es war Freitag, und das bedeutete auch trotz des grässlichen Wetters, dass ein Grillabend anstand. Der Chefkoch hob einen Arm und winkte den Dreien zu, während sich Rauch und Dampf unter dem Schutzdach ausbreiteten.
Die Soldaten erwiderten die Geste, indem sie ihre Gewehre vor den Männern und Frauen anhoben, die damit fortfuhren, ihre zeitgenössischen Wunder zu wirken, dadurch, dass sie der Moral der Gemeinde ein wenig mit schmackhaften Mahlzeiten auf die Sprünge halfen.
»Lasst etwas von dem Fraß übrig, den ihr uns immer als Hühnchen unterjubeln wollt, ja? Selbst wenn es eine räudige Katze wäre: immer noch besser als gar nichts.«
»Räudige Katze?«, rief ihnen der Chefkoch entgegen. »Die behalten wir uns ja wohl für hohen Besuch vor. Wo sind wir denn hier eurer Meinung nach – in einem piefigen Ritz?«
Die beiden erreichten nun die Mauernische. Sie ragte vom Boden aus schräg in die innere Wand hinein und verfügte über eine dicke Stahltür. Der Wächter trat aus einem schattigen Winkel daneben hervor und nickte ihnen zu, als sie näherkamen.
»Wie steht's, John?«, begrüßten sie ihn und blieben stehen, um darauf zu warten, dass er ihnen Einlass gewährte.
»Jeden Tag der gleiche Scheiß. Bringt mir mal was Nettes mit«, entgegnete John, während er den schweren Riegel im Schließmechanismus zurückzog.
Dieser rastete mit einem lauten Klingeln ein, das auf dem Gelände widerhallte, sodass sich unzählige Menschen umdrehten und gespannt schauten, weil sie wussten, dass man ihre Wehr öffnen würde – geringfügig zwar, doch das änderte nichts an der Tatsache.
Als John die Tür nach außen klappte, war ihr metallisches Knarren nicht zu überhören, denn die Scharniere widersetzten sich dem Rost, der ihre Bewegung erschwerte. Drinnen war es so dunkel, dass man schon hinter der Schwelle nichts mehr sehen konnte. Ein Schwall abgestandener Luft wehte aus dem lichtlosen Gang in ihre Gesichter, als sie hineinschauten.
Die zwei Männer betrachteten einander – die Waffen fest im Griff – und spürten dabei, wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten.
»Was ist?«, fragte John abschätzig grinsend. »Seid ihr etwa nervös?«
Der Größere, dessen Schultern aufgrund seines Gepäcks und Körperschutzes doppelt so breit wie üblich wirkten, machte nun einen Schritt vorwärts. Er starrte den Wächter, der sich schon auf dem Weg zurück in den behaglichen Schatten seines Postens befand, düster und kaltherzig an. John wünschte sich, er hätte den Mund gehalten.
»Es ist jetzt über zehn Jahre her«, hob der Soldat mit einem bedrohlichen tiefen Grollen an. »Ich war schön öfter draußen, als ich zählen kann. Alle meine Freunde sind tot, nur ich lebe noch. Ich habe Tausende umgebracht und mir dabei nie einen Kratzer eingehandelt; bin ich nervös?«
Fragend zog er eine Augenbraue hoch, während sich der Wächter geduckt hielt, und grinste dann unverhofft, wobei seine