Название | Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075831101 |
Viel Erfolg hatte er nicht auf seinem Horcherposten. Nur einmal fiel eine Bemerkung über die geradezu wahnwitzige Spekulationswut des Konsuls Schimpel, wobei einer der Herren erklärte: ‚Den bringt das Börsenspiel auch noch vor die Hunde …!‘ –
Gegen Mitternacht war Viktor wieder in dem Pfeffergang, öffnete mit einem Dietrich die Haustür des Nebengebäudes und gelangte so nach oben in des Schriftstellers Mansardenheim.
Viktor war vorsichtig. Er durchsuchte die Zimmer und die Nebenräume sehr genau, trat auch auf den Balkon hinaus, und wollte dann zu Bett gehen, – nicht etwa in des Freundes Schlafzimmer, sondern in der Kammer nebenan.
Im Schlafzimmer ließ er eine Weile Licht brennen und schaute durch das Kammerfenster auf die Straße hinab. Dort patrouillierte noch derselbe Mensch auf und ab, dem er schon bei der Heimkehr im Pfeffergang begegnet war, – natürlich ein Kriminalbeamter. Der als Arbeiter verkleidete Geheime schaute gerade jetzt nach den Fenstern des Schriftstellers empor, mußte also den Lichtschein bemerken und war nun wohl beruhigt in dem Gedanken, daß Dr. Wilde anwesend sei.
Viktor schloß sich für alle Fälle in die Kammer ein, entkleidete sich und suchte sein Kofferpatentbett auf, schlief fest bis gegen sieben Uhr morgens und sah wieder einen langweiligen, endlosen Tag vor sich. Er mußte diesen Stubenarrest aber geduldig ertragen. Bevor die Annoncen nicht ihre Schuldigkeit getan hatten, war nichts weiter zu unternehmen, abgesehen von geringfügigen Vorbereitungen für den ‚großen Schlag‘.
Die Meller erschien sehr bald, brühte Kaffee auf, erzählte allerlei aus ihrem kümmerlichen Leben an der Seite eines selbstsüchtigen, unverbesserlichen Trunkenboldes und eilte dann hinaus, als der Postbote sich wie immer durch starkes Klopfen an die Flurtür bemerkbar machte.
Sie überbrachte Viktor zwei an Dr. Wilde adressierte Briefe.
Der eine trug auf der Rückseite des Umschlags als Absender den Namen M. Schimpel. Der zweite war von einem Berliner Verlag. Diesen legte Viktor beiseite, den anderen öffnete er unbekümmert.
Sehr geehrter Herr!
Mein Stiefsohn Viktor Ruhnau hat, nachdem er das elterliche Haus verlassen hatte, zunächst bei Ihnen ein Unterkommen gefunden. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß wir uns gezwungen sehen, gegen Viktor bei Gericht einen Antrag auf Entmündigung zu stellen. Ich rate Ihnen also dringend ab, Viktor pekuniär Hilfe zu gewähren, da wir für seine Schulden nicht aufkommen werden. Er dürfte Ihnen verschwiegen haben, daß wir Vorsorge trafen, seine Wertsachen nicht in die Hände von Pfandleihern geraten zu lassen. Da er sich zur Zeit offenbar absichtlich irgendwo verborgen hält und Sie wissen dürften, wo er sich befindet, bitte ich ihm bestellen zu wollen, daß wir bereit sind, ihn wieder ins Elternhaus aufzunehmen, wenn er auf unsere ihm bereits bekannten Bedingungen eingeht: Eintritt in die Firma als Volontär und freiwilliger Verzicht auf das Verfügungsrecht über seinen Erbteil für weitere fünf Jahre. –
Hochachtungsvoll
M. Schimpel.
18. Kapitel
Kommissar Ihle trommelte nervös mit den Fingern auf dem blauen Aktendeckel, der die Aufschrift ‚Tompson, Mord‘ trug.
„Wie lange sollen wir denn noch warten, Spengler, he …?! Ein Tag nach dem andern vergeht, und wir kommen keinen Schritt vorwärts! Etwas muß geschehen! Der Brief Ruhnaus kann ebenso gut eine Irreführung sein …! Ich bin dafür, daß wir uns wenigstens der Person des angeblich erkrankten Schriftstellers versichern.“
Er hatte ziemlich erregt gesprochen und den Wachtmeister dabei ärgerlich angesehen, denn dieser war es ja gewesen, der ihn dazu bestimmt hatte, jenem Briefe Glauben zu schenken und den Doktor Wilde unbelästigt zu lassen.
Spengler erwiderte sehr ruhig und sehr feierlich:
„Ich gestatte mir zu bemerken, daß der Brief nur in einer Hinsicht Einfluß auf unseren Nachforschungen gehabt hat. Wir haben Dr. Wilde nicht verhaftet! – Im übrigen haben wir genau so gehandelt, als existierte der Brief gar nicht, das heißt, wir haben weiter nach dem verschwundenen Ruhnau gesucht, der sich meines Erachtens hier in Danzig verborgen hält, haben die Personen, auf die es uns ankommt, ständig beobachten lassen und mithin … gar nichts verabsäumt! Eines dagegen haben wir gewonnen in diesen Tagen, die Überzeugung, daß wir so nicht vorwärtskommen! Wir sind auf dem toten Punkt angelangt! Ob wir auf diesem noch ein paar Tage länger verharren müssen, bleibt sich gleich! Was würde uns auch die Verhaftung des Doktors helfen?! Nichts – gar nichts. Nur die Öffentlichkeit würde beruhigt werden! – – Nein, Herr Kommissar, ich kann auch heute nur wiederholen: Der Ruhnau weiß tatsächlich mehr als wir!“
Ihle war aufgesprungen und lief im Zimmer umher.
„Wenn der Doktor womöglich auch ausgekniffen ist, wenn wir auch in dieser Hinsicht die Geleimten sind!!“ rief er im Zwiespalt seiner Empfindungen, da er ja Spenglers Ausführungen innerlich nur beipflichten konnte, so schwer ihm das auch wurde.
„Er ist zu Hause, Kommissar, – ganz bestimmt, – beruhigte der Wachtmeister ihn. „Ich habe seine Aufwärterin noch heute Vormittag als Gasrevisor verkleidet, in der Mansardenwohnung gesprochen. Der Doktor war in seinem Schlafzimmer. Ich hörte ihn mit der Frau reden, als ich mir an dem Gasautomaten zu schaffen machte. Und – auskneifen …?! Bei der strengen Überwachung des Hauses?! – Ausgeschlossen!“
Es klopfte, und herein trat ein Kriminalbeamter in Zivil, der in der verflossenen Nacht im Pfeffergang Posten gestanden hatte.
„Nun, Merkel, – was gibt’s,“ fragte Ihle kurz.
„Ich möchte Ihnen nur etwas mitteilen, Herr Kommissar, was mir gestern Nacht aufgefallen ist. Ich hatte doch Dienst im Pfeffergang. Um nun nicht fortwährend vor jenem Hause auf und ab laufen zu müssen, hatte ich mich zwei Häuser weiter gegenüber in einen tiefen Torweg auf einen Prellstein gesetzt. Gegen halb elf abends kam ein älterer Mann aus dem Nebengebäude links heraus, schloß hinter sich die Haustür ab und wollte nun nach der Breitgasse zu davongehen, als der Schließer dieses Häuserblocks ihm begegnete. Ich hörte, wie der Schließer den Mann ziemlich barsch fragte, wer er eigentlich sei und was er in dem Hause zu suchen habe. –
‚Sie sind mir schon gestern aufgefallen,‘ sagte er. ‚Ich habe mich erkundigt, ob Sie ins Haus gehören. Die Leute, die hier wohnen, kenne ich alle. Sie aber nicht. Am liebsten würde ich Sie mal nach der Polizeiwache nehmen!‘ Worauf der Mann erwiderte: ‚Bitte, tun Sie das ruhig. Dann holen Sie aber vorher noch die Witwe Schmitz. Von der komme ich nämlich gerade. – Halten Sie mich vielleicht für einen Dieb?! Ich bin jederzeit im Stande, mich zu legitimieren. Aber nicht Ihnen gegenüber! So grob laß ich mich nicht anfahren!‘ –
Der Schließer, wohl etwas eingeschüchtert, brummte eine Entschuldigung und ging weiter, während der alte Herr nach der Breitgasse zu verschwand. – Ein Uhr morgens kamen dann zwei Männer von der Breitgasse her den Pfeffergang entlang und betraten das Haus, in dem die Schmitz tatsächlich wohnt. Einer von ihnen war derselbe, der dem Schließer gegenüber so sicher aufgetreten war. –
Um sieben Uhr früh wurde ich heute abgelöst. Müller 2 übernahm die Wache. Und bis dahin waren die beiden aus dem Hause nicht wieder herausgekommen. –
Ich war mißtrauisch geworden. Nachdem ich mich dann bis gegen vier Uhr nachmittags ausgeschlafen hatte, begab ich mich nach dem Pfeffergang. Ich hatte Müller wegen der beiden Männer Bescheid gesagt. Er versicherte mir, sie hätten das Haus noch immer nicht verlassen. –
So, das wollte ich nur melden.“
Ihle und Spengler tauschten einen langen Blick.
Und der Kommissar befahl dann: „Gehen Sie sofort zu der Schmitz, Merkel. Wenn diese nichts von den beiden