Название | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1 |
---|---|
Автор произведения | Bettina von Weerth |
Жанр | Языкознание |
Серия | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740940898 |
»Die anderen Familienmitglieder auch nicht. Der Richter war es, der ihn verurteilt hatte.«
»Aber die waren alle zufällig da, und da wurden sie eben als abschreckende Maßnahme komplett abgeknallt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob man Carlotta Perucci weiter verfolgt hätte, wäre sie in Italien geblieben. Das Auslöschen der Großfamilie, das war spektakulär. Das ging durch die Medien …, eine einzelne Tote. Danach kräht kein Hahn …, halten Sie mich jetzt bitte nicht für herzlos. Aber das ist die Realität.«
Vielleicht hatte er recht.
Aber sie wollte es ganz einfach so nicht sehen.
»Meine Realität ist, dass Carlotta Perucci über diesen Schock niemals hinweggekommen ist, dass die Angst sie niemals verlassen hat … Herr Kommissar, schauen Sie sich um …, so lebt nur jemand, der innerlich erloschen ist. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass, als sie den Artikel gelesen hatte, ihre Angst übergeschwappt war, dass sie nicht mehr konnte, dass sie einfach nur ihren Frieden haben wollte.«
Er konnte sich eine sarkastische Bemerkung nicht verkneifen.
»Na, ich weiß nicht …, nach dem christlichen Glauben finden Selbstmörder ihren Frieden nicht.«
»Carlotta schon. Bei dem, was sie mitgemacht hat, wird Gott ihn ihr schenken.«
Sie war traurig, sie wollte nicht mehr diskutieren.
Leonie war froh, dass Sturm geläutet wurde.
Wenig später polterte »das Geschwader«, wie der Kommissar es ausgedrückt hatte, herein.
Allen voran Jenny Müller, dicht gefolgt von Mike Bär. Cool mit Sonnenbrille, Lederjacke.
Leonie stand auf. Hier hatte sie nichts mehr verloren. Sie stand auf, verabschiedete sich.
Er hielt ihre Hand länger als gewöhnlich. »Nehmen Sie es sich nicht so sehr zu Herzen«, bat er. »Dank Ihrer Hilfe ist der Fall geklärt. Und dafür danke ich Ihnen wirklich sehr.«
Sie nickte, dann verließ sie die Wohnung, ohne sich noch einmal umzusehen.
Hatte Carlotta sich nochmals umgeblickt? Welche Rolle spielt das!
Auf der Treppe wurde sie von einer Frau angehalten.
»Ist was mit Frau Förster? Ich hab sie schon einige Zeit nicht mehr gesehen.«
Und nichts unternommen, dachte Leonie.
Leonie hatte keine Lust, die Neugier der Frau zu stillen.
»Ich weiß nicht«, sagte sie, »ich bin nicht von der Polizei«, was ja stimmte.
Der Frau war anzusehen, dass sie gern ein längeres Gespräch geführt hätte. Pech gehabt.
Leonie trat auf die Straße, atmete tief durch.
Heute würde sie nicht mehr arbeiten können. Dafür war sie viel zu durcheinander.
All ihre Mutmaßungen waren richtig gewesen.
Sie konnte sich auf ihre Intuition verlassen.
Nur ein Triumphgefühl stellte sich nicht ein.
Sie war traurig. Und für sie war der Fall noch nicht ganz gelöst.
Sie wollte wissen, was mit Carlottas Leiche geschehen war, und sie wollte den Kommissar bitten, ihr ein Bild der Frau zu zeigen. Er hatte davon gesprochen, dass in der ihm übermittelten Akte Fotos waren, von ihr und ihrer Familie.
Die wollte sie sich ansehen, ganz besonders das von Carlotta. Sie hatte sich mit ihr so sehr beschäftigt, so intensiv über sie nachgedacht.
Wenn es ein Gesicht zu der »Person« gab, würde es für sie einfacher sein, sie loszulassen, sich von ihr zu verabschieden. Für immer.
Langsam lief sie zu ihrem Auto, stieg ein. Doch es dauerte eine ganze Weile, ehe sie in der Lage war, es zu starten. Sie würde jetzt nicht nach Hause fahren.
An Arbeit war nicht zu denken.
Linda … Ihre Freundin erschien ihr wieder einmal als Rettungsanker. Und zu genau der würde sie jetzt fahren.
*
In der Schneiderschen Buchhandlung herrschte, wie immer, reger Betrieb.
Als Linda ihre Freundin erblickte, verabschiedete sie sich von einer Kundin, verwies sie an eine Mitarbeiterin.
Das kam nur vor, wenn Linda ihr etwas äußerst Wichtiges zu zeigen oder zu sagen hatte.
Sie zerrte Leonie mit in ihr Büro.
»Gut, dass du da bist …, du musst es dir ansehen.«
Zuerst sah Leonie nichts, dann entdeckte sie den großen Strauß roter Rosen.
»Und, wie findest du das?«, wollte Linda wissen.
Was erwartete ihre Freundin jetzt?
»Die Rosen sind schön …, wunderschön.«
Mit dieser Antwort war Linda nicht zufrieden.
»Mehr fällt dir dazu nicht ein? Rosen …, rote Rosen …«
Leonie zuckte die Achseln. Wenn sie anders drauf wäre, könnte sie vielleicht auf die Begeisterung ihrer Freundin eingehen.
»Wenn die Rosen von deinem Andreas sind, will er dir zeigen, dass er dich liebt. Vielleicht will er dir sogar einen Antrag machen?«
Linda bekam glühende Wangen.
»Meinst du? Also, ich sag dir ehrlich. Ich würde den Antrag annehmen.«
»Ist das nicht ein wenig verfrüht? Ihr kennt euch doch kaum. Deine Eltern kennen ihn nicht einmal.«
Linda kicherte. »Sie werden ihn kennenlernen. Im Übrigen kann ich schon selbst entscheiden, mit wem ich mein Leben verbringen möchte …, ich bin schon groß.«
Was war nur mit Linda los?
Gewiss, Andreas Hellmann war ein sehr netter Mann. Was hatte er an sich, was Linda so sehr aus dem Häuschen geraten ließ?
So richtig interessierte Leonie das heute nicht.
»Weiß er, dass er im Falle einer Heirat deinen Namen annehmen muss? Daran scheiterten deine Beziehungen doch bislang immer, weil keiner deiner Männer emanzipiert genug war, sich auf einen solchen Deal einzulassen.«
»Ich …, äh …, darüber haben wir noch nicht gesprochen …, außerdem ist es auch nicht so wichtig. Der Name Schneiderschen Buchhandlung kann bestehen bleiben, und im Übrigen können wir einen Doppelnamen führen. Schneider-Hellmann oder Hellmann-Schneider. Das klingt doch auch nicht so schlecht.«
»Auch nicht gerade prickelnd. Es kann ja jeder seinen Namen behalten, aber, ehrlich mal, Linda. Warum reden wir jetzt eigentlich über ungelegte Eier?«
»Weil es schön ist, weil ich so unglaublich verliebt bin, weil es mit Andreas von Tag zu Tag schöner ist. Warte erst mal ab, wie sich das mit dir und Lars Bergmann entwickeln wird. Vielleicht verstehst du mich dann mehr. Er ist auf jeden Fall verrückt nach dir. Das hat er mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck gebracht. Und wie sieht es bei dir aus?«
Nicht das jetzt auch noch!
»Ich finde ihn sympathisch, und im Übrigen möchte ich darüber jetzt nicht reden. Deswegen bin ich nicht hergekommen.«
Sofort wurde Linda ernst.
Sie kannte ihre Freundin gut genug, um schon allein am Klang ihrer Stimme zu