Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.. Томас Бабингтон Маколей

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Название Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.
Автор произведения Томас Бабингтон Маколей
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Zudringlichkeit von allen ihren Bundesgenossen verfolgt, vom Cäsar, der im stolzen Bewußtsein seiner einzigen Würde König Wilhelm nicht mit dem Titel Majestät beehren wollte, bis herab zu dem geringsten Markgrafen, der aus den zerbrochenen Fenstern des ärmlichen und verfallenen alten Hauses, das er seinen Palast nannte, sein ganzes Land übersehen konnte. Es war noch nicht genug, daß England und Holland viel mehr als ihre Contingente zum Landkriege stellten und die ganze Last des Seekriegs allein trugen. Sie waren auch noch von einem Schwarme vornehmer Bettler belagert, einige roh, andere demüthig, alle aber unermüdlich und unersättlich. Ein Fürst kam alljährlich mit einer kläglichen Darstellung seiner Noth zu ihnen betteln. Ein andrer trotzigerer Bettler drohte der dritten Partei beizutreten und einen Separatfrieden mit Frankreich zu schließen, wenn seine Forderungen nicht gewährt würden. Jeder Souverain hatte überdies seine Minister und Günstlinge, und diese Minister und Günstlinge gaben beständig zu verstehen, daß Frankreich bereit sei, sie zu bezahlen, wenn sie ihre Gebieter bewegen könnten, von der Coalition zurückzutreten, und daß England und Holland klug daran thun würden, Frankreich zu überbieten.

      Die durch die Habgier der verbündeten Höfe verursachte Verlegenheit war jedoch kaum größer als die durch ihren Stolz und ihren Ehrgeiz herbeigeführte Verlegenheit. Der eine Fürst hatte sich auf eine kindische Auszeichnung, auf einen Titel oder einen Orden capricirt und wollte nicht eher etwas für die gemeinsame Sache thun als bis seine Wünsche erfüllt waren. Ein andrer geruhte sich einzubilden, daß er zurückgesetzt worden sei, und wollte sich nicht rühren, bis ihm Genugthuung verschafft worden. Der Herzog von Braunschweig-Lüneburg wollte kein Bataillon zur Vertheidigung Deutschland’s stellen, wenn er nicht zum Kurfürsten gemacht würde.4 Der Kurfürst von Brandenburg erklärte, er sei noch eben so feindselig gegen Frankreich gesinnt als je; aber die spanische Regierung habe ihn übel behandelt und er werde daher seine Soldaten nicht zur Vertheidigung der spanischen Niederlande verwenden lassen. Er sei zwar bereit, am Kriege Theil zu nehmen, aber nur in der ihm convenirenden Weise; er müsse das Commando einer besonderen Armee haben und seine Stellung zwischen dem Rhein und der Maas bekommen.5 Der Kurfürst von Sachsen beschwerte sich, daß seinen Truppen schlechte Winterquartiere angewiesen worden seien, und er rief sie daher gerade in dem Augenblicke zurück, wo sie hätten Anstalt treffen sollen, ins Feld zu rücken, erbot sich aber ganz kaltblütig sie wieder zu schicken, wenn England und Holland ihm vierhunderttausend Reichsthaler gäben.6

      Der Kaiser

      Man hätte erwarten sollen, daß wenigstens die beiden Häupter des Hauses Oesterreich in diesem Augenblicke ihre ganze Kraft gegen das rivalisirende Haus Bourbon aufbieten würden. Leider waren sie nicht zu bewegen, auch nur für ihre eigne Erhaltung energische Anstrengungen zu machen. Sie hatten ein großes Interesse daran, die Franzosen von Italien abzuhalten. Gleichwohl konnten sie nur mit Mühe dazu vermocht werden, dem Herzoge von Savoyen den geringsten Beistand zu leihen. Sie schienen zu glauben, daß es England’s und Holland’s Sache sei, die Pässe der Alpen zu vertheidigen und die Armeen Ludwig’s zu verhindern, die Lombardei zu überschwemmen. In den Augen des Kaisers war der Krieg gegen Frankreich in der That eine untergeordnete Aufgabe. Seine Hauptaufgabe war der Krieg gegen die Türkei. Er war beschränkt und bigott. Es beunruhigte ihn, daß der Krieg gegen Frankreich in gewissem Sinne ein Krieg gegen die katholische Religion war, und der Krieg gegen die Türkei war ein Kreuzzug. Sein neuerlicher Feldzug an der Donau war glücklich gewesen. Er hätte leicht einen ehrenvollen Frieden mit der Pforte schließen und seine Waffen gegen Westen richten können. Aber die Hoffnung war in ihm erwacht, seine Erblande auf Kosten der Ungläubigen vergrößern zu können. Visionen von einem triumphirenden Einzuge in Konstantinopel und von einem Te Deum in der Sophia-Moschee waren in seinem Kopfe aufgestiegen. Er beschäftigte nicht nur im Osten eine Truppenmacht, die mehr als ausreichend gewesen sein würde, Piemont zu vertheidigen und Lothringen wiederzuerobern, sondern er schien auch zu glauben, daß England und Holland verpflichtet seien, ihn für die Vernachlässigung ihrer Interessen und für die Wahrnehmung seiner eigenen glänzend zu belohnen.7

      Spanien

      Spanien war damals schon was es bis auf unsre Zeit geblieben ist. Von dem Spanien, das über Land und Meer, über die alte und neue Welt geherrscht, von dem Spanien, das in der kurzen Zeit von zwölf Jahren einen Papst und einen König von Frankreich, einen Souverain von Mexico und einen Souverain von Peru als Gefangene fortgeführt, von dem Spanien, das eine Armee unter die Mauern von Paris gesandt und eine gewaltige Flotte ausgerüstet hatte, um in England einzufallen, war nichts mehr übrig als eine Anmaßung, die einst Schrecken und Haß erweckt hatte, die aber jetzt nur noch ein geringschätzendes Lächeln hervorrufen konnte. An Umfang übertrafen zwar die Gebiete des katholischen Königs die Gebiete Rom’s, als Rom auf dem Gipfel der Macht stand. Aber die ungeheure Ländermasse lag erstarrt und hülflos da und konnte ungestraft beleidigt und beraubt werden. Die ganze Verwaltung, des Heeres und der Marine, der Finanzen und der Kolonien, war völlig desorganisirt. Karl war ein entsprechender Repräsentant seines Reichs, körperlich, geistig und moralisch impotent, in Unwissenheit, Sorglosigkeit und Aberglauben versunken, doch aber vom Gefühl seiner Würde aufgebläht und sehr bereit, sich Beleidigungen einzubilden und solche zu ahnden. Seine Erziehung war so erbärmlich gewesen, daß, als man ihm den Fall von Mons, der wichtigsten Festung seines großen Reichs mittheilte, er fragte, ob Mons in England liege.8 Unter den Ministern, welche durch seine krankhafte Laune erhoben und gestürzt wurden, war keiner befähigt, ein Heilmittel gegen die Gebrechen des Staats anzuwenden. Die Nerven dieses gelähmten Körpers neu zu stählen, würde allerdings selbst für einen Ximenes eine schwere Aufgabe gewesen sein. Kein Diener der spanischen Krone bekleidete einen wichtigeren Posten und keiner war unfähiger zur Bekleidung eines wichtigen Postens als der Marquis von Gastanaga. Er war Gouverneur der Niederlande und es war wahrscheinlich, daß in den Niederlanden das Schicksal der Christenheit entschieden werden würde. Er hatte sein Amt verwaltet, wie damals jedes öffentliche Amt in jedem Theile dieser großen Monarchie verwaltet wurde, von der man hochtrabend sagte, daß die Sonne nie darin untergehe. So fruchtbar und reich das Land war, das er verwaltete, wälzte er doch auf England und Holland die ganze Last, es zu vertheidigen. Er erwartete daß Alles, Waffen, Munition, Wagen und Lebensmittel, von den Ketzern geliefert würde. Es war ihm nie eingefallen, daß es seine und nicht ihre Sache sei, Mons in den Stand zu setzen, eine Belagerung aushalten zu können. Die öffentliche Stimme beschuldigte ihn ganz laut, diese berühmte Festung an Frankreich verkauft zu haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß man ihm nichts Schlimmeres zur Last legen konnte als die seiner Nation eigene hochmüthige Apathie und Trägheit.

      Es gelingt Wilhelm, der Auflösung der Coalition vorzubeugen

      In diesem Zustande befand sich die Coalition, deren Oberhaupt Wilhelm war. Es gab Momente, wo er sich überwältigt fühlte, wo ihm der Muth sank, wo seine Geduld erschöpft war und seine angeborne Reizbarkeit sich Luft machte. „Ich kann,” schrieb er, „keinen Vorschlag machen, ohne daß mir eine Subsidienforderung entgegengehalten wird.”9 „Ich habe rund abgeschlagen,” schrieb er ein andermal, als er dringend um Geld angegangen worden war, „denn es ist unmöglich, daß die Generalstaaten und England die Lasten der Armee am Rhein, der Armee in Piemont und der ganzen Vertheidigung von Flandern tragen können, der ungeheuren Kosten des Seekriegs gar nicht zu gedenken. Wenn unsere Alliirten nichts für sich thun können, dann ist es am besten, die Allianz löst sich je eher je lieber auf.”10 Aber nach jedem kurzen Anfall von Entmuthigung und Verstimmung raffte er wieder die ganze Energie seines Geistes zusammen und legte seinem Temperament einen starken Zügel an. So schwach, engherzig, falsch und selbstsüchtig nur zu viele seiner Verbündeten auch waren, nur unter ihrem Beistande konnte er durchführen, was er von Jugend auf als seine Mission betrachtet hatte. Wenn sie ihn verließen, so wurde Frankreich der unbestrittene Beherrscher Europa’s. Wie sehr sie auch bestraft zu werden verdienten, wollte er doch, um ihrer Bestrafung willen, nicht in die Unterjochung der ganzen civilisirten Welt willigen. Er nahm sich daher vor, einige Schwierigkeiten zu überwinden, und andere zu umgehen. Die skandinavischen Mächte



<p>4</p>

Wilhelm an Heinsius, 2. (12.) Febr. 1692.

<p>5</p>

Wilhelm an Heinsius, 12. (22.) Jan. 1692.

<p>6</p>

Wilhelm an Heinsius, 19. (29.) Jan. 1692.

<p>7</p>

Burnet, II. 82, 83.; Correspondenz zwischen Wilhelm und Heinsius an mehreren Stellen.

<p>8</p>

Mémoires de Torcy.

<p>9</p>

Wilhelm an Heinsius, 28. Oct. (8. Nov.) 1691.

<p>10</p>

Wilhelm an Heinsius, 19. (29.) Jan. 1692.