Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.. Томас Бабингтон Маколей

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Название Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.
Автор произведения Томас Бабингтон Маколей
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eschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. / Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20

      Neunzehntes Kapitel.

      Wilhelm und Marie

      Wilhelm’s auswärtige Politik

      Während England einestheils durch die Besorgniß einer Invasion, andrentheils durch die Freude über seine durch die Tapferkeit seiner Seeleute erwirkte Befreiung bewegt wurde, fanden wichtige Ereignisse auf dem Continent statt. Am 6. März war der König im Haag angekommen und hatte seine Anstalten für den bevorstehenden Feldzug zu treffen begonnen.1

      Die vor ihm liegende Aussicht war trübe. Die Coalition, deren Schöpfer und Oberhaupt er war, schwebte seit einigen Monaten in steter Gefahr, sich aufzulösen. Durch welche unermüdliche Anstrengungen, durch welche sinnreiche Mittel und Wege, durch welche Schmeicheleien, durch welche Lockungen es ihm gelang, seine Verbündeten abzuhalten, sich einer nach dem andren Frankreich zu Füßen zu werfen, läßt sich nur unvollkommen ermitteln. Die vollständigste und authentischeste Aufzählung der Mühen und Opfer, durch welche er acht Jahre lang eine Schaar kleinmüthiger und verrätherischer, das gemeinsame Interesse nichtachtender und auf einander eifersüchtiger Potentaten zusammenhielt, findet sich in seiner Correspondenz mit Heinsius. In dieser Correspondenz ist Wilhelm ganz er selbst. Er hatte im Laufe seines ereignißvollen Lebens einige wichtige Aufgaben zu lösen, für die er nicht besonders befähigt war, und diese Aufgaben löste er unvollkommen. Als Souverain von England zeigte er Talente und Tugenden, die ihm zu einer ehrenvollen Erwähnung in der Geschichte berechtigen; allein er hatte auch große Mängel. Er war bis zum letzten Augenblick ein Fremder unter uns, kalt, zurückhaltend, niemals heiter, niemals sich wohl fühlend. Sein Königreich war ein Verbannungsort, seine schönsten Paläste waren Gefängnisse. Er zählte stets die Tage, welche noch vergehen sollten, ehe er sein Geburtsland, die beschnittenen Bäume, die Flügel zahlloser Windmühlen, die Storchsnester auf den hohen Giebeln und die langen Reihen bunter Landhäuser, die sich in den ruhigen Kanälen spiegeln, wiedersehen sollte. Er bemühte sich gar nicht, die Vorliebe zu verbergen, die er für seinen heimathlichen Boden und für seine Jugendfreunde empfand, und daher herrschte er nicht in unseren Herzen, obwohl er unsrem Vaterlande große Dienste leistete. Auch als General im Felde bewies er einen seltenen Muth und eine seltene Tüchtigkeit; aber als Taktiker stand er manchen seiner Zeitgenossen nach, die ihm in allgemeiner geistiger Befähigung weit nachstanden. Das Geschäft, für das er sich ganz vorzüglich eignete, war die Diplomatie im höchsten Sinne des Worts. Es darf bezweifelt werden, ob er in der Kunst große Unterhandlungen zu leiten, von denen das Wohl der Völkerrepublik abhängt, je übertroffen worden ist. Seine Geschicklichkeit in diesem Zweige der Politik wurde niemals strenger erprobt und glänzender bewiesen als während des letzten Theils des Jahres 1691 und des ersten Theils des Jahres 1692.

      Die nordischen Mächte

      Eine seiner Hauptschwierigkeiten wurde durch die finstre und drohende Haltung der nordischen Mächte hervorgerufen. Dänemark und Schweden hatten einmal geneigt geschienen, sich der Coalition anzuschließen, aber sie waren bald wieder kühl geworden und nahmen rasch eine immer feindseligere Haltung an. Von Frankreich glaubten sie wenig zu fürchten zu haben. Es war nicht sehr wahrscheinlich, daß seine Armeen über die Elbe gehen oder daß seine Flotten den Durchgang durch den Sund erzwingen würden. Aber die vereinte Seemacht England’s und Holland’s konnte wohl in Stockholm und Kopenhagen Besorgnisse erwecken. Bald entstanden unangenehme seerechtliche Fragen, Fragen, wie sie fast in jedem ausgedehnten Kriege der Neuzeit zwischen Kriegführenden und Neutralen aufgetaucht sind. Die skandinavischen Fürsten beschwerten sich darüber, daß der berechtigte Handel zwischen der Ostsee und Frankreich despotischerweise unterbrochen worden sei. Obwohl sie im allgemeinen nicht auf einem sehr freundschaftlichen Fuße miteinander gestanden, begannen sie doch jetzt sich eng an einander anzuschließen, intriguirten an jedem kleinen deutschen Hofe und versuchten das zu bilden was Wilhelm eine dritte Partei in Europa nannte. Der König von Schweden, der als Herzog von Pommern verpflichtet war, dreitausend Mann zur Vertheidigung des deutschen Reichs zu stellen, sandte anstatt ihrer den Rath, die Alliirten möchten unter den besten Bedingungen, die sie erlangen könnten, Frieden schließen.2 Der König von Dänemark nahm eine große Anzahl holländischer Kauffahrteischiffe weg und zog in Holstein eine Armee zusammen, die seinen Nachbarn keine geringe Besorgniß einflößte. „Ich fürchte,” schrieb Wilhelm in einem Augenblicke tiefer Niedergeschlagenheit an Heinsius, „ich fürchte, daß der Zweck dieser dritten Partei ein Friede ist, der die Knechtung Europa’s im Gefolge haben wird. Die Zeit wird kommen, wo Schweden und seine Verbündeten zu spät erfahren werden, welchen großen Fehler sie begangen haben. Sie stehen der Gefahr allerdings ferner als wir, und deshalb sind sie so eifrig bestrebt, unsren und ihren eignen Untergang herbeizuführen. Daß Frankreich jetzt auf billige Bedingungen eingehen wird, ist nicht zu erwarten, und es wäre besser, mit dem Schwerte in der Hand zu fallen, als sich Allem zu unterwerfen was es dictiren würde.”3

      Der Papst

      Während der König so durch die Haltung der nordischen Mächte beunruhigt wurde, begannen auf einer ganz andren Seite ominöse Anzeichen sichtbar zu werden. Es war von vornherein kein leichtes Ding gewesen, Souveraine, welche die protestantische Religion haßten und sie in ihren eigenen Landen verfolgten, zur Unterstützung der Revolution zu bewegen, welche diese Religion aus einer großen Gefahr errettet hatte. Glücklicherweise aber hatten das Beispiel und die Autorität des Vatikans ihre Bedenken gehoben. Innocenz XI. und Alexander VIII. hatten Wilhelm mit schlecht verhehlter Parteilichkeit betrachtet. Er war zwar nicht ihr Freund, aber er war ihres Feindes Feind, und Jakob war ihres Feindes Vasall und mußte es im Fall seiner Restauration wieder werden. Sie liehen daher dem ketzerischen Neffen ihren wirklichen Beistand, den rechtgläubigen Oheim aber speisten sie mit Complimenten und Segenswünschen ab. Doch Alexander VIII. hatte wenig über funfzehn Monate auf dem päpstlichen Throne gesessen. Sein Nachfolger Antonio Pignatelli, der den Namen Innocenz XII. annahm, verlangte ungeduldig danach sich mit Ludwig zu versöhnen. Ludwig sah jetzt ein, daß er einen großen Fehler begangen, indem er zu gleicher Zeit den Geist des Protestantismus und den Geist des Papismus gegen sich aufgeregt hatte. Er erlaubte den französischen Bischöfen, sich dem heiligen Stuhle zu unterwerfen. Der Streit, der einmal den Anschein gehabt hatte, als werde er mit einem großen gallikanischen Schisma enden, wurde beigelegt, und es war Grund zu der Annahme vorhanden, daß der Einfluß des Oberhauptes der Kirche dazu angewendet werden würde, die Bande zu lösen, welche so viele katholische Fürsten an den Calvinisten knüpften, der den britischen Thron usurpirt hatte.

      Benehmen der Verbündeten

      Mittlerweile war die Coalition, welche die dritte Partei auf der einen und der Papst auf der andren Seite aufzulösen versuchten, in nicht geringer Gefahr, aus bloßer Fäulniß zu zerfallen. Zwei von den verbündeten Mächten, und nur zwei waren der gemeinsamen Sache herzlich zugethan: England, das die anderen britischen Königreiche mit sich fortzog, und Holland, das die anderen batavischen Republiken mit sich fortzog. England und Holland waren zwar durch innere Parteispaltungen zerrissen und durch gegenseitige Eifersüchteleien und Antipathieen von einander getrennt, aber beide waren fest entschlossen, sich der französischen Oberherrschaft nicht zu unterwerfen, und beide waren bereit, ihren Theil, ja noch mehr als ihren Theil von den Lasten des Kampfes zu tragen. Die meisten Mitglieder des Bundes waren nicht Nationen, sondern Personen: ein Kaiser, ein König, Kurfürsten und Herzöge, und unter diesen gab es kaum Einen, der mit ganzer Seele bei dem Kampfe gewesen wäre, kaum Einen, der sich nicht gesträubt, der nicht eine Entschuldigung für die Nichterfüllung seiner Verpflichtungen gefunden, der nicht gehofft hätte, zur Vertheidigung seiner eigenen Rechte und Interessen gegen den gemeinsamen Feind gemiethet zu sein. Der Krieg aber war der Krieg des englischen Volks und des holländischen Volks. Wäre er dies nicht gewesen, so würde weder England noch Holland die Lasten, die er nöthig machte, nur ein einziges Jahr getragen haben. Als Wilhelm sagte, daß er lieber mit dem Schwerte in der Hand fallen als sich vor Frankreich demüthigen wolle, sprach er nicht nur seine eigene, sondern die Gesinnung zweier großer Staaten aus, deren erste Magistratsperson er war. Leider sympathisirten mit diesen beiden Staaten andere Staaten nur wenig. Sie wurden in der That von anderen Staaten so angesehen, wie reiche, ehrlichhandelnde, freigebige Tropfe von bedürftigen Gaunern angesehen werden. England und



<p>1</p>

London Gazette vom 14. März 1692.

<p>2</p>

Die Schweden kamen zwar noch, aber erst als der Feldzug zu Ende war. London Gazette vom 10. Sept. 1691.

<p>3</p>

Wilhelm an Heinsius, 14. (24.) März 1692.