Anonyme Sexgeschichten 23. Tanja Hofmeister

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Название Anonyme Sexgeschichten 23
Автор произведения Tanja Hofmeister
Жанр Языкознание
Серия Anonyme Sexgeschichten
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742739513



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ihren Lebensunterhalt sorgen, wie sollte das gehen, ohne Arme? Keine Arme zu haben: was ist daran Traum und Phantasie, wie wäre die Wirklichkeit? Aber kommt sie mit gefesselten Armen nicht auch ganz gut zurecht? Empfindet sie es nicht eher als Befreiung denn als Belastung, wenn sie ihre Hände nicht verwenden kann? Stellt sich nicht auch noch immer dieses Glücksgefühl ein und das nun schon seit Jahren?

       Etwa ein Jahr kämpfte Pia mit sich selbst. Eines Abends hatte sie errechnet, dass Flug, Aufenthalt und Amputation für sie durchaus leistbar wären. Auch eine Bescheinigung mit einer plausiblen Begründung, warum die Arme amputiert werden müssten, war im Angebot inkludiert. Einzig war da noch zu klären, wie sie anschließend nachhause kommen würde. Hinzureisen wäre ja kein Problem, aber wie reist man ohne Arme wieder zurück?

       Ihre Gedanken wurden immer realer und das schien sich auch in ihrem Austausch mit ihrem Internetpartner immer deutlicher zum Ausdruck zu kommen. Jedenfalls fragte er einmal bei Pia an, ob sie auch wirklich keine Arme habe oder ob sie ihm etwas vorspiele. Zwei Tage wartete Pia mit ihrer Antwort, dann beschloss sie, Tabula rasa zu machen. Er habe sie durchschaut, schrieb sie. Ja, sie habe zwei Arme. Seit ihrer Jugendzeit ist aber in ihr der Wunsch immer mächtiger geworden, auf ihre Arme zu verzichten. Jetzt hätte sie eine Klinik gefunden, wo man ihr diesen Wunsch erfüllen würde. Um ihn umzusetzen, brauche sie aber eine Reisebegleitung. Ob er mitkommen wolle? Seine Reisekosten müsste er wohl selbst übernehmen und er müsste ihr versprechen, sie wieder nachhause zu bringen.

       Pia glaubte schon, ihn nun verscheucht zu haben. Nach vier endlos langen Tagen sagte er einem Date zu. Sie verabredeten sich in einem Café. Pia ging mit gemischten Gefühlen hin. Sollte sie der Mut doch verlassen, bräuchte sie sich ja nicht zu erkennen geben, dachte sie. Daraus wurde aber nichts, im Café waren nur wenige Gäste und sie die einzige Frau an einem Tisch.

       Sollte sie wieder gehen?

       Da öffnete sich die Tür und Luigi kam herein. Sie erkannte ihn sofort, schon vor langem hatte er ihr ein Bild von ihm geschickt. Durch ihr langjähriges Jetten kannten sie sich auch schon ziemlich gut, jetzt saßen sie erstmals einander gegenüber. Pia war froh, dass Luigi nicht gleich mit der Tür ins Haus fiel. Sie redeten belangloses Zeug und erzählten sich ihre alltäglichen Erlebnisse aus der Vorwoche. Irgendwann sagte Luigi: „Haben wir uns denn nicht wegen eines ganz bestimmten Themas getroffen?“ Pia sah ihn fragend an und Luigi meinte, dass dies hier nicht der richtige Ort sei um darüber zu sprechen. Wo dann? Pia sah ein, dass es um einen ganz entscheidenden Punkt in ihrem Leben ging und schließlich kannte sie Luigi ja schon einige Jahre. Also schlug sie vor, zu ihr nachhause zu gehen. Dort kam Luigi schnell zur Sache: „Dir ist es wirklich ernst mit deinem Vorhaben?“ Pia zögerte, es gab für sie aber kein zurück. Wollte sie es oder wollte sie es nicht. Sie gab sich einen Ruck und antwortete mit einem kurzen, entschiedenen „Ja!“

       Luigi sagte eine Weile nichts. „Hast du dir die Folgen auch wirklich klargemacht?“ fragte er dann. Pia drehte sich schweigend um und ging aus dem Zimmer. Als sie zurückkam, hatte sie sich die Arme auf den Rücken gefesselt. Luigi bekam große Augen. „So laufe ich die meiste Zeit hier herum“, sagte sie und setzte sich zu Luigi. „Magst du lieber Kaffee oder Tee“, fragte sie ihn. „Tee“, stammelte Luigi und Pia stand auf und verschwand in der Küche. Staunend verfolgte dort Luigi, der ihr nachgegangen war, wie geschickt Pia mit ihren Beinen den Teekessel aus dem Schrank holte, ihn unter den Wasserhahn hielt und danach auf den Herd stellte. Während das Wasser zu kochen begann, nahm sie mit dem Mund die Schachtel mit den Teebeuteln, entnahm ihr zwei und hängte sie in das kochende Wasser. Die Tassen und die Kanne mit dem Tee durfte Luigi dann ins Wohnzimmer tragen. „Glaubst du nun, dass es mir ernst ist?“ fragte Pia.

       „Weißt du,“ antwortete Luigi, „als du zugabst, doch Arme und Hände zu haben, war ich sehr enttäuscht. Jetzt sehe ich aber, dass dein Leben ohne Arme, von dem du mir immer geschrieben hast, wirklich genauso verlaufen ist!“ Und er fuhr fort: „Es ist ein großer Unterschied, von einer Frau ohne Arme zu Träumen oder tatsächlich neben einer zu sitzen. Auch wenn du deine Arme nur am Rücken gefesselt hast, du bewegst dich, als hättest du wirklich keine Arme.“

       „Die Fesselung kann aber ein richtiges >ohne Arme sein< nur unvollkommen ersetzen“, gab Pia zurück. „Nach einiger Zeit beginnen die Arme in ihrer Zwangsstellung zu schmerzen. Vor allem aber stört das Wissen, dass man die Handschellen jederzeit ablegen kann. Nur die Tatsache, wirklich keine Arme zu haben, nie mehr etwas angreifen zu können, nie mehr zurückkehren zu können in den normalen Zustand, nur das gäbe den richtigen Kick!“

       Den ganzen Nachmittag diskutierten sie nur das eine Thema. Pias Standpunkt war, sich die Arme abnehmen zu lassen und Luigi versuchte mit allen Mitteln, ihr das auszureden. „Warum willst du mich von meinem Vorhaben abbringen? Du hast doch immer gemeint, mit einer Armlosen zu jetten? Warum hat es dich da angemacht, und jetzt, wo ich meine Arme wirklich loswerden möchte, hast du solche Bedenken?“

       „Nun, es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob eine Frau durch irgendeinen Umstand ihre Arme verloren hat, vielleicht sogar nie welche gehabt hat, oder ob eine gesunde junge Frau nur aus Laune ihre Arme abgenommen haben möchte!“

       „Ich habe dich zu überzeugen versucht, dass es nicht aus einer Laune heraus erfolgt, sondern dass es für mich ein Bedürfnis ist, dass es für mich – so paradox es klingt – eine Verbesserung der Lebensqualität darstellt. Was ist nun – willst du mich jetzt begleiten oder nicht?“ Luigi war perplex: „Lass es uns noch einmal überlegen!“

       „Willst du mich jetzt begleiten oder nicht?“ stellte jetzt Pia die ultimative Frage. Wenn auch widerstrebend, gab Luigi nun doch nach. Als Pia wieder alleine war, dachte sie darüber nach, wie erschrocken sie von sich selbst war, als sie mit solcher Bestimmtheit auf Luigi einredete. Jetzt konnte sie schwer noch zurück, sie hatte eine Entscheidung getroffen. War es die richtige? Egal – ohne Luigis Besuch hätte sie es noch Monate, vielleicht Jahre vor sich hergeschoben. Wenn sie auch mit den Füssen schon ganz geschickt war, wirklich ohne Arme würde sie noch viel mehr mit den Füßen machen müssen. Sie ging langsam auf die Dreißig zu und mit jedem Jahr verringerte sich die Chance, in den Beinen gelenkiger zu werden.

       Pia und Luigi bestiegen das Flugzeug. Sie hatte das gleiche Gefühl wie damals, als sie als kleines Mädchen auf das Christkind wartete. Mit jedem Schritt kam sie ihrem Herzenswunsch näher. Beim Anschnallen dachte sie, dass dies beim Heimflug Luigi für sie erledigen muss. Wie wird es in der Enge des Sitzplatzes werden, wenn sie das Essen serviert bekommt? Wird Luigi sie füttern? Sie darf nicht vergessen, vor dem Heimflug noch auf die Toilette zu gehen. Im Flugzeug wird es dann für sie nicht mehr möglich sein.

       Das Äußere der Klinik wirkte ziemlich heruntergekommen, innen war es aber blitzblank. Pia hatte die einschlägigen Fachausdrücke auf Englisch gebüffelt um den Arzt ihren Wunsch präzise beschreiben zu können. Der konnte aber ganz gut Deutsch, er hatte in Deutschland seine Ausbildung zum Chirurgen erhalten. Er hörte Pia genau zu, als sie sc***derte, was sie von ihm haben wolle. Auch er fragte, ob sie sich das alles gründlich überlegt habe. Dann hielt er es für notwendig zu erklären, warum er sich mit langen Reden über amputieren ja oder nein nicht lange aufhält. Dem Krankenhaus fehlt es nämlich so ziemlich an allem. Daher fragt er nicht, wofür er das Geld bekommt um wenigstens kleine Verbesserungen durchführen zu können. Pia brauche sich aber keine Sorgen zu machen, für sie sei nach europäischem Standard vorgesorgt. Sie wird ein Zimmer für sich alleine haben und darin so wenig wie möglich gestört werden „und heute dann gar nicht mehr,“ sagte der Arzt augenzwinkernd.

       Sie war auch etwas überrascht, als sie von dem nüchternen Gang in ihr Zimmer trat. Immerhin war das Stahlrohrbett verchromt und verstellbar. Ein deutlicher Unterschied zu dem, was sie durch die offenen Türen in den anderen Zimmern sah. Der Raum war weiß getüncht und vor dem Fenster waren sogar Vorhänge. Luigi stellte den Koffer ab und Pia räumte ihre Sachen in den Schrank, ihre Toilettetasche stellte sie stellte sie zum Waschbecken, das sich im Zimmer befand. Dann setzten sie sich an das kleine Tischchen beim Fenster. „Letzte Chance, sich es dir zu überlegen“, sagte Luigi.

       Pia sah ihm lange in die Augen. „Steh auf!“ sagte sie zu ihm. Er tat es, auch wenn