Hans Fallada: Der Trinker – Band 186e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Ханс Фаллада

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Название Hans Fallada: Der Trinker – Band 186e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski
Автор произведения Ханс Фаллада
Жанр Языкознание
Серия gelbe Buchreihe
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754187999



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Streiterei und zermahlte meine besten Vorsätze. Und warum? Weil Magda rechthaberisch war und über alles allein bestimmen wollte. Nein, diesmal war ich nicht gesonnen, nachzugeben. Wir hatten ausgemacht, dass das Vergangene vergangen sein sollte, wegen der Vorgänge in der letzten Nacht brauchte ich nicht nachgiebig zu sein.

      Magda drehte sich mit einem Ruck vom Fenster fort und mir zu.

      „Erwin ...“, sagte sie leise.

      „Ja?“ fragte ich mürrisch und trommelte weiter, ohne sie anzusehen.

      „Erwin“, wiederholte sie. „Ich möchte mich heute nicht mit dir streiten. Ich habe das Gefühl, als schweben wir in einer schrecklichen Gefahr und müssten um jeden Preis zusammenhalten. Also, ich will dir den Willen tun, fahre nach Hamburg, aber, wenn du zurückkommst, tu auch du mir den Gefallen und geh mit mir zu Doktor Mansfeld.“

      Ich wandte mich ihr zu, ich lachte vergnügt.

      „Wenn ich wiederkomme, wirst du selber sehen, wie gesund ich bin, und von allein auf den Arztbesuch verzichten. Aber immerhin, ich verspreche es dir. Im Übrigen danke ich dir schön, Magda, ich werde dir auch etwas Schönes mitbringen ...“

      Und wieder lachte ich. Ich war ganz glücklich über diese Reiseaussicht.

      „Ich habe es nicht um Dank getan“, sagte Magda ziemlich steif. „Ich habe es sogar ganz und gar gegen meine Überzeugung getan. Ich bin überzeugt, diese Reise wird dir nicht gut tun ...“

      „Aber ich werde sie mit deinem Einverständnis machen“, unterbrach ich sie wieder, „und hinterher wollen wir darüber sprechen, wer von uns beiden recht hat. Jetzt aber sage mir, welche Firmen für diese Lieferung etwa in Frage kommen. Natürlich werde ich mich auch auf eigene Faust umtun ...“

      * * *

      Kapitel neun

       Kapitel neun

      Meine Reise nach Hamburg wurde geschäftlich zu einem großen Erfolg: Ich konnte drei Waggons altes Reepwerk zu einem unglaublich niedrigen Preis ankaufen; wir verdienten sehr hübsch an diesem Gelegenheitsgeschäft. Ich erzählte Magda hinterher mancherlei von meiner Jagd nach diesen Tauen, in Wahrheit aber war mir das Geschäft ganz durch Zufall, wie es eben manchmal geht, in den Schoß gefallen; ich hatte nichts dazu tun müssen. Aber ich musste doch etwas erzählen, um meine fast fünftägige Abwesenheit zu begründen. Ich hatte mich aber in Hamburg nicht einmal betrunken, das muss ich hier ausdrücklich feststellen. Doch hatte ich dort die Gewohnheit der kleinen Gläschen zu jeder Tagesstunde, auch schon am frühen Vormittag, angenommen, eine Angewohnheit, die vielleicht noch verhängnisvoller ist als ein gelegentlicher schwerer Rausch. Ich hatte mich viel – das ganze Geschäft war schon am zweiten Tag in einer halben Stunde erledigt – viel in der schönen Stadt, an der Alster und am Hafen herumgetrieben, war zu den Werften hinübergefahren, war durch die endlosen Hallen des Altonaer Fischmarktes gewandert und hatte eine Auktion dort mitgemacht, war nach Ohlsdorf hinausgefahren und hatte den weltberühmten Friedhof stundenlang durchwandert – und zwischen alledem war ich alle naselang in eine Kneipe gehuscht und hatte ein oder zwei Gläschen irgendeiner klaren oder braunen brennenden Flüssigkeit getrunken.

Grafik 33

      Das machte mir Laune, das tat meinem Magen gut, erfreute mein Herz, ließ mich die bunt dahinstürmende Stadt mit fröhlichen Augen ansehen, kurz: hob mich über mich hinaus. Nie ganz trunken, ja, eigentlich sehr weit ab von jeder Trunkenheit, und doch nie ganz nüchtern, verlebte ich dort meine Tage, und wenn ich zu Anfang noch bis zehn oder gar bis elf mit meinen ersten Schnäpschen gewartet hatte, so klingelte ich an den beiden letzten Tagen schon gegen acht Uhr dem Zimmermädchen und ließ mir meinen ersten doppelstöckigen Kognak ganz fromm und frei ans Bett bringen. Das Frühstück schmeckte mir dann umso besser.

       Die Rückreise, die ich mit einer guten Taschenflasche ausgerüstet antrat, ließ in mir die besten Vorsätze reifen. Es war klar, dass ich diese Gewohnheit daheim unter Magdas scharfen Augen nicht fortsetzen konnte, und nachdem ich eben einen kräftigen Schluck auf der Toilette des Zuges genommen hatte, schien es mir auch ganz leicht, darauf zu verzichten. Es waren doch immer nur ein, zwei Gläschen gewesen, alle ein, zwei Stunden nur, auf so etwas musste doch leicht zu verzichten sein! Die Rückreise erwies sich wider Erwarten länger als der Inhalt meiner als so ausgiebig eingeschätzten Taschenflasche; in dem Wartesaal unseres Bahnhofs (wo ich nicht bekannt bin) nahm ich noch ein paar Gläschen und machte mich dann auf den Heimweg. Dabei vergaß ich nicht, in einer Drogerie eine Schachtel mit wohlriechenden Mundpillen zu kaufen, die den Alkoholgeruch verdecken sollten. Denn dass nach so langer Abwesenheit ein Begrüßungskuss mit Magda nicht zu umgehen war, ahnte ich. Sie empfing mich freundlich, aber kühl, sah mich mehrmals prüfend an und fand mich stärker geworden, oder so ein wenig gedunsen im Gesicht, wie sie sich ausdrückte. Das ärgerte mich, aber ich ließ mir nichts davon merken, sondern erzählte mit Eifer zuerst von meinem Seilkauf, dann von der schönen Stadt Hamburg, dem Friedhof in Ohlsdorf und der Reiherstiegwerft, auch von einem Orgelkonzert, das ich (ganz zufällig) in der Nicolaikirche mit angehört hatte. Dadurch bewies ich, dass ich nicht etwa nur in Schenken herumgesessen, sondern ein interessantes, lebendiges Dasein geführt hatte, und ich munterte die viel zu ernste Magda damit auch wirklich ein wenig auf. Sie hingegen berichtete mir viel von dem Gang der Geschäfte; sie hatte wieder etwas Neues angefangen. Sie war mit unserem kleinen Wagen fast alle Tage über Land gefahren und hatte bei allen Imkern Honig aufgekauft, noch vorhandenen, aber auch schon im Voraus den der künftigen Raps- und Lindenblüte; sie hatte Gläser gekauft und wollte unserer Firma ein großes Honig-Versand-Geschäft direkt an die Kundschaft angliedern. Sie fing an, mit mir von den Inseratentexten zu sprechen und von den Zeitungen, in denen unser Honigversand angezeigt werden sollte. Ich aber konnte kaum noch zuhören. Ich war nicht eigentlich müde, aber ich war all dieser Dinge so müde, dieser unermüdlichen Geschäftigkeit – um gar nichts. Denn was war das, Honig versenden? Es war nichts, die Leute aßen ihn, und dann war es wieder vorbei, es war wie Seifenblasen, ein schillerndes Nichts mit wenig Luft gefüllt in sehr viel Licht. Es zerplatzte, nichts blieb, alles Täuschung und schwarze Magie! ‚Ach, geh doch weg du! Rede nicht ewig, schwätze nicht so viel! Lass mich in Frieden! Was rennst du dich ab? Es gibt hunderttausend und Millionen Firmen auf der Welt; glaubst du, deine ist wichtig? Sie ist ganz schnurz, nicht einmal eine Fliege kümmert sich darum! Ja, wenn ich jetzt einen Schnaps hätte, dann könnte ich dir wieder mit Aufmerksamkeit zuhören; ich könnte wohl einen holen, ich könnte mir eine ganze Buddel Schnaps durch Else aus der nächsten Kneipe holen lassen, aber ich kann's nicht tun, weil du hier rumsitzt und ewig schwätzt. Weil du in meinem Leben rumsitzt, darum kann ich nicht tun, was meinem Leben gefällt. Nein, nein, es ist natürlich nicht so schlimm gemeint, ich habe sie schon ganz gerne, die Magda, aber es wäre furchtbar nett von ihr, wenn sie sich mal für eine Weile gänzlich aus meinem Leben verdünnte; Kuh, diese langweilige, ewig schwätzende!’

       Ich hatte mich während dieses Selbstgespräches immer mehr in einen heftigen Zorn hineingeredet; nun stand ich plötzlich auf und sagte brüsk zu der völlig überraschten Magda, dass ich wegen starker Kopfschmerzen noch eine Viertelstunde spazieren gehen wollte ... nein, danke, keine Begleitung ... Und damit war ich schon draußen, und es war mir wirklich ganz egal, was sie von mir dachte, oder ob ich schon wieder Gefühle bei ihr verletzt hatte. Ich ging nur um sieben oder zehn Ecken, bis ich in eine Gegend kam, wo ich mich unbekannt glaubte, und trat dort in eine kleine Kneipe und bat den dicken bärtigen Wirt um einen doppelstöckigen Kognak ... Als ich den dritten kippte, denn ich wollte mich für die Nacht ausgiebig verproviantieren, sagte der Wirt langsam: „Das kennt man ja gar nich bei Sie, Herr Sommer. Sie haben wohl eine kleine Erkältung –?“ Ärgerlich, ein so bekannter Mann zu sein, verzichtete ich auf den vierten und machte mich wieder auf den Heimweg. Ich lutschte meine süßen Atembonbons, und auch dabei ärgerte ich mich wieder über Magda, die mich zwang, den schönen Kognakgeschmack durch solch süßliche Mundparfüms zu vertreiben.

      Sie erwartete mich noch, wahrscheinlich wollte sie mich wieder auf ihren langweiligen Honig locken, aber ich ging direkt ins Schlafzimmer und redete auch nur noch ein paar mürrische Worte, Fortbestand starker Kopfschmerzen