Frauenvolle Morde. Martin Cordemann

Читать онлайн.
Название Frauenvolle Morde
Автор произведения Martin Cordemann
Жанр Языкознание
Серия Harry Rhode
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748563716



Скачать книгу

mir bedeutet der Rang nicht viel...“

      „Das sieht man Ihnen auch an!“

      Abgesehen davon war ich mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt eine Art Rang hatte. Naja, mir war’s egal!

      „Sollte ich Ihre Gefühle für Ästhetik verletzten...“

      „Ja?“

      „...kann ich gut damit leben.“

      „Gut, Harry...“

      „Moment, Moment! Auch wenn ich auf Sie wirke wie der letzte Penner oder ein zu heiß gewaschener Hippie, der mühsam den evolutionären Sprung vom Penner zum Polizisten geschafft hat, bin ich doch nicht auf der Dutz-jeden-Welle, oder möchten Sie, dass ich Sie Gerlinde nenne?“

      „Mein Name ist Juridike!“

      „Wieviel mehr müsste Sie dann die Anrede Gerlinde ärgern? Also gut, Frau Fischer, warum“ – zum Teufel – „sind Sie hier?“

      „Sie wissen doch genau so gut wie ich, dass die Aufstiegschancen in der Mordkommission am größten sind.“

      „Äh, das wusste ich zwar nicht, aber...“

      „...das ist Ihnen auch egal!“

      „Auffallend richtig. Sie wollen also Karriere machen?“

      „Richtig.“ Sie nestelte sich, wie man so schön sagt, eine Zigarette aus ihrer Handtasche.

      „Wir befinden uns hier in einem Nichtraucherbüro“-das-wenigstens-die-Bezeichnung-Nichtraucher-voll-und-ganz-und-zu-meiner-vollsten-Zufriedenheit-erfüllte-!

      Die Wutfalte vertiefte sich, während sie die Zigarette, ich hatte natürlich gewartet, bis sie sie vollständig aus der Packung hervorgezaubert und ihr Feuerzeug hervorgeholt hatte, wieder in der Packung verstaute und meinte: „Ich denke, dass ich bald zum Inspektor befördert werde.“

      „Ah ja.“ Abgesehen von ihrem doch nicht unattraktivem Äußeren war sie das genaue Abbild des Antiharry, sie verband alle unangenehmen und wirklich nicht erstrebenswerten Charakterzüge in sich. Wenn es einen Gott gab, so war dies eine Prüfung, die er für mich ausersonnen hatte. Das Jüngste Gericht schien vor der Tür zu stehen, Frau Fischer war die Vertreterin der Anklage.

      „Sie machen sich keine Gedanken um Ihre Karriere, was?“

      „Nein, wieso auch? Sehen Sie sich doch mal die meisten von diesen Karrieretypen an. Von dem, was sie tun sollten, haben sie keine Ahnung. Und die, die sich um ihre Arbeit kümmern, sind entweder zu faul, um Karriere zu machen, oder zu beschäftigt.“

      „Und Sie sind zu faul.“

      „Sie haben da eine richtig subtile Art, Ihre Gedanken zu veräußerlichen. Sie mögen mich nicht, damit kann ich leben. Um dem noch einen draufzusetzen, habe ich etwas für Sie zu tun.“ Ich reichte ihr die Akten, die auf meinem Schreibtisch lagen. Es handelte sich um ein paar von meinen alten Fällen, die ich mir spaßeshalber mal wieder herausgesucht hatte, die mich dann aber doch zu sehr gelangweilt hatten. Jedenfalls hatte ich Alibiakten auf dem Tisch und ich wusste sogar, worum es darin ging, im Falle eines Überraschungsbesuches des Polizeipräsidenten kein schlechter Schachzug. Während sie sich mit meinen alten Geniestreichen beschäftigte, beschäftigte ich mich mit denen Sherlock Holmes’.

      „Sie halten wohl nicht viel davon zu arbeiten, was?“

      „Nein. Was würden Sie daraus schließen, dass man eine Napoleonbüste zerschlagen hat?“

      „Keine Ahnung.“

      „Gut, was nun, wenn jemand fünf Napoleonbüsten gleicher Art, die sich an fünf völlig verschiedenen Orten der Stadt befinden, sucht, findet, zerschlägt und die Überreste zurücklässt?“

      Sie überlegte. „Fünf Büsten... Napoleon... Die Büsten waren identisch? Hmm, vielleicht wollte er die Firma schädigen, die die Büsten hergestellt hat?“

      „Aha. Haben Sie schon mal Kriminalgeschichten gelesen oder -filme gesehen?“

      „So etwas sehe ich mir nicht an, dafür ist mir meine Zeit zu schade.“

      „Natürlich, Körperpflege und Make-up braucht seine Zeit. Bleiben Sie bei Ihren Akten und ich bleibe bei meiner Fachliteratur!“ Mit diesen Worten begann ich sie zu ignorieren.

      „Haben Sie diese Akten nur hier, um anzugeben, wie viele Fälle Sie gelöst haben?“

      „Natürlich, Sie haben doch schon bemerkt, dass ich für meine Karriere alles tue und da gehört das eben dazu.“ Eingeschnappt las sie weiter, wahrscheinlich in der Hoffnung, mich eines Fehlers überführen zu können und somit einen Kandidaten aus der Todeszelle zu befreien, was mir freilich das Genick brechen würde. Es gab zwar keine Todeszellen mehr, jedenfalls nicht in diesem Land, aber das musste sie ja nicht wissen.

      „Haben Sie diese Berichte selbst geschrieben?“

      „Die mit den Tippfehlern!“

      „Sie scheinen diesen Beruf für eine Komödie zu halten.“

      „Ich halte das Leben für eine Komödie! Frau Fischer, darf ich Ihnen eine sehr persönliche Frage stellen?“

      „Ja.“

      „Sind Sie verheiratet?“

      „Nein.“

      „Ich hätte auch mehr auf geschieden getippt.“

      „Falls ich Sie damit enttäusche, ich bin auch nicht geschieden. Und falls Sie das auch noch wissen wollen: Nein, ich habe keine Freund!“

      „Tja, die Karriere!“

      „Sehr richtig, die Karriere.“ Sie legte den Kopf schief. „Sie denken doch nicht, dass wir beide...“

      „Gott behüte, meine Selbstmordphase habe ich hinter mir! Außerdem ist es nicht immer so, dass sich die beiden Partner, die sich am Anfang aufs Messer hassen, am Schluss ineinander verlieben, heiraten, zwölf Kinder kriegen und dann später bei einem Autounfall in dickem Nebel umkommen.“

      „Da bin ich ja beruhigt.“

      „Das sollten Sie nicht, Sie wissen ja nicht, was Ihnen dadurch entgeht.“

      „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie...“

      „Ich meinte den Autounfall!“

      Langsam machte es mir Spaß. Alle weiblichen Leser, die es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht getan hatten, begannen nun, mich zu hassen. „Da haben Sie also keinen Freund...“

      „Und Sie? Haben Sie eine Freundin?“

      „Um Gottes Willen, Sie können sich doch vorstellen, dass sich keine Frau in einen Hippie-Penner verliebt!“

      „Doch, da kenne ich einige! Es verwundert mich, dass Sie keine abgekriegt haben.“

      „Tja, das verwundert mich auch“, log ich. „Haben Sie heute Abend schon was vor?“

      „Wollen Sie es doch versuchen, ja? Männer denken immer nur an das eine!“

      „Und Frauen denken immer nur, dass Männer immer nur an das eine denken. Merken Sie, dass wir mit Vorurteilen immer nur bis zum Ende der Sackgasse kommen? Sie sind attraktiv, na und? Glauben Sie deswegen, dass alle nur mit Ihnen ins Bett wollen? Angesichts dessen, was Sie mir hier über Ihren Karrierefimmel gesagt haben, wäre das wohl auch das Beste, was man mit Ihnen anstellen kann!“

      Danach hatte ich erstmal meine Ruhe.

      In der Kantine traf ich Horstmann, den Chef des Vermisstendezernats, der mein erster Chef bei der Polizei gewesen war, vor vielen vielen... Tagen.

      „Harry“, meinte er grinsend, schüttelte mir die Hand. „Lange nicht gesehen.“

      „Ja, hmm.“

      „Ähm“, sein Blick war scheinheilig. „Wie geht es so in der Mordkommission?“

      „Das