Die Earanna Chroniken. Wolfgang Seibert

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Название Die Earanna Chroniken
Автор произведения Wolfgang Seibert
Жанр Языкознание
Серия Die Earanna Chroniken
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738071672



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braucht sie auch nicht mehr. Du hast es vielleicht nicht bemerkt, aber der Darrel fließt nicht nur einfach nach Westen, sondern auch immer ein wenig nach Süden. Deshalb sind wir jetzt ein gutes Stück weiter vom Gebirge entfernt als in Darrelbrück. Das Land nördlich des Flusses ist nur noch dünn besiedelt und sogar die Orks die an den Südhängen der Norstan-Berge wohnten sind davon gezogen. Früher kamen sie und brachten Erz und Brennstein zum Nordufer, für den Durner Markt, doch in den letzten Jahrzehnten wurden es immer weniger, bis sie schließlich gar nicht mehr kamen.“

      „Wie gut er Bescheid weiß!“ lobte ihn Narael.„Aber was will Jengar an so einem traurigen Ort?“

      „Nun, gar so traurig ist es denn doch nicht in Durn!“ behauptete Ardun: „Denn zum Glück für Durn beginnt nur wenige Meilen südlich das Land der Rinderbarone und ohne sie hätte es nicht einmal mehr einen Viehmarkt, welcher übrigens die größte Gefahr für die Palisaden in den letzten Jahren war.“

      „Und warum steckt dann ein Schwert in deinem Bündel?“ fragte sie und blickte ihn streng an. Als er schlief war sein Kopf von dem Bündel herunter gerutscht und sie hatte seinen Kopf angehoben und das Bündel wieder darunter schieben wollen. Dabei hatte sie die Konturen des Griffes erfühlt.

      „Na ja, hier gibt es keine Tempelwachen und keine Nachtwächter, dafür aber ein paar rauflustige Tölpel die Respekt vor „edlen Klingen“ haben. Und dafür halten sie dich, wenn du ein Schwert trägst!“

      „Und wenn sie dich für einen Wegelagerer halten?“

      „Aber nicht doch, wie könnten sie? Ziert den nicht das Wappen Galens die Scheide meines Schwertes? Und reise ich denn nicht in Begleitung einer ehrenwerten Schwester und bin ihr Schild und Wehr?“ antwortete er mit einem schelmischen Grinsen, während er sich das Schwert umgürtete.

      „Ich weiß nicht, ich weiß nicht,“ sprach Narael mit einem Kopfschütteln, „Immer wenn du den Komödianten spielst, sagst du nicht die ganze Wahrheit! Du wirst mich aber rechtzeitig warnen und zwar bevor es gefährlich wird, ja?“

      „Ich würde dich niemals wissentlich in Gefahr bringen, Narael!“ antwortete ihr Ardun, plötzlich ganz ernst. „Die Durner kennen mich natürlich schon und wissen, dass ich ein Mündel des grünen Hauses war. Das erkennen sie an der Rautenform des Wappens, hier auf der Scheide meines Schwertes.“ normalerweise trugen nur adelige Mündel diese Form, was Narael bekannt war.

      Er zwinkerte ihr zu, lehnte sich zu ihr herüber und flüsterte:

      „Die rauflustigen Söhne der Viehbarone wiederum wissen es nicht! Sollen sie ruhig glauben, ich sei eine, wenn auch verarmte, dafür aber gut geschulte „edle Klinge“! Sie kommen gern einmal herauf geritten und suchen Händel mit den Söhnen der Gemüsebauern. Nennen sie Gärtner und Kompostmaden und was sonst noch. Und wie du weißt tragen weder Bauern noch Gärtner Schwerter.“ Fügte er mit einem Lächeln hinzu, aber Narael blieb ernst.

      Darum fuhr er fort:

      „Ehrlich gesagt bin ich in Durn in deiner Begleitung sicherer als in Begleitung dreier weiterer Klingen, denn der Orden genießt hohes Ansehen hier. Kein Durner wird auch nur unhöflich zu dir sprechen und sollte ein Fremder uns belästigen, hätte er sogleich das ganze Dorf gegen sich!“

      „Dann bin ich also in Wahrheit Schild und Wehr für dich?“ fragte Narael mit einem Lächeln.

      „Durchaus, gute Schwester!“ bestätigte Ardun.

      „Nun denn, so haltet euch ruhig hinter mir, wenn wir an Land gehen, ich werde niemandem gestatten euch auch nur ein Haar zu krümmen!“

      Unterdessen waren ein halbes Dutzend Männer aus dem Dorf zur Anlegestelle gekommen und hatten die Leinen, die die Bootsmänner ihnen zuwarfen, aufgefangen und das Boot an den Pollern vertäut. Nun schoben sie zwei Landungsbrücken herüber und die Bootsleute befestigten diese an der Reling. Während die Passagiere die Fähre verließen, holten die Hafenarbeiter den für Durn bestimmten Teil der Ladung von Bord.

      Bei der Überquerung des Marktplatzes hatte Narael Gelegenheit das Dorf genauer zu betrachten; je näher sie ihm kam umso mehr verstärkte sich der Eindruck von Verwahrlosung und langsamem Verfall. Auf fast allen Dächern fehlten Schindeln und als sie das Tor durchschritten sah sie, dass die meisten Häuser lange nicht mehr gekalkt und stockfleckig waren.

      Das größte der Häuser sah keineswegs besser aus, hatte aber ein trotz abblätternder Farbe immer noch erkennbares Schild über der Tür. Es zeigte einen grob gemalten Ork, der mit heraushängender Zunge am Boden lag, in der schlaffen Hand einen irdenen Krug. Über der Szene spannte sich ein Bogen aus kantigen Buchstaben: ‚Zum besoffenen Ork’.

      „Hier ist man besser nicht wählerisch!“ meinte Ardun zu Narael, die etwas entmutigt dreinschaute.

      „Du meinst wohl eher, man hat keine andere Wahl!“ widersprach sie mit einem schiefen Grinsen. „Aber ein Bett ist immer noch besser als der feuchte Boden am Fluss!“ fügte sie resolut hinzu und zeigte mit einer einladenden Handbewegung auf die Tür, welche Ardun sogleich öffnete.

      Der Schankraum erschien ihm ungewöhnlich leer, wenn man die Tageszeit bedachte. Normalerweise saßen jetzt schon die unverheirateten Onkel und Söhne aus Durns Häusern auf den Bänken und mutmaßten gemeinsam welche der unverheirateten Frauen wohl heute hereinschauen würde.

      Er wusste auch, dass gerade der Fährentag ein beliebter Ausgehtag der Dorffrauen war. Nun aber standen, abgesehen von einem Reisenden der scheinbar in der Kaminecke eingeschlafen war, nur die Fährgäste etwas ratlos im Schankraum herum.

      „ Henz!“ rief Ardun etwas ungeduldig und hieb mit der flachen Hand auf die Theke. „Henz! Seit wann lässt du deine Gäste warten?“

      Hinter einer der Türen, die aus dem Schankraum tiefer ins Haus hineinführten, hörte man hastige Schritte, ein Stolpern, ein Scheppern und unterdrücktes Fluchen; dann wurde die Tür aufgestoßen. Heraus kam ein kleiner, dicker, unrasierter Mann, der noch damit beschäftigt war die Bänder einer Lederschürze hinter seinem Rücken zu verknoten. Hastig begab er sich hinter die Theke und weil der Boden dort um einen Fuß erhöht war, wirkte er sogleich größer, wodurch er sich gleich sicherer fühlte. Seine schnellen Augen hatten sofort ausgemacht, dass nur Ardun der Rufer gewesen sein konnte.

      Also stützte er sich breit auf beide Fäuste und starrte ihn herausfordernd an: „Nun, Herr Ungeduld, was ist denn so wichtig, das es gar nicht warten kann?“

      Ardun ließ sich nicht beeindrucken, sondern ging zur Theke, stützte sich ebenfalls mit einer Hand auf und beugte sich etwas vor. Während er mit der anderen Hand nach dem Halsband der Schürze griff, sagte er mit leiser Stimme: „Du trägst zwar seine Schürze, aber Du bist nicht Henz! Was tust du also hier? Und wo ist Henz?“

      „Ich bin sein Bruder Kuhn, aus Hohejm und Euch statt seiner heut zu Diensten, Herr!“ antwortete er mit einem Seitenblick auf Narael, die neben Ardun an die Theke getreten war.

      Er hatte die Ordenstracht erkannt und nun, da er vermutete, dass dieser junge Hitzkopf, der mit Daumen und Zeigefinger sein Schürzenhalsband festhielt, der Begleiter der Ordensschwester war, befand er sich in einer Zwickmühle. Einerseits konnte er vor der Ordensschwester einfach nicht lügen, auch wenn er sich in Gedanken einen abergläubischen Einfaltspinsel schimpfte. Andererseits durfte er kein Wort darüber verlieren, wo Henz nun sein mochte.

      „Bitte Herr, fragt nicht mehr!“ flüsterte er mit flehendem Gesichtsausdruck. Immer wieder zuckte sein Blick durch den Schankraum und es kam Ardun so vor, als ob Kuhn besonders oft zu dem schlafenden Fremden, dessen Gesicht allerdings unter einem großen, seltsamen Hut verborgen war, herüber schaute.

      „Bitte Herr, was kann ich für euch tun?“

      „Nun, zuerst einmal eine Kammer mit Vorraum für die Nacht!“ antwortete Ardun und ließ das Schürzenband los. „Ein Abendessen wäre ebenso wünschenswert! Und eine Frage muss ich stellen: Ich suche einen Freund, Jengar ist sein Name! Seid ihr ihm begegnet?“

      „Nein Herr, leider nicht! Vielleicht kennen die jungen Burschen aus dem Dorf euren Freund? Es