Dämon III. Alfred Broi

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Название Dämon III
Автор произведения Alfred Broi
Жанр Языкознание
Серия Dämon
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742795526



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der Dämon sein Maul weit auf, sein Kopf zuckte zurück, gleichsam wie die Pranke in Howards Rücken, dann brüllte er irrsinnig laut auf und im selben Moment durchstieß die Pranke wuchtig die Haut in seinem Rücken und rasiermesserscharfe Krallen drangen in sein Fleisch ein, umschlossen schließlich seine Wirbelsäule, nur um sie einen Wimperschlag später ruckartig aus seinem Körper zu reißen.

      Howards Innerstes explodierte dabei in einem furchtbaren Stakkato aus Angst, Schmerz, Wahnsinn und Tod.

      In der Realität riss ihn die Hölle seines Alptraums ruckartig aus dem Schlaf und er schrie so laut, dass sogar Personen auf dem Gang darauf aufmerksam wurden, für einen Moment verdutzt, aber auch erwartungsvoll auf die geschlossene Tür seines Zimmers starrten, nur um sich dann leise murmelnd oder einfach nur stumm wieder abzuwenden.

      In seinem durch eine schmutzige Deckenlampe kaum mehr als mäßig beleuchteten Zimmer saß Howard schweratmend und schweißüberströmt auf seinem Bett und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf ein unbestimmtes Ziel vor seinem inneren Auge. Immer wieder entfuhr ihm dabei gequältes Stöhnen und jammerndes Schluchzen, während er versuchte, Herzschlag und Puls wieder auf ein Normalmaß zu drosseln. Das schien ihm nach einigen Sekunden auch zu gelingen, denn er atmete etwas ruhiger und sein Blick wurde deutlich klarer, doch dann stöhnte er fast brüllend auf, warf sich zur Seite und erbrach seinen gesamten Mageninhalt wuchtig auf den schäbigen Fliesenboden des Hotelzimmers.

      Hiernach brauchte er einige weitere Minuten, um wieder soweit klar zu werden, dass er sich auf die Bettkante setzen konnte. Dabei musste er allerdings seine Ellbogen auf die Oberschenkel stützen und seinen Kopf in die Hände legen. Mit geschlossenen Augen versuchte er, sich weiter zu beruhigen. Dieses Mal gelang ihm das auch, zumindest bis zu dem Moment, da er erneut diverse Bilder seines Alptraums vor sich aufblitzen sah und dabei fast ausschließlich die kleine, winzige Kugel, die eine so immense Leuchtkraft besessen hatte.

      Er öffnete seine Augen wieder und wandte seinen Kopf mit einem tiefen Stöhnen zur anderen Zimmerseite um, wo ein kleiner, wackeliger Tisch stand, auf dem sich seine lederne Umhängetasche befand. Sie beinhaltete alles, was er in über neunzehn Jahren über den Dämon und den Fluch, der ihn gebannt hatte, in Erfahrung bringen konnte. Außerdem gab es haufenweise Zeichnungen, Fotos und Berichte, die seine Jagd nach der Ausgeburt der Hölle lückenlos dokumentierten.

      Howard wusste, dass sich unter all diesen Unterlagen auch eine Zeichnung befand, die er von dem magischen Gefängnis des Dämons aus seinen Erinnerungen aus den unzähligen Alpträumen gemacht hatte. Er erhob sich, trat an den Tisch, durchwühlte kurz die Papiere und fand schließlich, was er suchte: Eine Bleistiftzeichnung im DIN-A 4 Format, die das Gefängnis der Höllenkreatur mit den beiden Pyramiden, der Lichtscheibe und dem Sarkophag zeigte. Howard betrachtete sie eine ganze Weile, doch vermochte die Zeichnung nicht wie erhofft ein in seinem Unterbewusstsein verborgenes Bild der winzigen Kugel im Zentrum der Lichtscheibe hervorzubringen.

      Im ersten Moment war er daher sicher, dass er sich all dies nur eingebildet hatte, doch schon einen Augenblick später hatte er erneut Zweifel daran. Warum sollte er sich in seinem Alptraum etwas einbilden, was vollkommen belanglos war und keinerlei Sinn und Zweck zu haben schien? Ob mit oder ohne diese Kugel, das Grauen nahm immer wieder den gleichen furchtbaren Verlauf. Warum dann aber dieser neue Blickwinkel?

      Howard wusste es nicht, doch plötzlich schoss ihm etwas anderes durch den Kopf: Die Pyramiden! Sie waren es, die den Dämon in seinem Gefängnis bannten. Erst nachdem der Indio ihre Konstellation geändert hatte, konnte der Dämon ausbrechen. Bisher war er immer davon ausgegangen, dass sie durch die nachfolgende Explosion zerstört worden waren. Was aber, wenn nicht? Was, wenn sie noch immer dort in dieser Kammer zu finden waren? Mit ihnen wäre dann doch vielleicht…

      Howard zwang sich förmlich, diesen Gedankengang sofort zu beenden, doch schon im nächsten Augenblick wusste er mehr denn je, was er zu tun hatte.

      Wenige Minuten später hatte er das Hotel ungesehen durch den Hinterausgang verlassen und war auf Direktkurs nach Machu Picchu!

      *

      Howard musste all seine Kraft aufbringen, um den Weg durch den unterirdischen Komplex zu meistern, doch konnte er nicht verhindern, dass er unglaublich nervös war. Je näher er der Kammer kam, desto mehr begannen seine Hände zu zittern und seine Knie wurden gummiweich. Das flaue Gefühl im Magen wurde immer stärker und trieb ihm bittere Magensäure in die Speiseröhre. Er bekam Kopfschmerzen und ihm wurde leicht übel. Dennoch zwang er sich, weiter zu gehen, auch wenn sein Herz wie wahnsinnig in seinem Brustkorb hämmerte.

      Dann hatte er die Höhle erreicht, an deren Ende ein kurzer schmaler Gang in die Kammer führte, die einst das Gefängnis des Dämons war. Auch hier hatte die Explosion für schwere Schäden gesorgt, doch konnte Howard auf dem Boden verstreut menschliche Knochen erkennen. Als ihm bewusst wurde, dass sie auch zu Matsumoto gehören mochten, kroch eine eiskalte Gänsehaut seinen Rücken hinauf.

      Trotzdem ging er weiter, denn nichts, was er je tun könnte, würde den Tod seines geliebten Freundes ungeschehen machen, achtete jedoch darauf, wo er hintrat. Er durchquerte den Raum und den anschließenden Gang, wobei er immer langsamer wurde und auf jedes noch so kleine Geräusch lauschte. Einen Schritt bevor er die Kammer betreten konnte, stoppte er ab. Schweiß rann ihm über die Stirn, sein Herz pochte noch immer wie wild. Das Rauschen in seinen Ohren wurde lauter. Seine Augen waren weit geöffnet und zuckten nervös hin und her. So verharrte er stocksteif.

      Der Gang führte in einer Ecke in die Kammer, von seinem Standpunkt aus, konnte er nicht mehr erkennen, als ein fahles Zwielicht und einige Felsentrümmer, der ehemalige Standort der Pyramiden blieb ihm noch verborgen.

      Howard zögerte noch immer. Fast schien es so, als würde er einen Grund suchen, um die nächsten Schritte nicht machen zu müssen. Doch dann konnte er sich überwinden.

      Obwohl in der Kammer nichts war, worüber man erschrecken konnte, tat er doch genau das und stand erneut einen Moment wie erstarrt, bevor ihm die Realität klar wurde.

      Die Kammer war nahezu vollständig zerstört. Die Rückwand war förmlich herausgerissen worden und gab den Blick auf eine weitere, jedoch leere Höhle frei. Auch die Decke war weggesprengt worden, doch gab es dort nichts außer tiefer Dunkelheit. Der Boden jedoch war nicht etwa übersät mit Trümmerteilen, die die gewaltige Explosion erzeugt hatte, sondern mit einer zentimeterdicken Staubschicht. Sie wirkte vollkommen glatt, wie die Wasseroberfläche eines Sees bei völliger Windstille.

      Howard stutze für einen Augenblick, dann wurde ihm klar, dass der Grund, warum hier keine Trümmer zu finden waren, der war, dass die Explosion derart gewaltig gewesen war, dass sie alles zu Staub zerfetzt hatte. Und damit natürlich auch die beiden Pyramiden. Howard befiel eine traurige Stimmung.

      Plötzlich aber stutzte er. Waren da nicht Fußspuren zu sehen? Dort hinten an der gegenüberliegenden Wand?

      Er drehte den Lichtkegel seiner Taschenlampe in diese Richtung und wusste augenblicklich, dass er Recht hatte. Ja, dort waren tatsächlich Fußabdrücke zu sehen. Sie verliefen etwa drei Meter in die Mitte des hinteren Drittels der Kammer, dort schienen sie mehrfach so ziemlich auf der Stelle getreten zu sein, bevor sie wieder in die andere Richtung verschwanden.

      Howard überlegte. Wer mochte das wohl gewesen sein? Francesco? Sein Herzschlag nahm erneut zu. Hatte er die gleiche Idee gehabt? Oder waren es einfach nur Fremde gewesen, die diesen Ort mehr zufällig gefunden hatten? Oder…?

      Howard erschrak ein weiteres Mal und er wünschte sich sofort, dass ihm dieser Gedanke nicht gekommen wäre. Doch ließ er sich natürlich nicht verdrängen und er wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, es festzustellen. Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen, hielt sich dabei dicht an der Felswand und machte erst im letzten Moment den Schlenker in die Mitte. Ihm war es, als würde er hier erneut unberührtes Terrain betreten und er war sich nicht sicher, ob es vielleicht besser unberührt bleiben sollte. Beim letzten Mal zogen ihre Handlungen schließlich nicht weniger als eine Katastrophe nach sich.

      Dennoch ging Howard weiter. Als er die Fußspuren erreicht hatte, blieb er unschlüssig stehen. Sie waren nicht klar genug, um von ihnen