Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe. T.D. Amrein

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Название Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe
Автор произведения T.D. Amrein
Жанр Языкознание
Серия Krügers Fälle
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738044652



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schritten sie durch das Gebäude, hinunter in die Gerichtsmedizin. Es ist wirklich im Keller, fiel Merz auf, so wie man es im Film immer sieht. Jetzt fehlt nur noch ein abgebrühter Sezierer mit einem Sandwich in der Hand.

      Aber als sie den gefliesten Raum betraten, kam ein älterer freundlicher Herr auf sie zu, der sofort Merz die Hand reichte. „Herzliches Beileid“, sagte er in salbungsvollem Ton.

      Der Kommissar wies ihn an: „Zeigen Sie uns bitte den Herrn Hauser!“

      „Selbstverständlich Herr Kommissar, sofort Herr Kommissar“, buckelte der Angestellte. Er begab sich zu einer großen Schublade, in einer langen, mehrstöckigen Reihe lag. Er öffnete sie vorsichtig und trat dann respektvoll zur Seite. „Bitte, meine Herren“.

      Der Kommissar legte das weiße Tuch soweit zurück, dass das Gesicht des Toten zu sehen war.

      Merz räusperte sich. „Ja, das ist der Alte Fritz, ich meine Herr Hauser.“

      Der alte Fritz sah wirklich ganz friedlich aus. Fast wie sein Großvater, dachte Merz.

      „Dann können wir noch ein Protokoll schreiben“, sagte der Kommissar. „Dazu gehen wir wieder in mein Büro.“

      Auf dem Rückweg fragte Merz, „was passiert denn nun mit dem Toten?“

      „Er wird in seine Heimat überführt, die schweizerische Botschaft ist bereits informiert. In solchen Fällen ist das üblich“, antwortete der Kommissar.

      In seinem Büro angekommen, rief Reuter einen Assistenten, um das angesprochene Protokoll aufzunehmen.

      Merz selbst musste ein langes Formular ausfüllen, mit Angaben zu seiner Person.

      Als der Kommissar das Papier durchlas, stutzte er. „Ihr Vater ist in Frankfurt geboren?“

      „Ja“, antwortete Merz. „Aber ich weiß sonst fast nichts von ihm, meine Eltern sind beide früh verstorben. In dieser Sache sollte Fritz für mich etwas herausfinden.“

      „Das tut mir leid“, sagte der Kommissar. „Sie haben mit unserer Stadt wirklich kein Glück. Wollen Sie es jetzt vielleicht selber versuchen?“

      Merz zuckte zusammen. Eigentlich wollte er das geheim halten. Aber er musste erkennen, dass diese Ermittler über einen Instinkt verfügten, wenn er etwas nicht offen sagen wollte. Er erinnerte sich sofort an den Alten Fritz, als er ihm die Kopie des Fotos gegeben hatte.

      Ich muss vorsichtiger werden, dachte er, sonst werde ich nie jemand täuschen können.

      „Ich weiß es nicht, Herr Kommissar“, antwortete er zögerlich. „Aber ich könnte es versuchen.“

      Es war schon später Nachmittag, als Merz das Polizeipräsidium verließ. Er hatte sich von Kommissar Reuter verabschiedet, der ihm seine Karte gegeben hatte, falls noch Fragen auftauchen sollten.

      Merz war sich nicht sicher, was Reuter damit gemeint hatte. Spürte der, dass Merz einiges verschwiegen hatte? Gedankenlesen können sie auch nicht, dachte Merz trotzig. Er winkte sich ein Taxi herbei und ließ sich zur Pension Erika fahren.

      2. Kapitel

      Mit seinem Koffer in der Hand betrat Merz die kleine Pension. Alles wirkte irgendwie altbacken, dass es so etwas in dieser modernen Metropole überhaupt noch gibt, dachte er. Die Klingel stammte sicher noch aus der Vorkriegszeit. Er drückte trotzdem darauf, und sofort erschien eine Dame von etwa sechzig Jahren. „Sie wünschen bitte?“, fragte sie mit einer sehr angenehmen Stimme.

      „Haben Sie ein freies Zimmer?“, fragte Merz.

      „Es tut mir leid, wir sind voll belegt. Wie lange wollten sie den bleiben?“

      „Etwa zehn Tage“, entgegnete Merz enttäuscht.

      „Moment, vielleicht kann ich was machen. Ich muss nur jemanden anrufen.“ Sie wählte, dann sagte sie, „kann ich bitte mit Kommissar Reuter sprechen?“

      Merz zuckte wieder zusammen, als er den Namen hörte. Den werde ich nicht mehr los, dachte er.

      „Guten Tag, Herr Kommissar. Ich wollte Sie fragen, ob wir das Zimmer wieder vermieten können? Ich hätte einen Gast, der einige Zeit bleiben möchte. Sie haben nichts dagegen. Wie schön. Ich danke Ihnen. Auf Wiederhören.“

      Merz war sofort klar, jetzt wusste Kommissar Reuter, wo er wohnte.

      Die Dame lächelte ihn freundlich an. „Wir haben ein Zimmer, aber wir müssen es noch herrichten. Sie können in einer Stunde einziehen, wenn Ihnen das recht ist?“

      „Ja“, antwortete Merz. „Ich gehe, inzwischen was trinken.“

      Im Nebenhaus hatte er eine Kaffeestube gesehen. Merz bestellte sich ein Kännchen Kaffee und nutzte die Zeit, um über den Tag nachzudenken.

      Er konnte ganz offiziell nach seiner eigenen Familie suchen, dachte er. So gerate ich nicht sofort in Gefahr, jemandem auf die Füße zu treten. Einen viel besseren Grund um nach Frankfurt zu kommen gibt es gar nicht. Wenn ich dabei zufällig noch etwas über Freunde von Opa erfahre, umso besser.

      Die Stunde ging schnell vorbei. Merz betrat erneut die Pension, wo die nette Dame bereits auf ihn wartete.

      „Die Anmeldung können Sie später ausfüllen, ich werde Ihnen zuerst das Zimmer zeigen“, erklärte sie ihm, bevor sie in den zweiten Stock stiegen.

      Merz entdeckte an der Tür Reste von Klebstoff. Vermutlich war der Raum versiegelt gewesen. Es muss das Zimmer sein, dachte er.

      Die Dame vom Empfang schloss die Türe auf und sah ihn fragend an.

      Merz nickte. „Ich nehme es“, sagte er gleich.

      Erst als sie gegangen war, sah er sich alles genau an. Das Mobiliar bestand aus einem altmodischen Bett, einem ebensolchen Waschtisch aus hellem Marmor, einem Schrank und einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen.

      Wo würde ich hier etwas verstecken, überlegte er sich. Ohne eigentlich zu wollen, stieg er auf einen der Stühle, um oben auf den Schrank zu sehen.

      Und wirklich, da lag ein kleines schwarzes Buch. Das Notizbuch von Fritz, er hatte es früher schon ein paar Mal gesehen. Merz drückte seinen Fund an die Brust. Manchmal bin ich richtig gut, dachte er stolz.

      Sofort begann er nach der letzten Eintragung zu suchen. Fritz hatte seine Ermittlung genau dokumentiert, allerdings war es schwierig, die Handschrift zu entziffern. 31.05.1975 fiel noch leicht. Aber weiter. Wohne bei Erika, wie letztes Mal. Merz musste sich langsam in den Text einarbeiten. Bahnhofkneipe, alter Mann erinnert sich an einen Konrad und Willhelm…

      Den gekritzelten Nachnamen konnte er beim besten Willen nicht entziffern. Vielleicht Hornbach oder Kornbach.

      Merz dachte angestrengt nach. Fritz hatte ihm von einer alten Liebe erzählt und jetzt wohnte er „wieder“ bei Erika. Wusste die Dame vom Empfang etwas darüber. Er entschloss sich, vorsichtig bei guter Gelegenheit danach zu fragen. Zudem war Fritz in der Nacht, als er überfahren wurde, bis um drei Uhr unterwegs gewesen. Allein oder nicht? Hatte er noch etwas herausgefunden, was er nicht mehr aufschreiben konnte?

      Merz entschloss sich, in einem Restaurant beim Bahnhof zum Abendessen zu gehen. Natürlich befinden sich viele Restaurants in der Nähe zum Bahnhof, aber wenn ich alle abklappere, finde ich sicher ab und zu einen Stammtisch von Bahnangestellten, dachte er sich. Im Hinausgehen füllte er noch die Anmeldung aus, und von einer Telefonzelle rief er seine Frau an. Sie fragte, wo er wohne und was er mache, aber er erzählte ihr natürlich nichts von seinen Erlebnissen, nur wo er wohnte, und dass er kein Telefon im Zimmer hatte, was ihm eigentlich ganz recht war.

      Der Abend verlief nicht nach seinem Wunsch, es war schwierig, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen.

      Merz musste schnell einsehen, dass ihm die Erfahrung des Alten Fritz fehlte. Wie hatte er das nur gemacht?

      Vielleicht musste