Название | Verfluchtes Erbe Gesamtausgabe |
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Автор произведения | T.D. Amrein |
Жанр | Языкознание |
Серия | Krügers Fälle |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738044652 |
„Möchten Sie noch etwas hinzufügen?“, fragte der Dolmetscher.
„Nein!“, wehrte Merz ab. „Das ist alles, was ich weiß.“
Er bekam einen Stift gereicht, womit er das Papier unterzeichnete.
Der Polizist richtete noch ein paar freundliche Worte an ihn. Er müsse das Hotel nicht bezahlen und wenn er noch einen Tag bleiben wolle, sei das in Ordnung.
Merz überlegte kurz. Wie sollte es weitergehen? Lust um weiterzusuchen verspürte er keine mehr. Andererseits, an diesem Ort zu bleiben, auch nicht. „Kann ich es mir noch ein wenig überlegen?“, fragte er.
„Selbstverständlich“, erhielt er als Antwort. „Sie müssen sich zuerst erholen. Lassen Sie sich nur Zeit.“
Merz schlurfte zurück in sein Hotel. Auf den Weg sah er am Hotelanleger nach seinem Boot. Jemand hatte es gebracht, wie versprochen und seine Sachen lagen noch drin. Merz genehmigte sich noch etwas zu trinken. Wie üblich, wenn er nachdenken wollte, saß er am liebsten allein an einem Tisch. Nur mit einem Glas oder einer Tasse vor sich.
Er musste seine Sachen aus der Hütte abholen. Auf keinen Fall würde er noch einmal dort eine Nacht verbringen. Schon der Gedanke daran ließ ihn frieren.
Dann bald nach Hause. Aber in diesem Zustand mochte er seiner Frau nicht begegnen.
Außerdem hatte er ihr gesagt, dass er mindestens zwei Wochen wegbleiben wolle.
Schließlich entschloss er sich: Zurück in die Hütte, danach fahre ich ein Stück mit dem Boot und suche mir ein Hotel.
Nach ein paar Tagen habe ich mich gefasst. Dann fliege ich nach Hause.
Er verabschiedete sich an der Rezeption. Dem Personal, an Touristen gewöhnt, konnte er mit etwas Englisch und Deutsch klarmachen, dass er abreisen wollte.
Langsam tuckerte er über den Fjord. Das Wasser lag spiegelglatt da, das Boot glitt sanft wie ein Schlitten über den Fjord. Er brauchte deshalb fast zwei Stunden für die Überfahrt. Aber egal. Die frische Luft fühlte sich gut an und das sanfte Gleiten gefiel ihm.
Als er am Steg landete, überkam ihn plötzlich ein unbestimmtes Grauen. Er spürte eine Gefahr, die sich eiskalt in ihm ausbreitete. Hier gab es doch Bären. Möglicherweise wartete in der Hütte einer auf ihn.
Er versuchte, sich zu erinnern, ob die Tür von selbst zufiel, wenn man durchging? Möglich. „Dass ein Bär die Tür hinter sich zuzieht, ist kaum zu erwarten“, schalt er sich selbst.
Merz konnte den Gedanken trotzdem nicht verscheuchen. Zitternd schob er die Tür auf. Spähte vorsichtig in den dunklen Raum. Aber alles stand noch genauso da, wie er es verlassen hatte.
Er ärgerte sich über sich selbst. „Siehst du jetzt überall Gespenster?“, sagte er zu sich.
Kein Zweifel, dass ihn das Erlebte noch einige Zeit verfolgen würde.
So rasch wie möglich packte er seine Sachen zusammen und legte alles ins Boot. Der Bär konnte ja auch irgendwo in der Nähe lauern. Vielleicht hatte er Erfahrung, wusste, dass die Menschen gefährlich sein können. Merz steigerte sich immer mehr in die Angst hinein. Der Bär würde ihn einfach anfressen ohne darauf zu achten, ob er bereits tot war oder nicht.
Merz hatte es mit der Überfahrt nicht eilig gehabt. Aber jetzt wollte er weg. Erst auf dem Wasser beruhigte er sich wieder. Im Boot fühlte er sich sicherer.
Langsam fuhr er der Küste entlang, bis er den nächsten Ort erreichte. Direkt am Wasser lag ein kleines Hotel. Mit Anlegestelle.
Er steuerte an den Steg und vertäute sein Boot an einem freien Platz.
Ohne Gepäck betrat er das Haus, um erst nach einem Zimmer zu fragen. Die junge Frau am Empfang sprach gutes Deutsch. Er brauchte sich nicht mit seinem kargen Englisch abzumühen.
„Ja“, antwortete sie freundlich auf seine Frage. „Wir haben Platz. Wie lange möchten Sie bleiben?“
Merz wusste es selbst nicht. „Nur ein paar Tage. Ich kann es noch nicht genau sagen.“
Sie zeigte ihm ein schön eingerichtetes Zimmer. Merz gefiel es auf Anhieb.
Nach seinem Aufenthalt in der Hütte war das kein Wunder. Aber am wichtigsten blieb für ihn im Moment: Ich bin nicht allein.
Er schleppte seine Sachen aufs Zimmer. Duschte lange und legte sich anschließend für ein paar Minuten hin.
An diesem Tag hatte er noch nichts gegessen. Inzwischen verspürte er doch Hunger, also suchte er das Restaurant auf. Er lauschte aufmerksam, ob sich jemand von den Anwesenden auf Deutsch unterhielt. Vergeblich.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in sein Zimmer zurückzuziehen. Er versuchte zu schlafen, aber er konnte den Film in seinem Kopf nicht anhalten.
Lange würde er das nicht durchhalten. Er brauchte jemanden zum Reden. Kaum war er doch endlich eingeschlafen, folgte das Unvermeidliche. Er träumte, wie er ins Wasser griff. Und dieses Mal starrte ihn ein entstelltes Gesicht an.
Merz schreckte hoch. Er brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass er in einem Bett lag.
Das wird mich immer verfolgen, dachte er verzweifelt. Am besten wäre, gar nicht mehr zu schlafen. Er stand auf und schlich ans Fenster. Es war inzwischen still und dunkel geworden. Keine Lichter mehr im Ort. Merz sah in den Himmel: Ein Sternenmeer, wie er es noch nie gesehen hatte.
Einige Zeit betrachtete er fasziniert den Himmel. Jetzt verstand er, weshalb man es, die Milchstraße nennt.
Wie klein man sich vorkommt. Und wenn ich das jetzt Cécile zeigen könnte, dachte er.
Er hatte normalerweise nicht so Sehnsucht nach seiner Frau. Er liebte es, auch Mal allein zu sein. Aber jetzt hätte er sie gern in den Arm genommen.
Den Rest der Nacht verbrachte er zwischen Bett und Fenster. Wieder einzuschlafen, fürchtete er sich. Endlich wurde es hell. Merz machte einen kleinen Spaziergang. Die Frische des Morgens fühlte sich gut an.
Als er das Hotel wieder erreichte, saß die junge Dame vom Empfang im Frühstücksraum und blätterte in einer Zeitung.
Merz freute sich außerordentlich, jemanden zu treffen, mit dem er ein paar Worte wechseln konnte. Deshalb überwand er alle Hemmungen und sprach sie an.
„Guten Morgen, junge Frau. Schon an der Arbeit?“
Sie lachte. „Arbeit kann man das nicht nennen. Ich stehe immer früh auf.“
Merz fragte, ob er sich ein wenig zu ihr setzen dürfe. Sie hatte nichts dagegen.
„Kaffee“, fragte sie.
Merz nickte, „ja gern, wenn es nichts ausmacht.“
Sie verschwand in der Küche und kehrte bald wieder mit zwei vollen Tassen zurück. „Bitte. Mit Milch und Zucker.“
„Danke“, antwortete Merz knapp. Die ganze Zeit überlegte er sich, was er zu ihr sagen konnte, ohne aufdringlich zu wirken.
Sie nahm wieder die Zeitung zur Hand. Einen Moment hielt sie inne, „wollen Sie lesen?“
Merz lachte auf. „Ich kann mir ein wenig die Fotos anschauen, meinen Sie?“
„Entschuldigen Sie. Ich wollte Sie nicht kränken“, sagte sie kopfschüttelnd.
„Kein Problem“, gab Merz zurück. „Wo haben Sie eigentlich so gut Deutsch gelernt?“
„Meine Mutter stammt aus Deutschland. Zuhause sprechen wir deutsch, wenn Vater nicht da ist“, antwortete sie.
„Ach so“, sagte Merz. Er wollte das Gespräch gerne noch ein wenig fortsetzen. Aber er hatte Mühe, passende Worte für eine Unterhaltung mit einer jungen Frau zu finden.
Nach einer Weile sagte sie ein wenig