OMMYA - Freund und Feind. Dennis Blesinger

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Название OMMYA - Freund und Feind
Автор произведения Dennis Blesinger
Жанр Языкознание
Серия OMMYA
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738094695



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blickte die Blondine an und wartete darauf, dass er den Witz verstehen würde, den sie gerade offensichtlich gemacht hatte. Sahra warf ihm einen mitleidigen Blick zu.

      »Es wird noch besser«, meinte sie. »Wieder eingeschaltet wurde der Alarm zehn Minuten, nachdem wer auch immer durch das Tor gekommen ist. Der dafür ver­wendete Code«, sie zeigte auf den zweiten Punkt der Liste, »ist meiner.«

      Jetzt war es selbst an René, überrascht zu gucken. Er hatte mit vielem gerechnet, damit jedoch nicht. Sahras Gesichtsausdruck ließ ihn jedoch innehalten. Wie um seine Gedanken zu bestätigen, fuhr sie fort.

      »Um die Haupteingangstür zu öffnen und den Fahrstuhl zu bedienen, wurde eine ID-Karte benutzt. Deine.« Sie blickte René an, der sie mit offenem Mund anstarr­te.

      »Das kann nicht sein«, meinte er schließlich. »Ich war nicht hier und meine Karte hatte ich bei mir.« Er blickte Jochen und Sophia an. »Ich habe sogar ein Alibi. Ich war mit Rebecca zusammen.«

      Mehrere Köpfe drehten sich überrascht zu ihm um.

      »Wir waren im Kino! Werdet erwachsen.«

      »Nein.« Sahra schüttelte den Kopf. »Nicht deine jetzige Karte. Deine alte.«

      Renés Gesicht zeigte deutlich, dass diese Information noch viel weniger Sinn ergab als die vorherigen. Er blickte sich hilfesuchend um, sah jedoch die selbe Verwirrung auf Jochens und Sophias Gesichtern. »Die ist inak­tiv«, meinte er. »Die ist vor Wochen deaktiviert worden. Ansonsten hätte ich keine neue erhalten. Man kann kei­ne zwei aktiven Karten haben.«

      »Das habe ich auch gedacht.« Sahra zeigte auf den letzten Punkt der Liste. »Die Deaktivierung deiner alten Karte wurde aufgehoben, und zwar vorgestern. Laut System hat Christopher das veranlasst.«

      »Kann ich jetzt mein Telefon wieder haben?«

      René nahm das Gerät und warf es der Ärztin zu. Dann öffnete er eine Schublade seines Schreibtisches und holte eine Flasche heraus, in der sich eine goldene Flüssigkeit befand. Niemand im Raum gab vor zu glauben, dass sich Whiskey oder eine andere Form von Alko­hol darin befand, der auf der Erde hergestellt wurde. Er blickte sich um, und nach dem einhelligen Nicken aller Anwesenden förderte er fünf kleine Gläser ans Tageslicht.

      5

      »Was ich immer noch nicht verstehe, ist der Grund. Was wollen die hier?«

      Mehr als eine Stunde lang hatte sich die kleine Gruppe die Köpfe heiß geredet, ohne auch nur einen Schritt weiter gekommen zu sein. Als Christopher und Hansen erschienen waren, hatten sie den Entschluss gefasst, in die Zentrale umzuziehen, da es ungemütlich eng in dem kleinen Büro wurde. Auf diese Weise konnten sie Kriegsrat halten und gleichzeitig die Meldungen im Auge behalten, die wieder auf dem zentralen Monitor erschienen. Alle Systeme waren erfreulicherweise nur vorübergehend deaktiviert gewesen, keinerlei Daten waren gelöscht und nichts dauerhaft in Mitleidenschaft gezogen worden. Sophia war nach einer Weile zurück auf die Krankenstation gegangen, um nach ihren Patien­ten zu sehen.

      Die Verriegelung der Zentrale war nach wie vor aktiv und es war nicht abzusehen, dass sich dieser Umstand bald ändern würde. Sie traten auf der Stelle, was das 'Wer' betraf. Allen war klar, dass es sich bei der ganzen Sache um einen Insiderjob handelte. Gleichzeitig schieden jedoch alle Hauptverdächtigen aus, die die Beweislage hervorbrachte. Weder Sahra noch Jochen hatten den Code, der im System registriert war, innerhalb der letzten Wochen verwendet. Darüber hinaus hatten alle Anwesenden ein Alibi. Streng genommen gaben sich im Falle von Honk und Sophia zwei Verdächtige gegenseitig ein Alibi, jedoch waren sich alle Anwesenden einig, dass die Ärztin noch nicht lange genug bei OMMYA war, um Gelegenheit gehabt zu haben, die verschiedenen Infor­mationen zusammenzutragen. Bei Honk auf der ande­ren Seite waren mehr als ein Dutzend Personen bereit, ihre Hand für ihn ins Feuer zu legen. Auch wenn sein Job zu neunzig Prozent aus bewegungslosem Herumge­stehe bestand, so hatte der Wachmann in der Vergan­genheit mehrfach dem einen oder anderen Mitarbeiter das Leben gerettet, als einige der Artefakte unvorhersehbare Aktivitäten entwickelt hatten, oder sich einige der Kreaturen, die in den Katakomben lebten, als feind­selig herausgestellt hatten.

      Sophias Aussage nach hatte Christopher mehr Glück als Verstand, noch am Leben zu sein. Die Wunde an seinem Kopf war weder besonders tief noch groß, was aber hauptsächlich daran lag, dass die Waffe abgerutscht war. Wäre der Treffer wenige Zentimeter weiter links erfolgt, so hätten sie immer noch damit zu tun ge­habt, Christophers Hirn vom Boden aufzusammeln. Nichts, aber auch gar nichts deutete auf einen Verdäch­tigen hin, was die Gruppe zunehmend missgelaunter werden ließ.

      »Keine Ahnung.« René musterte abwesend die Meldungen, die jedoch nichts preisgaben, das bei einem von ihnen die Alarmglocken hätte klingeln lassen.

      »Aber was es auch ist, wir haben nicht viel Zeit.«

      »Wie kommst du darauf? Vielleicht wollen die hier ja auch sesshaft werden.« Christopher lächelte müde. Wie alle anderen hatte er nicht die leiseste Ahnung, was gerade passierte. Die Möglichkeit war so gut wie jede an­dere. René schüttelte langsam den Kopf.

      »Nein«, meinte er. »Das hat was mit dem Datum zu tun. Ich weiß es.« Bevor einer der anderen eine entsprechende Frage stellen konnte, fuhr er fort. »Das ist über Monate hinweg geplant worden. Erst die Codes, dann meine Karte.« Erneut schüttelte er langsam seinen Kopf. »Da steckt ein Plan hinter.«

      Sahra, die sich zwischenzeitlich davon gemacht hatte, erschien und setzte sich zu der Gruppe. Bevor sie ein Wort sagte, wusste René, dass die Botschaft, die sie mit sich trug, negativer Natur sein würde.

      »Ich habe die Kameras in der Gegend angezapft«, erklärte sie. »Das erste und letzte Mal, dass man die Gruppe gesehen hat, war auf dem Parkplatz vor dem Gebäude. Und selbst da nur undeutlich wegen des Kamerawinkels. Danach … « Sie hob die Hände in die Höhe, um ihre Niederlage zu bekunden. »Es ist, als ob sie sich absichtlich in dunklen Gegenden aufhalten, wo man sie schlecht sehen kann. Mit jeder Minute, die vergangen ist, müssen wir mehr Kamerabilder anschauen, weil wir nicht wissen, welche Richtung sie einge­schlagen haben. Auf die Art und Weise finden wir sie nie.«

      »Nein«, meinte René und blickte Sahra an. »Mein Gott, sind wir blöd.« Er stand auf und setzte sich zielstrebig in Bewegung. Nach einer Sekunde folgten ihm Sahra und Jochen.

      »Wo gehen wir hin?«, erkundigte sich Jochen.

      »Ins Lager. Wie spät ist es?«

      »Äh, zwanzig nach fünf. Was machen wir im Lager?«

      »Rausfinden, wo unsere vermissten Flüchtlinge sind.«

      Jochen blickte Sahra an, die jedoch nur lächelnd mit den Augen rollte. Alle kannten Renés Vorgehensweise und eine der wichtigsten Eigenschaften dieser Vorgehensweise war Geduld. Nicht die von René, sondern die von allen anderen. Jedoch befand sich das Lager nur weniger als hundert Meter entfernt, entsprechend machte es keinen Sinn, ihren Vorgesetzten mit Fragen zu löchern, die sowieso bald beantwortet werden würden.

      Schweigend marschierte die Gruppe durch das Lager, René voran, bis sie nach etwa zweihundert Metern vor einem verhängten Gegenstand stehen blieb. Das Tuch war zentimeterdick mit Staub bedeckt und sah aus, als ob es seit einer Ewigkeit nicht mehr bewegt worden war. Vorsichtig zog René daran und hielt sich die Hand vor Mund und Nase, als trotz aller Vorsicht eine Staubwolke die nähere Umgebung verdunkelte. Als der Staub sich langsam legte, erklang ein Lachen.

      »Das ist jetzt nicht das, von dem ich denke, dass es das ist, oder?«

      René blickte Sophia milde lächelnd an, die den übergroßen Standspiegel, der unter dem Tuch zum Vorschein gekommen war, fassungslos anglotzte.

      »Das ist genau das, was es ist«, entgegnete er. »Ich hatte ganz vergessen, dass der hier rumsteht. Wieso hat den noch keiner angefasst?« René blickte Jochen an. Die Staubschicht auf dem Tuch besagte deutlich, dass während der letzten Monate niemand auch nur in die Nähe des Spiegels gekommen war.

      »Keine Ahnung«, gab Jochen zu. »Vielleicht steht